Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem französischen Präsidenten Macron am 10. Dezember 2021 in Paris

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P Macron: Guten Tag, meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, lieber Olaf, vielen Dank, dass du heute in Paris zu deinem ersten Auslandsbesuch bist. Ich wollte dir auch persönlich zu deiner Wahl am Mittwoch gratulieren.

In der Tat war nicht nur die Tatsache, dass wir uns schnell sehen können, wichtig; wir hatten bereits mehrfach Gelegenheit, uns auszutauschen. Aber ich denke, dass dieser Besuch zu einem wichtigen Zeitpunkt stattfindet, um solide Grundlagen für die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern zu schaffen, sowohl für das bilaterale Verhältnis selbst, das durch den Vertrag von Aachen noch einmal verstärkt worden ist, als auch dafür, die europäischen Themen, die großen internationalen Themen anzusprechen, zu denen wir uns auch eng absprechen und koordinieren wollen.

Wir haben auch all diese Themen kurz angesprochen und einen sehr reichhaltigen Austausch gehabt, natürlich auch über die Situation in der Ukraine und in Belarus. Wir haben sowohl die Bedeutung der deutsch-französischen Arbeit im Normandie-Format als auch die Rolle der Europäischen Union zur Unterstützung unserer östlichen Nachbarn einige Tage vor dem EU-Gipfel zur östlichen Partnerschaft bekräftigt.

Wir haben auch darüber gesprochen, wie wichtig der gemeinsame Schutz der Außengrenzen der Europäischen Union für uns ist. Wir haben auch das Verhältnis zwischen Afrika und Europa angesprochen, jetzt auch in Vorbereitung des Gipfels zwischen der EU und der Afrikanischen Union, sowie unser Verhältnis zu China und die Wichtigkeit des Gleichgewichts zwischen der Verteidigung unserer Werte und der Forderung der Einhaltung der Menschenrechte. In den vergangenen vier Jahren habe ich ja mit Angela Merkel an all diesen Themen gearbeitet. Wir haben auch oft gemeinsam mit unseren Counterparts telefoniert. Ich denke, dass das sehr effizient war. Lieber Olaf, wir werden, denke ich, diese enge Zusammenarbeit gemeinsam fortsetzen.

Wir haben heute auch verschiedene gemeinsame Initiativen besprochen und einmal mehr unseren Willen bekräftigt, gemeinsam an diesen Themen und an einem gemeinsamen Rahmen weiterzuarbeiten. Diese Arbeit gründet sich auf unseren gemeinsamen Werten, auf unserem ganz eigenen Selbstverständnis, das wir als Europäer unseren internationalen Partnern bieten. Ich sage das mit umso mehr Überzeugung an diesem internationalen Menschenrechtstag. Denn diesen Kampf führen unsere beiden Länder Hand in Hand an ganz vielen Orten dieser Welt. Wir haben auch über unsere Zusammenarbeit in Europa gesprochen, zu einem Zeitpunkt, an dem wir zum einen den G7-Vorsitz und zum anderen den Vorsitz des Europäischen Rats innehaben.

Es geht also um eine gemeinsame Agenda, die sozialen Fragen, auch um die Klima- und die Digitalwende, die gemeinsame Antwort auf die Herausforderungen durch die Migration. Wir haben hier gesehen, dass wir wirklich den Willen haben, gemeinsam zu arbeiten. Dieser erste Austausch zeigt ganz klar, dass wir wirklich eine solide Konvergenz unserer Ansichten haben.

Es war mir eine große Freude, Olaf, dich heute hier in Paris zu diesem ersten Besuch außerhalb Deutschlands empfangen zu können, bevor du jetzt nach Brüssel weiterreist. Ich sehe eine große Konvergenz bei vielen Themen, den Willen, unsere beiden Länder gemeinsam an den Themen arbeiten zu lassen, und auch eine europäische Überzeugung, die ich bereits kannte, aber die, wie ich gesehen habe, von großer Entschlossenheit ist und die wir natürlich in Zukunft brauchen werden.

Vielen Dank für deinen heutigen Besuch, für diesen ersten Austausch und vor allem für die zukünftige gemeinsame Arbeit!

