Rede von Bundeskanzlerin Merkel beim Digital-Gipfel am 29. Oktober 2019 in Dortmund

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Sehr geehrter Herr Berg,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident – er ist wohl nicht mehr da, aber er war es –,
liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Kabinett,
sehr geehrte Frau Vizepräsidentin-elect, liebe Kommissarin Vestager,
meine Damen und Herren,

ich grüße Sie ganz herzlich, beim Digitalgipfel diesmal in Dortmund, und möchte auch noch einmal ganz herzliche Grüße von Peter Altmaier ausrichten. Ich hatte Kontakt mit ihm. Er muss sich ein bisschen pflegen, aber es geht ihm so weit gut. Wir sind optimistisch, dass er bald wieder komplett an Deck sein wird.

Wir sind hier in Dortmund in einer Region, die Wandel kennt. Der Ministerpräsident hat hier heute auch schon zu Ihnen darüber gesprochen. Einst waren hier Hunderttausende von Kohlekumpeln, jetzt sind es Hunderttausende von Studentinnen und Studenten. So weiß man in dieser Region und in dieser Stadt, was Wandel bedeutet. Und deshalb ist Dortmund ein guter Standort für unseren diesjährigen Digital-Gipfel.

Herr Berg hat eben von Jubiläen gesprochen: 70 Jahre Bundesrepublik Deutschland, 30 Jahre Mauerfall. Ich habe heute zur Kenntnis genommen, dass wir heute – jedenfalls nach einer bestimmten Definition des Internets – 50 Jahre Internet feiern. Man sieht also, dass das, womit wir uns hier beschäftigen, nicht ganz so neu ist, wie man manchmal denkt, aber dass sich in der Entwicklung immer wieder ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Damit hat sich ja auch der diesjährige Digital-Gipfel wieder beschäftigt.

Es ist ja Usus, dass wir uns in den Plattformen, wie es heißt – die aber nicht die Plattformen sind, um die es hier heute geht, sondern das sind sozusagen Arbeitscluster –, mit der gesamten Bandbreite an verschiedenen Themen beschäftigen. Es ist gut, dass diese Plattformen das ganze Jahr über arbeiten und die Dinge in den verschiedenen Bereichen – von der Infrastruktur über die Digitalisierung der Wirtschaft bis zu den lernenden Systemen der Arbeitswelt und auch den ethischen Fragen und den Verbraucherschutzfragen – immer und kontinuierlich voranbringen. Der Präsident des BDI hat neulich gesagt: Na ja, die Arbeit zwischen den Gipfeln ist gut, aber die Gipfel sind eigentlich nur Show. – Ich weiß nicht, ob ich mir das zu Herzen nehmen und sagen soll: Die Arbeit des BDI ist gut, aber zum Jahrestag komme ich nicht mehr. Auf jeden Fall glaube ich, dass solche Gipfel doch immer wieder die Möglichkeit geben, auf Ergebnisse hinzuarbeiten und dann Bestandsaufnahmen zu machen, Diskussionen zu beleben und sich auszutauschen, um dann wieder in die Arbeit in den Sektoren einzusteigen.

Für uns in Europa ist es sehr wichtig – dafür steht Pars pro Toto die Datenschutz-Grundverordnung –, dass wir unsere eigenen Herangehensweisen hinsichtlich der Fragen der Digitalisierung entwickeln. In Deutschland würden wir sagen: Wir haben die Soziale Marktwirtschaft, die mit ihren Prinzipien und Werten erhalten bleiben und zugleich in die digitale Welt transformiert werden muss. Deshalb spielt das Wort Datensouveränität eine so wichtige Rolle für uns. Der Umgang mit Daten, die Selbstbestimmtheit der Bürgerinnen und Bürger und das Wissen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen um die Fragen „Wo sind meine Daten?“, „Wer arbeitet mit meinen Daten?“ und „Habe ich dazu das Einverständnis erklärt?“ – das sollte ein Grundthema sein. Deshalb können wir im Hinblick auf die Digitalisierung unbesorgt sein und sagen, dass all das, was wir an Wertevorstellungen haben, und all das, was wir uns mit unseren Zivilrechtsbüchern, mit unserem Wettbewerbsrecht und mit vielem anderen erarbeitet haben, zum Teil über Jahrzehnte hinweg, auch in der digitalen Welt seine Wirkung, seine Rechtfertigung haben muss.

