Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem portugiesischem Ministerpräsidenten Costa am 19. April 2023 in Lissabon

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MP Costa: Einen schönen guten Tag! Ich fange an, indem ich Herrn Kanzler Scholz bei seinem Besuch hier in Lissabon herzlich willkommen heiße. Bei dieser Gelegenheit können wir die Situation bezüglich der europäischen Fragen und auch unserer bilateralen Beziehungen erörtern.

In den letzten Jahren haben Deutschland und Portugal eine wachsende Konvergenz bezüglich der Fragen der Europäischen Union. Wir teilen die Auffassung über die Notwendigkeit, die Beziehungen im Süden Europas zu erweitern, in einem Moment, in dem die Diskussion bezüglich eines neuen Prozesses der Erweiterung auf dem Tisch liegt. Es ist klar, dass dieser Prozess mit Blick auf die europäischen Beziehungen gut rüberkommen muss, damit diese Erweiterung zum Erfolg führt.

Wir haben gemeinsam an schwierigen Fragen gearbeitet. Beim letzten Mal, als der Kanzler hier war, waren wir in der COVID-19-Krise. Er war damals noch Finanzminister und Vizekanzler. Wir haben daran gearbeitet, etwas zu erarbeiten, was damals als unmöglich erachtet wurde, nämlich das Programm NextGenerationEU zu schaffen, um der Frage der schwierigen finanziellen Lage während der Pandemie Herr zu werden. Zum Glück haben wir diese Phase überwunden. Die wirtschaftlichen Entscheidungen, die damals getroffen wurden, waren die richtigen, um Millionen von Arbeitsplätzen und um auch Unternehmen zu retten und den europäischen Wirtschaften dabei zu helfen, besser durch die Krise zu kommen als gedacht bezüglich der dramatischen Situation auch im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg.

Wir sind gegen die Invasion Russlands und arbeiten gemeinsam daran, auf die Herausforderungen bezüglich der Energie zu antworten, die dieser Krieg an unsere Gesellschaften stellt.

Erlauben Sie mir, an dieser Stelle Kanzler Olaf Scholz für die hervorragende Arbeit zu beglückwünschen, die Deutschland in sehr kurze Zeit gemacht hat, um die Energieautonomie wiederzuerlangen und seine Energienotwendigkeiten bezüglich der Abhängigkeit von Gas aus Russland zu ersetzen. Deutschland war sicherlich eines der Länder, das am stärksten von dieser Krise betroffen wurde, und ist sicherlich das Land, das diese Situation am schnellsten auf eine sehr entscheidende Weise überwunden hat. Dafür will ich Kanzler Scholz beglückwünschen.

Ich will ihm auch für seine Hilfe danken, um den (akustisch unverständlich) zu überwinden, die Blockade bezüglich der Verhandlungen zwischen Spanien, Frankreich und Portugal über eine Anbindung an die Elektrizitätsnetze und auch des Gases an das Zentrum Europas. Deutschland ist ein wichtiger Alliierter in der Frage, dass hier ein grüner Korridor für die erneuerbaren Energien geschaffen wird, damit wir die Energieautonomie Europas schaffen. Das ist entscheidend, und das will ich hier unterstreichen.

Abschließend zu den bilateralen Beziehungen: Die deutschen Unternehmen sind ein sehr wichtiger Bestandteil unserer wirtschaftlichen Struktur hier in Portugal. In einem Moment, in dem man auf globaler Skala versucht, resilienter zu sein, will ich hier nochmals die Form, in der die deutschen Unternehmen in Portugal arbeiten, und das Interesse unterstreichen, dass wir daran haben, weiterhin mit der deutschen Wirtschaft, mit der deutschen Gesellschaft und der Regierung zusammenzuarbeiten, damit wir weiterhin solide sind auf europäischer Basis, dass wir eine offene Wirtschaft haben, aber auch die Resilienz unserer Industriestruktur.

Daher, lieber Olaf, nochmals herzlich willkommen! Vielen Dank, vor allem herzlichen Glückwunsch für die gute Arbeit, die Deutschland gemacht hat! Wir wissen: Wenn die Sachen gut laufen, dann laufen sie gut für alle.

BK Scholz: Lieber António, es ist mir wirklich eine große Freude, hier zu Gast zu sein im wunderschönen und - das darf ich als jemand, der aus Deutschland kommt, sagen - sehr sonnigen Lissabon. Wie du weißt, mag ich die Stadt sehr und bin auch gern hier. Ich danke auch für die Gastfreundschaft, zumal ich ja schon einmal hier war - du hast es erwähnt - und wir dabei über sehr wichtige Dinge, die die Zukunft Europas, aber auch die Beziehungen unserer beider Länder betroffen haben, gesprochen haben, und zwar, wie ich denke, mit gutem Erfolg. Wir haben mit dazu beigetragen, dass Europa von der COVID-19-Pandemie in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht nicht niedergedrückt wurde, sondern dass wir es geschafft haben, die Ökonomie zu stabilisieren, Wachstum möglich zu machen und aus dieser Krise ökonomisch besser herauszukommen, als viele vorher gedacht hatten.

