Antrittsbesuch in Nigeria und Ghana
Engere Zusammenarbeit, um Demokratie und Resilienz der Staaten in der Region zu stärken: Künftig will Deutschland mit Nigeria und Ghana enger zusammenarbeiten. Zum Abschluss seiner Afrika-Reise hat Kanzler Scholz in Ghana die herausragenden Beziehungen zwischen Deutschland und dem westafrikanischen Staat betont.
Es ist bereits dritte Reise des Bundeskanzlers auf unseren Afrikanischen Nachbarkontinent: Die Bedeutung Afrikas für das Weltgeschehen nimmt immer weiter zu. Die Stärkung der Beziehungen zu Schlüsselländern des Kontinents genießt für die Bundesregierung hohe Priorität. Dass es den Kanzler von Sonntag bis Dienstag nach Nigeria und Ghana führte, ist also kein Zufall. Vor Ort kam er mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Kultur ins Gespräch.
Ghana: Schlüsselpartner bei Wissenschaft und Forschung
Nach seinem Antrittsbesuch in Nigeria reiste der Bundeskanzler nach Ghana und traf Staatspräsident Nana Akufo-Addo. Addo und Scholz trafen sich bereits das siebte Mal – ein Zeichen für die Vielfalt der engen Beziehungen zwischen beiden Ländern.
Lebendig machen die Beziehungen vor allem die vielen in Deutschland lebenden Ghanaerinnen und Ghanaer. So sagte der Kanzler, dass in seiner Heimatstadt Hamburg die ghanaische Spezialität „Fufu“ fast so gut sei wie in Accra.
Für Fachkräfte aus Ghana sehe die Bundesregierung großes Potential. Deutschland wolle auch weiter legal Zuwanderungswege schaffen. Denn „Ghana ist ein wichtiger Schlüsselpartner bei Wissenschaft und Forschung“, so Scholz.
Es gebe deutsch-ghanaische Leuchtturmzentren in vielen Disziplinen, von Klimaforschung über Tropenmedizin bis hin zu Mathematik und Sozialwissenschaften. Auch deshalb tauschte der Kanzler sich zuvor mit Studentinnen und Studenten der Ashesi Universität in Accra über die Zukunftsperspektiven des Landes aus.
Auch auf internationaler Ebene seien die Beziehungen eng, sagte Scholz: „Unsere Länder eint ein ähnlicher Blick auf die Welt“. Als Demokratien setzen sich beide Länder für eine regelbasierte Ordnung ein. Er sei daher der Auffassung, dass „afrikanische Staaten in internationalen Organisationen besser repräsentiert sein müssen und eine stärkere Stimme bekommen sollten.“
Mit Bezug auf die Sicherheit im Sahelraum versicherten die beiden Staatschefs außerdem, dass sie gemeinsam alle Aktivitäten für Stabilität unterstützen.
Ghana ist als regional wichtige Demokratie ein zentraler Partner Deutschlands in Westafrika. Dies zeigt sich auch an der unter der deutschen G20-Präsidentschaft 2017 erfolgten Aufnahme Ghanas in die G20-Initiative „Compact with Africa“.
Vor seinem Rückflug am Dienstag besuchte Scholz zudem noch das Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre. In Erinnerung an den ghanaischen ehemaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan, unterstrich er die Bedeutung von guter Regierungsführung und Demokratie für den Frieden.
Aus diesem Grund unterstütze Deutschland die Wirtschaft der Länder im Sahel und tritt ein für die Wiederherstellung demokratischer Ordnung in den Ländern, deren Regierung jüngst durch das Militär geputscht wurde.
Frieden sei aber auch mehr als die Abwesenheit von Krieg, so der Kanzler. Wichtig sei daher das internationale Recht und Menschenrechte zu wahren. Das Zentrum leiste dabei in der Ausbildung von Kräften zur Friedenssicherung einen wichtigen Beitrag.
Das Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre wurde 2004 als militärische Ausbildungseinrichtung zu Schulung von Streitkräften für internationale Friedenseinsätze in Accra, Ghana eröffnet. Wegen der großen Unterstützung Deutschlands wurde das Auditorium des Zentrums „Gerhard Schröder Halle“ nach dem ehemaligen deutschen Bundeskanzler benannt.