Das digitale Leben ist sozusagen kein außerrechtliches Leben, sondern unsere Grundprinzipien müssen weiter gelten und in die digitale Welt übertragen werden, wenn es zum Beispiel darum geht, wie wir ethische Leitlinien für die künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt entwickeln. Das ist dann noch einmal eine neue Aufgabe. Aber es kann nicht sein, dass das, was wir nach der Industrialisierung überwunden haben, nämlich dass der Arbeitnehmer keine Rechte hat, nun plötzlich mit der neuen technologischen Stufe wieder von vorne beginnt. Wir müssen vielmehr die Werteprinzipien aus der alten Stufe – das, was Humanität ausmacht und die Würde des Menschen betrifft – übertragen.

Dennoch dürfen wir nicht dem Trugschluss verfallen, dass das Arbeiten und das Leben in der digitalen Welt nur so funktionieren wie in der analogen Welt. In der analogen Welt haben wir Sachgegenstände; und wenn wir die einmal einem zur Nutzung übergeben, dann sind sie sozusagen in gewisser Weise verbraucht. In der digitalen Welt haben wir Daten, die wir vielfach anwenden und immer wieder teilen können, ohne dass die Daten als solche verschwinden. Sie sind vielmehr vielfach verwendbar, woraus in Netzwerken auch völlig neue Qualitäten von Erkenntnissen entstehen. Diese Möglichkeiten müssen wir nutzen. Deshalb wendet sich die Frage des Umgangs mit Daten natürlich genauso an die Bürgerinnen und Bürger wie an die Unternehmen; sie betrifft die Beziehungen der Unternehmen untereinander, die Beziehungen zwischen dem Wirtschaftsbereich und dem öffentlichen Bereich und eben auch die Beziehungen der Unternehmen zu ihren Kunden. All das wird sich verändern; und darüber müssen wir reden.

Damit man nun auf diesem Gebiet überhaupt satisfaktionsfähig ist, wie ich einmal sagen würde, braucht man natürlich eine vernünftige Dateninfrastruktur. Da haben wir in Deutschland einiges erreicht, aber längst nicht genug. Wir werden den Ansprüchen an ein hochentwickeltes Industrieland, was sowohl den Festnetzausbau als auch den Mobilfunknetzausbau anbelangt, noch nicht in allen Bereichen gerecht. Deshalb werden wir morgen Eckpunkte für eine Mobilfunkstrategie im Kabinett verabschieden und sozusagen hurtig versuchen, die weißen Flecken möglichst so weit einzugrenzen, dass es wirklich nur noch kleinste weiße Flecken gibt, wobei es nicht so ganz einfach ist, ein Land von der Größe Deutschlands zu 100 Prozent mit einer Hochqualitätsdateninfrastruktur zu versehen. Aber das ist unser Ziel.

Wir wissen, dass wir hier im föderalen System sehr eng zusammenarbeiten müssen. Das stellt uns – sowohl den Bund als auch die Länder und Kommunen – vor manche Hürde. Wir müssen vor allen Dingen Beschleunigungswege finden. Herr Berg hat es eben angesprochen: Es gibt Einzelbeispiele mit einer Genehmigungsdauer von 900 Tagen für einen Funkmast. Das kann nicht der Standard sein, sondern das muss schneller gehen. Wir wollen im öffentlichen Bereich auch bereit sein, unsere Flächen zur Verfügung zu stellen – das wollen wir auch von den Ländern und Kommunen erbitten –, damit wir auf diesen Gebieten dann schneller die digitale Infrastruktur ausbauen können.