BK Scholz: (Wegen technischer Probleme fehlen die ersten Worte.) … wichtige Entscheidung, zu sagen, dass wir nach der Bildung der Regierung schnell die Kontakte zur französischen Regierung aufnehmen. Ich hatte schon früh angekündigt, dass ich gleich den Präsidenten hier in Paris besuchen werde. Das ist nun auch der Fall gewesen. Es war ein freundschaftliches Gespräch über all die Fragen, die uns miteinander bewegen. Es geht darum, wie wir Europa und europäische Souveränität in all den Dimensionen, die dazu gehören, stark machen können. Dabei geht es um ökonomische Fragen, um Sicherheitsfragen, um Fragen der Außenpolitik. Wichtig ist, dass wir dabei gleichgerichtet agieren, dass wir miteinander zusammenarbeiten. Deshalb war es nicht nur ein freundschaftlicher Besuch, sondern einer, der schon ganz konkret die Themenfelder angesprochen hat, um die es in der nächsten Zeit gehen wird.

Aus meiner Sicht gibt es jetzt auch gute Ansatzpunkte für das, was demnächst zu tun ist. Dazu gehören die G7-Präsidentschaft Deutschlands und die Ratspräsidentschaft Frankreichs. Die Herausforderung wird jetzt sein, dafür zu sorgen, dass wir in all diesen Bereichen große Fortschritte erreichen können. Ich bin sicher, dass das gelingen wird und dass das jetzt ein erster Besuch war, an den wir dann aber viele weitere Zusammenarbeiten anknüpfen lassen können. Die deutsch-französischen Beziehungen werden sich auf der Basis dieses Gesprächs und all derjenigen Dinge, die kommen, weiterhin gut entwickeln können.

Frage: Ich habe eine gleichlautende Frage an den Bundeskanzler und an den Präsidenten, die sich auf die Kriegsgefahr im Osten Europas bezieht: Sind Sie bereit, sich der Initiative von US-Präsident Biden anzuschließen und Gespräche mit dem russischen Präsidenten Putin zu führen, um zu einer Deeskalation an der Grenze zur Ukraine zu kommen? Welches Format könnten diese Gespräche haben? Welche Angebote können Sie Präsident Putin machen?

Eine Kleine Nachfrage, wenn ich darf, zur Politik gegenüber China: Herr Präsident, Sie haben ja schon angedeutet, dass sich Frankreich wahrscheinlich nicht einem diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele anschließen wird. Wäre es hier nicht besser gewesen, eine europäische Positionierung gemeinsam abzuwarten? Herr Bundeskanzler, sind Sie in dieser Frage immer noch unentschlossen oder halten Sie es für möglich, sich der Position des französischen Präsidenten anzuschließen und so einen Boykott auszuschließen?

BK Scholz: Die Situation an der ukrainischen Grenze sehen wir alle mit Sorge. Es ist ganz offensichtlich, dass da sehr viele Soldaten zu sehen sind. Deshalb ist es ganz richtig, dass das jetzt auch überall thematisiert wird.

Es ist gut, dass der amerikanische Präsident das Gespräch mit dem russischen Präsidenten in dieser Frage gesucht hat. Auch wir werden weiter unsere Aktivitäten entfalten, um sicherzustellen, dass die Ukraine eine gute Perspektive hat. Dazu gibt es bereits gute Grundlagen, die wieder aktiviert werden müssen und die eine Rolle für die Zukunft spielen sollen, zum Beispiel die Zusammenarbeit im Normandie-Format mit den Kriterien, die dort miteinander vereinbart sind.

Natürlich gibt es eine gemeinsame Klarheit darüber, dass die Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa zu den Prinzipien gehört, die alle in Europa für gemeinsame Sicherheit akzeptieren müssen. Es hat schon einmal geholfen, sich darüber klar zu werden, und das muss wieder erneut klar sein, damit alle wissen: Diese Regel geht für alle; es geht nicht nur um Macht, sondern es geht auch um Prinzipien, die für alle miteinander verbindlich sind. Selbstverständlich bedeutet das, dass wir in diese Richtung gemeinsam arbeiten und sich alle auf uns in dieser Frage verlassen können.

Was die Entwicklung der Olympischen Spiele betrifft, ist es in der Tat so, dass wir noch das Gespräch mit vielen anderen suchen, weil wir hier abgestimmt agieren wollen, und das ist auch gut so.