Nigeria: Vertiefung der guten Zusammenarbeit
Zuvor fand der Auftakt der Reise in Abuja, der Hauptstadt Nigerias, statt. Dort traf Bundeskanzler Scholz Staatspräsident Bola Ahmed Tinubu. Nach dem gemeinsamen Gespräch betonte Scholz, die bereits gute Zusammenarbeit in vielen Bereichen vertiefen zu wollen.
Im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sei bereits viel Potential da, „aber da geht noch mehr“, so Scholz. Im vergangenen Jahr hat sich das deutsch-nigerianische Handelsvolumen bereits um 50 Prozent erhöht – von zwei auf drei Milliarden Euro. Die mitreisende Wirtschaftsdelegation habe, so Scholz, Interesse daran, in Nigeria nun neue Abschlüsse zu tätigen und auch vorzubereiten.
Aber auch im Bereich regionaler Sicherheit wollen Deutschland und Nigeria enger zusammenarbeiten. Es gehe darum, die Demokratie und Resilienz der Staaten in der Region zu stärken. Angesichts der wachsenden Bedrohung durch Terrorgruppen werde das immer wichtiger.
Es bestehe außerdem auch Raum für mehr Kooperation im Bereich erneuerbare Energien und Migration. Dazu sprachen Scholz und Tinubu über Möglichkeiten der Fachkräfteeinwanderung aber auch über Rückübernahmeabkommen.
ECOWAS: Schlagkräftige und funktionierende Organisation
Nach einer Teilnahme an einem runden Tisch mit der Wirtschaft traf der Bundeskanzler in Nigeria auch den Präsidenten der Kommission der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS Omar Alieu Touray.
Die ECOWAS sei eine treibende Kraft hinter der Integration Westafrikas, so Scholz nach dem Treffen, und sei „eine schlagkräftige und funktionierende Organisation.“ Entsprechend ging es auch hier um eine weitere Zusammenarbeit mit Deutschland .
Bereits jetzt sei die Zusammenarbeit sehr vielfältig. Der Bundeskanzler würdigte die Rolle der ECOWAS beim Ausbau der Stromversorgung in der Region. Dies wolle Deutschland unterstützen um die „Entwicklungsperspektiven von entlegeneren Regionen zu verbessern“.
Es ging auch um das wirtschaftliche Potential der Region. Bislang gehen nur ein Siebtel der Exporte aus afrikanischen Ländern in andere afrikanische Länder. Die Entwicklung von Infrastrukturen und Binnenmarktstrukturen könnte den Austausch von Gütern innerhalb der ECOWAS unterstützen. Letztlich bestehe auch in der Schaffung einer afrikanischen Freihandelszone enormes Potential, so der Bundeskanzler.
Letztlich würdigte der Kanzler die Führungsrolle der ECOWAS, sich für Frieden und Sicherheit in der Region einzusetzen. Eine enge Zusammenarbeit sei wichtig um sicherzustellen, dass aus den vergangenen Putschen in der Region kein Trend werde, so Scholz.
Am Abend folgte die Teilnahme an einem von Staatspräsident Tinubu ausgerichteten Abendessen. Dort sprachen sie im Beisein von Vertreterinnen und Vertretern der deutschen Wirtschaft über Chancen und Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Nigeria.
Wirtschaftskooperation und Treffen mit Zivilgesellschaft
Vor seiner Weiterreise nach Ghana besucht der Bundeskanzler auch die nigerianische Stadt Lagos. Dort nahm er am Montag an der Eröffnung des deutsch-nigerianischen Wirtschaftsforums teil und besuchte das deutsch-nigerianische Zentrum für Jobs, Migration und Reintegration.
Der Bundeskanzler traf ebenfalls Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft in dem neu eröffneten Zentrum für Kultur und Geschichte der Yoruba – einer westafrikanischen Volksgruppe. Nach einer Bootsfahrt durch Lagos kam er außerdem mit Vertreterinnen und Vertretern von Jungunternehmen in der Universität Lagos zusammen.
Nigeria ist als bevölkerungsreichstes Land des Kontinents ein wichtiger Partner Deutschlands und eine stabilisierende Kraft in der Region. Nigeria ist auch Sitzstaat der Westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS, deren rotierenden Vorsitz der Staatspräsident Tinubu derzeit innehat.