Natürlich ist es unser Ziel, die 5G-Versorgung möglichst weit auszurollen. Im Gegensatz zum Vorjahr haben wir jetzt die Versteigerung der Frequenzen. Ich darf denjenigen der hier Anwesenden, die aus dem Wirtschaftsbereich sind, die frohe Kunde vermelden, dass wohl in wenigen Tagen die Bundesnetzagentur veröffentlichen wird, wie der Frequenzbereich, der für die Nutzung durch Unternehmen, Landwirtschaftsbetriebe, kleine und große Unternehmen reserviert wurde, sozusagen zur Verfügung gestellt werden kann. Ich darf Ihnen auch verraten: Die Kosten sind mittelstandsfreundlich, wie mir heute gesagt wurde. Das heißt also, es wird sich dann für deutsche Unternehmen rentieren, sehr schnell Zugriff auf 5G zu haben.

Es stellt sich natürlich auch die Frage des Datenmanagements. Herr Berg hat eben gesagt: Deutschland kann nicht alles. Ich denke, wir sollten im gesamten Bereich der Digitalisierung soweit wie möglich europäisch denken. Europa muss im Grundsatz alles können. Ich glaube nicht, dass Europa ganze Bereiche definieren sollte, zu denen wir sagen: Da kommen wir jetzt nicht mit. Aber wir können im Augenblick nicht alles. Das, was mich am meisten besorgt, ist, dass gerade die Verwaltung von Daten – auch von Wirtschaftsdaten, aber auch von Konsumentendaten – in ganz wesentlichen Bereichen zum Beispiel bei amerikanischen Unternehmen liegt. Ich habe nichts gegen fairen und freien Wettbewerb, aber wir geraten damit in unseren Wertschöpfungsketten in Abhängigkeiten, die wir vielleicht auf Dauer nicht für richtig halten. Da es sein kann, dass derjenige, der einmal über die Daten als solche verfügt – zum Beispiel in den B2B-Relationen –, aber auch derjenige, der über die B2C-Daten, also über die Konsumentendaten verfügt, letztlich auch derjenige ist, der sozusagen am fettesten Brocken der Wertschöpfungskette sitzt, kann es passieren, dass wir auf diese Art und Weise zu einer verlängerten Werkbank werden oder in Abhängigkeiten geraten, in die ich nicht unbedingt geraten möchte.

Deshalb empfinde ich es als einen sehr großen Fortschritt – auch wenn es noch eine Menge Fragen gibt –, dass sich der Bundeswirtschaftsminister zusammen mit der Bundesforschungsministerin auf den Weg gemacht hat und mit dem Projekt GAIA-X gesagt hat: Lasst uns eine europasouveräne Datenspeicherstruktur entwickeln. Das heißt nicht, dass alle Daten an einer Stelle zusammenlaufen, sondern das heißt, dass es Interoperabilität zwischen den verschiedenen Datenspeicheroptionen, zwischen den verschiedenen Clouds gibt. Ich kann alle nur ermuntern, sich dafür zu interessieren und bereitzuerklären. Wenn ich dann höre „Ja, ja, wir sind sowieso so weit im Rückstand“, dann sage ich: Wir sind im Rückstand und es müssen erhebliche finanzielle Ressourcen eingesetzt werden, um die Speicherung und dann auch die Verarbeitung – die Speicherung ist ja nur der Ausgangspunkt –, also auch das Management mit diesen Daten, das Entwickeln von KI-Algorithmen und die Verknüpfung zu neuen Wertschöpfungsmöglichkeiten zu leisten. Das müssen wir nach meiner festen Überzeugung – bzw. wir müssen zumindest diesen Anspruch haben – in Europa können.

Ich sage Ihnen aber auch ganz offen: Wir haben uns als Regierung sehr viele Gedanken darüber gemacht, aber wir können dieses Projekt nur mit den Interessenten aus der Wirtschaft wirklich vorantreiben. Wenn es keine Nutzer gibt, dann kann auch der Staat an den Angeboten nicht so arbeiten, dass sie dann wirklich verfügbar sind. Wir können durch Open-Data-Management auch unsere Daten verfügbar machen; dann zeigen wir, dass wir Vertrauen in so etwas haben. Ansonsten muss das aber privatwirtschaftlich vorangetrieben werden; das ist vollkommen klar.

