Regierungserklärung zur Haushaltslage
Bundeskanzler Scholz hat zugesichert, dass der Staat seine Zusagen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern einhält. „Wir lassen niemanden alleine mit den Herausforderungen, mit denen wir es aktuell so geballt zu tun haben“, so Scholz in seiner Regierungserklärung im Bundestag. Die Modernisierung Deutschlands werde weiter vorangetrieben.
„Ich will, dass Deutschland ganz vorne dabei ist“ – Bundeskanzler Olaf Scholz hat in seiner Regierungserklärung deutlich gemacht, dass die Bundesregierung an ihrem Modernisierungskurs und an ihren Investitionen in die Infrastruktur unverändert festhält. Die Transformation der Wirtschaft, das Vorantreiben der Energiewende, die Auflösung des Reformstaus: „Zu allen diesen Zielen stehe ich. An all diesen Zielen arbeitet die von mir geführte Bundesregierung von Tag 1 an“, sagte Scholz am Dienstag im Deutschen Bundestag.
„You`ll never walk alone“
Mit Blick auf die aktuelle Haushaltssituation hob der Kanzler hervor: „You‘ll never walk alone – das habe ich vergangenen Jahr versprochen und dabei bleibt es.“ Am Ende gehe es dabei auch um etwas ganz Grundsätzliches – nämlich um den Zusammenhalt im Land.
Es gehe um die Frage: „Steht jeder für sich allein, wenn es schwierig wird, oder haken wir uns unter? Ich bin zutiefst überzeugt: Wir alle kommen besser zurecht, wenn wir niemanden zurücklassen. Wir alle kommen besser zurecht, wenn wir uns den Herausforderungen Seite and Seite stellen.“
Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Scholz ging zunächst auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 ein. Es hatte entschieden, dass das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Scholz erklärte, dass das Gericht sich erstmals sehr detailliert und sehr weitreichend dazu geäußert habe, wie die so genannte Schuldenbremse im Grundgesetz genau anzuwenden sei. Vieles im Umgang mit der Schuldenbremse sei bislang rechtlich eben nicht eindeutig geklärt gewesen.
In dieser Lage habe die Bundesregierung vor zwei Jahren haushaltspolitische Einschätzungen getroffen, die das Verfassungsgericht nun rechtlich anders bewerte. „Das Bundesverfassungsgericht hat dadurch Klarheit geschaffen – und das Gericht hat hier das letzte Wort. So ist es gute demokratische Tradition“, so Scholz.
Mit dem Wissen um die aktuelle Entscheidung hätte die Regierung im Winter 2021 andere Wege beschritten – Wege, die das Gericht in seinem Urteil ebenfalls gewiesen habe, so der Kanzler. Das Urteil betreffe die Haushaltspraxis dieser Regierung, aber auch früherer und künftiger Regierungen. Die Beratungen zu den Folgen des Urteils seien noch nicht abgeschlossen. „Sorgfalt geht dabei vor Schnelligkeit“, sagte der Kanzler.
Unterstützung in Krisenzeiten
Laut Scholz hat das Urteil eine neue Realität geschaffen – für alle gegenwärtigen und zukünftigen Regierungen im Bund und in den Ländern. Eine Realität, die auch durch die unvorhergesehenen Krisen der beiden vergangenen Jahre schwieriger geworden sei.
Scholz erinnerte an die Corona-Pandemie im Dezember 2021, an den Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 - und an die Einstellung der Gaslieferungen durch Russland kurz darauf. Als Folge hätten sich die Gaspreise mehr als verzehnfacht. Umso wichtiger sei die Hilfe in dieser Zeit gewesen. Als Beispiele nannte Scholz:
- Die Unterstützung mit 200 Milliarden Euro für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, um ihnen in der dramatischen Notlage Sicherheit zu geben.
- Die umfangreichen Corona-Hilfen – über mehrere Jahre hinweg. Nur so sei Deutschland besser durch diese Jahrhundert-Pandemie gekommen als viele andere Länder.
- Das Sondervermögen für die Bundeswehr, um sie über die kommenden Jahre hinweg zu stärken und besser aufzustellen. Deutschland unterstütze die Ukraine fort, so lange wie nötig. Das sei von existenzieller Bedeutung – für die Ukraine, aber am Ende auch für uns in Europa.
- Die Hilfen für die Opfer der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal.