P Macron: Zur Ukraine bin ich voll und ganz einverstanden mit dem, was der Herr Bundeskanzler eben gesagt hat: Es ist nützlich, dass Präsident Biden diesen Austausch mit Präsident Putin haben konnte. Das hat auch zu einem Austausch im Quint-Format mit den europäischen Partnern vor und nach diesem Gespräch geführt. Unser gemeinsamer Wille ist es, diesen Dialog fortzusetzen, sowohl mit Präsident Selensky als auch mit Präsident Putin. Heute Morgen konnte ich mit Präsident Selensky auf dieser Grundlage sprechen, und nächste Woche werden wir uns am Mittwoch am Rande des EU-Gipfels der Östlichen Partnerschaft in Brüssel treffen und auch die Gelegenheit haben, hier neue Initiativen zu ergreifen. Das sogenannte Normandie-Format ist aber nach wie vor sehr wichtig und nützlich; denn hier geht es ja um das Arbeitsverfahren zwischen der Ukraine und Russland und die Mediation durch Deutschland und Frankreich. Auch dieses Format werden wir fortsetzen. Ich denke, all diese Initiativen ergänzen sich gegenseitig und zeigen den Willen zur Deeskalation, zur Stabilisierung der Region, aber auch unsere Entschlossenheit zum Schutz unserer gemeinsamen Grenzen und natürlich all unserer europäischen Partner.

Vielleicht können Sie hinsichtlich der Frage der Olympischen Spiele zu der Antwort zurückgehen, die ich gestern gegeben habe. Da habe ich gesagt: Wir wollen uns mit unseren europäischen Partnern koordinieren und absprechen, und in diesem Sinn wird die französische Außenpolitik daran arbeiten. Ich habe einfach nur alle eingeladen, die Dinge in die Perspektive zu rücken. Bislang hat noch niemand zu einem Boykott der Olympischen Spiele aufgerufen; es geht nur um einen etwaigen diplomatischen Boykott. Die Schmerzlichkeit dieses Boykotts wäre zu relativieren - das habe ich unter anderem gesagt.

Frage: Guten Tag, Herr Präsident, Herr Bundeskanzler! Ich habe eine Frage an Sie beide: Wie es die amerikanischen Nachrichtendienste Anfang 2020 gesagt haben, hat Russland eventuell vor, in die Ukraine einzufallen. Was würde Deutschland, was würde Frankreich tun?

Eine Frage an Herrn Scholz: Wären Sie bereit, die Maastricht-Kriterien zu revidieren?

Herr Präsident, fühlen Sie sich inspiriert von den deutschen Vorschlägen, was die Migration angeht, also die Befürwortung wirtschaftlicher, gesteuerter Migration?

P Macron: Zur ersten Frage: Ich glaube, unser vorrangiges Ziel ist es, jegliche unnütze Spannung zu vermeiden. Das betrifft zum Beispiel die Informationen, die dann eine selbsterfüllende Prophezeiung werden. Ich glaube an unser aller Willen - vor allem an den des Quint, der Europäer sowie der Amerikaner -, zu zeigen, dass wir sehr aufmerksam die Situation verfolgen, aber dass es hier keinerlei Eskalation geben darf. Vor allem geht es um die Stabilität und die Souveränität der Ukraine. Ich möchte hier jetzt aber keine politische Science-Fiction betreiben, die ihre eigene Dynamik entwickeln kann.

Was die Migration angeht: Darüber haben wir lange gesprochen. Wirtschaftliche Migration ist eine Realität in unseren beiden Ländern. In vielen Bereichen ist sie eine Tatsache, und die Schwierigkeit, vor der wir hierbei stehen, ist, dass die Migrationsflüsse in den letzten Jahren aufgrund von geopolitischen Destabilisierungsbewegungen oder sogar Kriegen oder auch aufgrund der Folgen von Klimawandel oder Ungleichheit stark zugenommen haben. Was wir tun müssen ist, diese notwendige Migration, die für unsere Volkswirtschaften schon immer notwendig war und die es immer gegeben hat, weiterhin, ich würde sagen, unseren Werten entspricht, wenn es um Asyl geht; denn Asyl ist ein grundlegender Wert Europas, bei dem es darum geht, diejenigen, die sich für Freiheit und Gerechtigkeit in ihren Ländern einsetzen, zu schützen. Das muss natürlich auch effizient gestaltet werden, um illegale Migration zu verhindern und vor allem die Schleppernetze zu unterbinden, die das alles organisieren. Das in Partnerschaft mit den Herkunfts- und Transitländern zu tun, wird im Zentrum unserer Gespräche mit den afrikanischen Ländern stehen.