Wir wollen das zusammen mit Frankreich und auch mit anderen europäischen Ländern tun. Unabhängig vom sonstigen Wettbewerbsrecht haben wir in Europa glücklicherweise andere Möglichkeiten der Förderung – auch beihilferechtlich –, wenn es um strategisch wichtige Projekte geht. Diese Möglichkeiten nutzen wir ja zum Beispiel schon bei der Chipfertigung und den Batteriezellen. Man könnte sich das auch für sogenannte Hyperscaler, wie sie so schön heißen, vorstellen, wenn wir sozusagen einmal ein anlaufendes Modell haben.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einen Punkt sagen: Wir sind selbstkritisch zu uns als Staat, aber wir haben auch Besorgnisse bezüglich der Wirtschaft. Herr Berg hat es eben selbst gesagt: Durch die sehr hohe Auslastungszeit unserer Unternehmen – gerade der kleinen und mittelständischen Unternehmen – ist die Phase, in der die Digitalisierung und auch die künstliche Intelligenz noch einmal einen richtigen Quantensprung gemacht haben, ein bisschen an uns vorübergegangen; manche hatten gar keine Zeit, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Wir müssen jetzt einen intelligenten Weg finden, wie wir zum Beispiel die Arbeit von Bitkom mit der Arbeit des BDI, der BDA, des DIHK und ZDH vernetzen. Wir müssen die Kenntnisse der Fraunhofer-Gesellschaft nutzen und mit kleinen und mittelständischen Unternehmen darüber sprechen, was da auf sie zukommt und was die Wertschöpfungsmodelle der Zukunft sind. Wir müssen wirklich darum bitten, dass es eine Offenheit dafür gibt. Es kann schon sein, dass ein Mittelständler glaubt, er kenne seine Daten; das ist schön. Er weiß aber nicht, was er in der Kombination mit den Daten seiner Nachbarn – anonymisiert natürlich – noch alles zusammen mit seinen Nachbarn an neuen Wertschöpfungsketten aufbauen könnte. Wenn wir uns sozusagen dieses Element der Wertschöpfung aus der Hand nehmen lassen, dann wird es für den Industriestandort Deutschland ein böses Erwachen geben.

Wir haben eine ganze Reihe von Sektoren, in denen wir stark sind. Das ist zum Beispiel die Automobilindustrie. Ich bin der Meinung, dass wir, wenn wir diese Branche modern halten wollen, eben nicht sagen können: Na ja, das mit dem autonomen Fahren überlassen wir einmal den Amerikanern oder den Chinesen. Wir müssen vielmehr sowohl in der Batteriezellproduktion als auch im Bereich des autonomen Fahrens den Anspruch haben, das selber zu können. Wir haben den Maschinenbau, wir haben die chemische Industrie – und wir können nicht ganze Sektoren der klassischen Industrie ausnehmen und sagen: Da kommen wir jetzt leider nicht hinterher. Es muss durchaus unser Anspruch sein, auch mit dabei zu sein.

Was ist jetzt der Punkt, den wir vonseiten des Staates leisten müssen? Wir können Ihnen Unterstützung geben. Wir arbeiten im Augenblick noch einmal sehr intensiv an der Frage: Wie können wir die Start-up-Finanzierung weiter verbessern? Aber auch hier bleibt die Frage: Wie können wir eigentlich mehr Menschen, die über materielle Ressourcen verfügen, dazu ermuntern, in diesen Bereich zu investieren? Wir überlegen, wie wir Risikosharing betreiben können, weil es in der Tat etwas unsicherer ist, wenn ein Lebensversicherer seine Anlagen in Start-ups macht, als wenn er das in anderen Bereichen tut. Aber da, wo Risiko ist, ist auch eine Chance. Insofern müssen wir dabei agiler werden.