Ausnahme von der Schuldenbremse
Der Bundeskanzler kündigte an, die Hilfen für das Ahrtal und die Energiepreisbremsen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nun noch einmal im Haushalt für dieses Jahr zu verankern und mit Blick auf die Schuldenbremse von der Ausnahmeregelung im Artikel 115 des Grundgesetzes Gebrauch zu machen.
Das Gericht habe in seinem Urteil ausdrücklich diesen Weg gewiesen. Und bestätigt, dass dem Gesetzgeber in außergewöhnlichen Notsituationen ein „Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum“ zukomme. Neu sei allerdings, dass Hilfen in solchen Notsituationen nun „jedes Jahr vom Bundestag neu beschlossen werden müssen – aber auch neu beschlossen werden können“.
So handelt die Bundesregierung jetzt
Der Bundeskanzler nannte in seiner Regierungserklärung zudem vier Punkte, wie die Bundesregierung konkret mit dem Verfassungsgerichtsurteil umgeht:
- Ausgaben aus dem Wirtschaftsplan des Klima- und Transformationsfonds seien direkt gesperrt worden. Mit Ausnahme von vertraglich eingegangenen Verpflichtungen und Maßnahmen zur Energieeffizienz. Mit dem Nachtragshaushalt 2023 werde zudem die Rücklage des Klima- und Transformationsfonds um 60 Milliarden Euro verringert.
- Die Bundesregierung habe Vorsorge getroffen, dass nicht automatisch neue finanzielle Verpflichtungen für die kommenden Jahre eingegangen werden. Wichtig war dem Kanzler die Feststellung: Laufende Ausgaben seien nicht betroffen. Der Staat werde seinen Aufgaben auch weiterhin gerecht. Direkt an die Bürgerinnen und Bürger gewandte sagte Scholz: „In Ihrem Alltag – hier und heute – ändert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts – völlig unabhängig davon, ob Sie Kindergeld oder BAföG bekommen, eine Rente oder Wohngeld.“
- Es werde sichergestellt, dass der laufende Haushalt 2023 allen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht, einschließlich des Nachtragshaushalts und der nachträglichen Sicherung der Energiepreisbremsen für 2023 sowie der Hilfen für die Flutopfer im Ahrtal. Dass die Energiepreisbremsen zu Beginn kommenden Jahres beendet werden könnten, hänge mit der Preisentwicklung zusammen. Überall in Deutschland seien wieder Strom- und Gastarife verfügbar, die zwar deutlich höher lägen als vor der Krise – meist aber unterhalb der Obergrenzen, die für die Preisbremsen gezogen worden seien.
- Mit Blick auf den Haushalt 2024 arbeite die Bundesregierung intensiv daran, alle Beschlüsse, die nötig seien, so schnell wie möglich zu treffen. „Denn die Bürgerinnen und Bürger und unsere Unternehmen brauchen in unruhigen Zeiten Klarheit“, so Scholz. Und: „Die Bürgerinnen und Bürger können darauf vertrauen, dass der Staat seine Zusagen ihnen gegenüber einhält.“
Deutschland weiter modernisieren
Kanzler Scholz machte deutlich, dass die Unterstützung der Ukraine und bei der Bewältigung der Energiekrise nicht nachlassen dürfe. Und zugleich wäre es ein schwerer, unverzeihlicher Fehler, angesichts der akuten Herausforderungen die Modernisierung Deutschlands zu vernachlässigen. „Diese Modernisierung ist nötig und richtig“, so der Kanzler.„Nur wenn sich Deutschland modernisiert, werden wir in der Lage sein, auch künftig auf unvorhergesehene Krisen kraftvoll zu reagieren.“
Aus aktuellem Anlass ging der Bundeskanzler zu Beginn seiner Regierungserklärung auf die Lage in Israel ein. Endlich hätten die Terroristen der Hamas in den zurückliegenden Tagen Geiseln freigelassen. Die Geiseln, ihre Freunde und Angehörigen hätten in den vergangenen Wochen Unvorstellbares durchgemacht. „Umso glücklicher, umso erleichterter bin ich, dass sie nun in Freiheit und in Sicherheit sind. Dass unter den Freigelassen auch mehrere Deutsche sind, ist ein weiterer Grund zur Freude“, so Scholz. Der Kanzler dankte allen, die sich zuletzt für ihr Schicksal eingesetzt hätten. Die Bundesregierung werde sich weiter mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass auch die weiteren mehr als 100 Geiseln in der Gewalt der Hamas freigelassen werden.