Wir haben auch über einen besseren Schutz unserer gemeinsamen Außengrenzen gesprochen, denn wir haben ja diese hybriden Angriffe auf unsere Grenzen erlitten. Hier geht es auch um eine Neustrukturierung unseres Schengenraums und um die Steigerung der Effizienz der Wirksamkeit unserer Rückführungspolitik in die Herkunftsländer für diejenigen, die keinen Anspruch auf Asyl haben und die sich ohne legalen Aufenthaltstitel bei uns aufhalten. Das ist die Linie, die wir verfolgen. Ich glaube, sagen zu können - wir haben gerade darüber gesprochen -, dass wir einen sehr ähnlichen Ansatz haben, was dieses Thema angeht.

BK Scholz: Schönen Dank für die Frage. Zunächst einmal ist es so, dass es für uns alle ganz klar ist, dass es keine Alternative zu der Bemühung und der Mühe gibt, die mit Entspannung verbunden ist. Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa setzen auch heute immer noch voraus, dass die Grenzen unantastbar sind. Das ist das, was wir hinbekommen müssen. Gleichzeitig arbeiten wir mühselig daran, dass dort, wo Konflikte entstanden sind, deeskaliert und eine Zukunftsperspektive entwickelt werden kann.

Ich bin deshalb auch sehr froh, dass wir demnächst die Möglichkeiten haben werden, im Rahmen des Gipfels der Östlichen Partnerschaft die Fragen weiter zu vertiefen. Das gehört auch dazu. Unsere Haltung in allen diesen Punkten ist sehr klar.

Zuruf: Wenn ich noch einmal an meine Frage erinnern darf, was die Maastricht-Kriterien angeht!

Frage: Herr Präsident, könnten Sie nach Ihrer gestrigen Rede zu Europa präzisieren, wie Sie die Zukunft des Vertrags von Maastricht und die Stabilitätskriterien sehen? Sind diese obsolet?

Was die beschworenen Gemeinsamkeiten in der deutsch-französischen Zusammenarbeit angeht, gibt es ganz offensichtlich zwei Knackpunkte. Der eine ist die Frage der Zukunft des Stabilitätspakts. Sie haben im Koalitionsvertrag darauf hingewiesen, dass man nach der Coronakrise dahin zurückkehren müsse. Wie wollen Sie dabei mit Frankreich ins Benehmen kommen?

Der zweite Punkt ist die Atompolitik. Frankreich kämpft dafür, sie als grüne Politik anzuerkennen. Das würde für Sie in Deutschland schwer zu verkaufen sein. - Vielen Dank.

BK Scholz: Wir haben gerade gezeigt - ich glaube, daran sind wir beide ganz verantwortlich beteiligt gewesen -, was in Europa möglich ist, wenn wir zusammenarbeiten, übrigens im Rahmen der Kriterien des geltenden Stabilitäts- und Wachstumspakts. Wir haben in großem Umfang gemeinsam die Krise bekämpft. Der europäische Wiederaufbaufonds ist ein ganz ausdrückliches Zeichen für die Möglichkeiten, die sich damit verbinden. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir die Aufgaben, die vor uns stehen, auch gemeinschaftlich lösen können.

Es geht ja darum, dass wir das Wachstum, das wir mit dem Wiederaufbaufonds auf den Weg gebracht haben, auch weiterhin ermöglichen und aufrechterhalten, und dass wir gleichzeitig für solide Finanzen sorgen. Es ist möglich, beides gleichzeitig zu erreichen und kein Gegensatz. Das ist das, was uns, soweit ich das verstehe, auch eint. Insofern wird es uns gelingen, dabei zu gemeinsamen Konzepten zu kommen.

Wir haben uns jedenfalls dazu verpflichtet, dass wir die Flexibilität, die der Stabilitäts- und Wachstumspakt bietet, nutzen werden, um eine gemeinsame europäische Politik zu schaffen. Wir gehen davon aus, dass diese auch möglich ist.