Wir haben die Aufgabe, junge Menschen mit der Digitalisierung vertraut zu machen. Deshalb gibt es den DigitalPakt Schule. Deshalb beschäftigen wir uns gemeinsam mit den Ländern auch mit der Frage, wie wir Lehrerweiterbildung gestalten und digitale Lerninhalte erstellen. Dabei sind wir deutlich vorangekommen.

Wir haben die Aufgabe, den Beschäftigen zu helfen. Ich möchte mich bei den Gewerkschaften bedanken, die sich mit der Frage der Digitalisierung der Arbeitswelt intensiv beschäftigen. Dass wir im vergangenen Jahr eine Nationale Weiterbildungsstrategie entwickelt haben, ist ein großer Schritt nach vorn.

Ich weiß, dass noch weitere Wünsche im Raum stehen. Wir haben auch einen strategischen Dialog mit der Automobilindustrie aufgesetzt. Am Montag werden wir dazu wieder tagen. Dabei wird es natürlich auch um die Frage gehen, wie wir als Staat die Transformation zum Beispiel der Antriebstechnologien so mitgestalten und mitbegleiten können, dass Fachkräfte erhalten bleiben und das Fachkräftepotenzial nicht verlorengeht. Das erfordert eine sehr enge Kooperation von denen, die sich in der Industrieproduktion auskennen, und eine Verzahnung mit staatlichen Instrumenten.

Mit der Nationalen Weiterbildungsstrategie haben wir auch sogenannte Experimentierräume vorgesehen, in denen wir bestimmte Fallkonstellationen untersuchen und präventiv zu verstehen versuchen, welche Herausforderungen für die Beschäftigung auf uns zukommen.

Wir haben sehr große Fortschritte im Bereich des Gesundheitswesens – das ist hier schon angeklungen –: die elektronische Patientenakte bis 2021, das E-Rezept ab 2020, der Aufbau von Telemedizin. Hier kommt der Punkt des Vertrauens und Nichtvertrauens der Bürgerinnen und Bürger in digitale Lösungen besonders zum Tragen.

Was wir in Deutschland noch viel stärker zeigen müssen – ich finde, das können Estland und andere Länder zeigen, die in der digitalen Nutzung durch die Bürger schon sehr viel weiter sind –, ist, dass Sie eine viel bessere Möglichkeit haben, zu verfolgen, wer jemals in der digitalen Welt mit Ihren Daten umgegangen ist, weil sich die Spuren nicht verwischen, als wenn Sie sozusagen Ihre Krankenakte irgendwo im Krankenhaus liegen haben und gar nicht wissen, wer da, wenn Sie nicht danebenstehen – und das tun Sie ja selten –, Zugriff darauf hat. Das heißt, es gibt mehr Sicherheit, wenn man es richtig macht. Das müssen wir den Menschen in Deutschland, denke ich, immer wieder sagen.

 Wir haben riesige Möglichkeiten im Bereich des Städtemanagements. Wir haben uns gerade das Thema Smart Cities angeschaut. Dabei gibt es in Deutschland natürlich die Herausforderung, dass es bei uns nicht auf einen Flickenteppich mit lauter Insellösungen hinausläuft, sondern dass wir versuchen, dieses Konzept mit kompatiblen Standards zu verfolgen.

Damit komme ich zu unserer Hauptaufgabe als Regierung. Wir haben uns mit dem sogenannten Onlinezugangsgesetz vorgenommen, 575 staatliche Verwaltungsdienstleistungen zu digitalisieren; 115 der Funktionen liegen beim Bund. Wir sind hierbei vorangeschritten, wenngleich manche Umsetzung auch eher länger als kürzer dauert. Das Ziel ist, dass man unter dem Gesichtspunkt der Datensparsamkeit, wenn der Bürger dem Staat einmal ein Datum zur Verfügung gestellt hat, immer wieder darauf zurückgreifen und diese 575 Funktionen sehr schnell und sehr einfach abrufen kann. Das ist nur zu schaffen, wenn wir wirklich die Mitwirkung aller Länder und aller Kommunen haben. Die Länder als die Verantwortlichen für die 11.000 Kommunen in Deutschland müssen hierbei mitziehen. Ansonsten werden wir es in der Zeit, in der wir uns das vorgenommen haben, nicht schaffen.