Dann gab es, glaube ich, noch eine Frage zu dem Thema, wie Unternehmen bewertet werden sollen. Darf ich das einmal einfach so reinwerfen: Es gibt ja eine ganz aufgeregte Diskussion über das Thema Taxonomie. Eigentlich müsste jeder noch einmal eine halbe Stunde erklären, was das eigentlich ist. Es geht also um die Art und Weise der Bewertung von Unternehmen, um dann daraus Rückschlüsse für mögliche Strategien von Finanzinvestoren zu ziehen. Na ja! Wir sollten das Thema genau da einordnen, wo es hingehört.

Ansonsten ist es doch sehr klar, dass jedes Land seine eigene Perspektive verfolgt, wie es den menschengemachten Klimawandel aufhalten kann. Was uns sehr eint, ist, dass wir beide diese Verpflichtung sehen und dass wir dabei sehr ehrgeizig sind. Deutschland hat für sich eine Entscheidung getroffen: Wir setzen auf den Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir setzen auf den Ausbau von Windkraft auf hoher See und an Land, auf Solarenergie, auf ein stabiles Stromnetz sowie auf Strukturen, die es möglich machen, die notwendige Flexibilität zu schaffen, zeitweilig mit Gas und am Ende mit Wasserstoff. Das ist das große Ausbauprogramm, das wir festgelegt haben. Wir konzentrieren uns darauf, diese Aufgabe auch zu realisieren und auf diese Weise unseren Beitrag zu leisten.

P Macron: Was den Stabilitäts- und Wachstumspakt und dessen Zukunft angeht, müssen wir drei Ziele haben. Ich will noch einmal auf das zurückkommen, was ich gestern gesagt habe:

Erstens - der Bundeskanzler hat es eben gesagt -: Wachstum sichern und vor allem auf Vollbeschäftigung in Europa hinzuarbeiten, ist ein ganz wichtiges wirtschaftliches und soziales Ziel.

Zweitens. Innovationssektoren fördern, die es Europa ermöglichen werden, eine grünere, eine digitalere Wirtschaft zu haben, die auch Arbeitsplätze schafft und unsere Souveränität gewahren kann. Dafür bedarf es massiver Investitionen.

Drittens. Fortsetzung der Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten. Das ist vor allem für diejenigen Länder wichtig, die eine Währung teilen. Natürlich brauchen wir auch Haushaltsdisziplin.

Wir müssen uns die Instrumente und auch neue, flexiblere Regeln an die Hand geben, um gemeinsam diese drei Ziele zu erreichen. Das sind die Debatten, die wir in den nächsten Monaten führen werden. Während der Krise konnten wir zeigen, dass es eine ausreichende Flexibilität gab, um die Regeln aufzusetzen. Wir haben einen neuen Mechanismus geschaffen, eine gemeinsame Schuldenaufnahme, um bisher noch nie gekannte Investitionen aufzunehmen, nämlich die 750 Milliarden aus dem Recovery Fund. Ich glaube, wir brauchen die gleiche Fähigkeit für Innovationen, für angepasste Lösungen zur Begleitung der nächsten Phase.

Es gilt nicht, schon jetzt Entscheidungen über Instrumente zu treffen. Wir befinden uns in einem neuen Umfeld, in dem wir alle natürlich hoffen, an das Ende einer historischen Pandemie mit unbekannten wirtschaftlichen und sozialen Folgen zu kommen. Es wird massive Investitionen brauchen, natürlich auch aus geopolitischer Sicht. Jetzt muss man pragmatisch vorangehen, um dafür zu sorgen, damit die drei Ziele, die ich angesprochen habe, voll und ganz erreicht werden können.

Frage: Ich habe eine Frage zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie. Die gesundheitspolitischen Maßnahmen mit dem Gesundheitspass für die Unternehmen scheinen in Deutschland strenger zu sein. Bräuchte es nicht eine Harmonisierung der gesundheitlichen Regeln in Europa und vor allem natürlich in den Grenzregionen zwischen Deutschland und Frankreich?

Herr Präsident, Ihre Kulturministerin hat die Eröffnung der Archive zum Algerienkrieg angekündigt, 15 Jahre früher als gedacht. Befürchten Sie nicht, dass das zu Problemen führen wird?

P Macron: Das, was die Ministerin hier angekündigt hat, entspricht dem Prozess, den wir eingeleitet haben. Daran sind auch alle betroffenen Ministerien beteiligt, also das Streitkräfteministerium etc. Das ist eine Fortsetzung des Stora-Berichts. Ich glaube, das ist eine unerlässliche Arbeit gewesen. Ich hoffe, dass das zur Befriedung beiträgt. Ich denke, wir sind auch in der Lage, das zu leisten, auch in Anerkennung aller Erinnerungsarbeit, die Frankreich hier leisten muss.

Jetzt zu COVID: Es gibt sehr enge Kooperationsmechanismen zwischen den Grenzregionen. Seit Beginn der Krise gab es ständig einen Dialog zwischen Deutschland und Frankreich. Teilweise gab es etwas unterschiedliche Bewegungen, zum Beispiel wenn es eine Beschleunigung gegeben hat, die wir aber immer wieder ausgeglichen haben. Das sind einfach auch sehr unterschiedliche Systeme. Wie Sie wissen, ist Deutschland ein Bundesstaat, in dem jedes Bundesland eigene Kompetenzen hat. Das macht die Dinge teilweise etwas schwieriger. Ich sage das hier natürlich unter der Aufsicht des Herrn Bundeskanzlers.

Wir hatten seit dem Beginn der Krise immer eine sehr enge deutsch-französische Harmonisierung und Konvergenz, sowohl auf der Ebene der Französischen Republik und der Bundesrepublik als auch auf dezentraler Ebene. So haben unsere Präfekten unter Einbeziehung der benachbarten Ministerpräsidenten der Länder ständig Videokonferenzen durchgeführt. Das nur als Beispiel. Wir haben immer darauf geachtet, dass die Situation der Grenzpendler berücksichtigt wird.

Wie Sie wissen, haben wir in den letzten Monaten den Gesundheitspass in Frankreich gemeinsam mit anderen Mitgliedsländern eingeführt, um die Impfkampagne zu beschleunigen. Auch hier hatten wir eine gute grenzüberschreitende Zusammenarbeit, auch wenn Deutschland das nicht hatte. Jetzt gibt es in Deutschland etwas andere Regeln, auch bezüglich des Zugangs zur Arbeit. Wir wollen natürlich eine bestmögliche Zusammenarbeit haben, damit die Pendler auf beiden Seiten der Grenze berücksichtigt werden. Natürlich geht es auch um das Gespräch mit unseren Sozialpartnern. Es gibt Unterschiede; das ist völlig normal. Aber wir achten stets darauf, dass es hier eine entsprechende Vernetzung und Konvergenz zwischen unseren Ländern gibt.

Dank des Engagements unserer politisch Verantwortlichen auch auf der lokalen Ebene und unserer Beamten ist es uns immer gelungen, dass das Leben für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die auf der einen oder anderen Seite der Grenze leben, so erträglich wie möglich war.

Möchtest du noch etwas zu COVID und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit antworten?

BK Scholz: Ich möchte gerne noch ein paar Bemerkungen hinzufügen. - Ich glaube, die Zusammenarbeit hat in der Vergangenheit gut funktioniert. Meine Beobachtung ist, dass es auch keine praktischen Probleme gibt. Selbst wenn die Regeln diesseits und jenseits der Grenze ein bisschen unterschiedlich sind, sind sie für alle leicht befolgbar. Das ist letztendlich das Kriterium, das eine Rolle spielen muss. Wer zu seinem Arbeitsplatz nach Frankreich fährt, beachtet die Regeln, die in Frankreich gelten. Wer zu seinem Arbeitsplatz nach Deutschland fährt, beachtet die Regeln, die dort gelten. Das ist nicht weiter kompliziert.

Wir werden das weiterführen, was wir bisher gemacht haben, eng kooperieren und dafür sorgen, dass es eine europäische Antwort auf die Herausforderungen gibt. Denn das ist ohnehin eine globale Krise, die an keiner Grenze haltmacht, nicht an der europäischen und nicht an den einzelnen Ländern. Deshalb müssen wir zusammenarbeiten, um das Virus zu besiegen.

P Macron: Vielen Dank, meine Damen und Herren. Vielen Dank, Herr Bundeskanzler. Tschüss, Olaf!