Vieles ist mental bedingt. Deutschland ist ein Land mit einer vergleichsweise gut funktionierenden Verwaltung und mit einem vergleichsweise hohen Lebensstandard. Das heißt, das Potenzial, dass man unbedingt die nächste technologische Stufe erklimmen will, ist nicht so ausgeprägt wie in Ländern, die sehr viel ärmer sind, eine schlecht funktionierende Verwaltung haben und vielleicht noch sehr viel Korruption haben. Sie sagen: Mit der Digitalisierung bekomme ich mehr Transparenz. Es gibt Länder, in denen Digitalisierung ein Synonym für Transparenz ist – im guten wie im schlechten Sinne. Auf der einen Seite hat der Staat sehr viel Zugriff. Aber auf der anderen Seite sind Abläufe, die früher mit der Übergabe eines Briefumschlags mit etwas Geld darin geregelt wurden, heute so nicht mehr möglich. Deshalb ist Digitalisierung auch ein Treiber zu mehr Transparenz für die Gesellschaften.

Alle Möglichkeiten der Digitalisierung unbedingt haben und nutzen zu wollen, ist bei uns aber nicht zu 100 Prozent in der Bevölkerung ausgeprägt. Ich fand sehr interessant, was Herr Berg gesagt hat und möchte das ausdrücklich unterstreichen: Wenn Menschen und Unternehmen nicht neugierig auf neue Möglichkeiten sind – das brauche ich in diesem Raum nicht zu erzählen, aber Sie sind ja weder die gesamte Wirtschaftswelt noch die gesamte Bürgerschaft Deutschlands –, dann werden wir auch mit noch so vielen Strategien nicht durchdringen oder wir werden sogar Aversionen bekommen, sodass sich Menschen verweigern. Deshalb finde ich die Idee des Digitaltags sehr gut und finde es auch toll, dass dabei so viele Verbände, Vereinigungen und die Kirchen mitarbeiten. Das ist sehr wichtig.

Meine Damen und Herren, wir sind mitten in der Arbeit; die Bundesregierung ist sozusagen Handelnde und gleichzeitig – das gebe ich ganz offen zu – auch Lernende. Wir haben ein Digitalkabinett und wir haben einen Digitalrat. Die Form des Arbeitens muss sich ja nicht nur für Politikerinnen und Politiker ändern, sondern auch für die Beamten und Beschäftigten. Permanentes, lebenslanges Lernen muss aber auch eingeübt werden. Deshalb ist es besser, die Kinder lernen das schon in der Schule und kommen dann auch schon einigermaßen gebildet in die Welt. Wir sind also in dieser Transformation nicht nur gefangen, sondern wir sind mittendrin in der Gestaltung. Das erfordert schon einen großen Kraftakt, den wir aber leisten wollen, weil darin auch so viele Chancen liegen.

Deshalb finde ich es gut, dass wir hier immer ein bisschen Antrieb von all denen bekommen, die an diesem Digital-Gipfel mitwirken. Den brauchen wir als Politikerinnen und Politiker auch. Deshalb wird auch nächstes Jahr die Arbeit nicht beendet sein. Das heißt, wir brauchen wieder einen solchen Gipfel. Dann soll er – das darf ich hier ja verraten – in Jena stattfinden.

(Beifall)

– Es gibt eine gewisse Anhängerschaft Jenas; ich sehe das schon.

Wir laden Sie also jetzt schon ganz herzlich dazu ein. Danke, dass Sie hier waren. Bringen Sie sich weiter in das große Kapitel der Digitalisierung ein, das über unseren Wohlstand von morgen entscheiden wird.

Herzlichen Dank.