Wir haben, daran und an viele andere Gespräche, die wir haben, anknüpfend, einen guten und sehr vertrauensvollen Austausch über eine Vielzahl von Themen gehabt. Mir ist das auch deshalb wichtig, weil man sehr gut sagen kann, dass Deutschland und Portugal in vielen Fragen einer Meinung sind, dass wir über ähnliche Vorstellungen verfügen, ähnliche Werte haben und dass es deshalb fast natürlich ist, dass unsere beiden Länder in vielen internationalen Strukturen, aber auch miteinander gut kooperieren. Wir sind in vielerlei Hinsicht „like-minded“, wie so gern gesagt wird. Wir wollen diese Beziehungen weiter vertiefen und dazu beitragen, dass wir ein geopolitisches Europa bekommen, das in der Lage ist, seine Herausforderungen zu bewältigen, und das im transatlantischen Bündnis gut zusammenarbeitet.

Der russische Überfall auf die Ukraine und seine Folgen fordern uns alle jeden Tag und leider wohl auch noch für sehr lange Zeit. Der Krieg hat eine Zeitenwende verursacht. Russland bedroht nicht nur die Ukraine, zerstört unglaublich viel der ukrainischen Städte, Dörfer, Infrastrukturen und tötet jeden Tag Zivilisten - auch viele Soldaten sind diesem Krieg zum Opfer gefallen -, sondern der russische Angriffskrieg bringt auch eine Bedrohung für die gesamte europäische Sicherheitsarchitektur mit sich. Die regelbasierte internationale Ordnung soll aus russischer Sicht durch das Recht des Stärkeren, der über seine Nachbarn bestimmen kann, ersetzt werden. Das können, wollen und werden wir nicht zulassen. Wir werden deshalb die Ukraine weiter nach Kräften unterstützen - politisch, finanziell, humanitär, aber eben auch mit Waffen, wie wir das gemacht haben; und das, solange es notwendig ist.

Ich möchte ausdrücklich den Beitrag Portugals bei der Unterstützung der Ukraine würdigen, der sehr, sehr wichtig ist - zuletzt eben noch einmal durch die Bereitstellung von modernen Leopard-2-Panzern. Das ist vielleicht ein ganz sichtbares Zeichen nicht nur für die klare Haltung Portugals und von dir, sondern auch für unsere enge Kooperation, dass wir als allererstes von Portugal eine Zusage bekommen haben bei unserem Versuch, für ein Bataillon die notwendige Menge an modernen Leopard-Panzern zusammenzustellen, damit die Ukrainerinnen und Ukrainer darauf trainiert werden können, aber diese Waffen auch für sich selber einsetzen können.

Uns sind Sicherheit und Stabilität auf dem europäischen Kontinent sehr wichtig, aber auch eine gute Zukunft. Deshalb ist klar, dass die Zeitenwende auch Konsequenzen für die Europäische Union hat. Sie muss in die Lage versetzt werden, ihre geopolitische Rolle auszufüllen. Deshalb haben wir auch darüber gesprochen, wie wir die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union sichern können - ganz besonders natürlich, wenn es um die Erweiterung geht, um die Frage der Westbalkanstaaten, um Moldau, die Ukraine und perspektivisch Georgien; es ist klar, dass das Reformprozesse beziehungsweise Entscheidungsprozesse mit sich bringt -, und über viele andere Fragen, die von Wichtigkeit sind. Diesen Fragen müssen wir uns jetzt widmen. Dass wir uns dabei sehr, sehr eng miteinander abstimmen, dass wir darüber in vielen Punkten einer Meinung sind, ist eine gute Grundlage für unsere gemeinsame europäische Zukunft. Natürlich gilt das auch im Hinblick auf die finanzielle Stabilität in der Eurozone, hinsichtlich der wir auch in den letzten Jahren immer eng zusammengearbeitet haben. Auch mein früherer Kollege Mário Centeno war da ein guter Partner, und wir beide arbeiten in dieser Hinsicht auch sehr, sehr eng zusammen.

Was wir auch erreichen müssen, ist, dass wir in Handelsfragen zusammenarbeiten. Es geht darum, unsere wirtschaftlichen Beziehungen mit aller Welt zu diversifizieren, dafür zu sorgen, dass unsere Lieferketten so breit aufgestellt sind, dass unsere Exporte so breit aufgestellt sind, dass unsere Direktinvestitionen so breit aufgestellt sind, dass wir nicht abhängig sind von einer Region und von einem Partner. Das ist ein Prozess, der nicht in einem Jahr bewerkstelligt ist, sondern mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Er ist aber wichtig, und darum setzen wir uns auch für Handelsabkommen Europas mit vielen Regionen und Staaten der Welt ein. Das gilt für diejenigen im Indopazifik, aber es gilt eben auch für Lateinamerika und MERCOSUR. Deshalb ist es auch unser gemeinsames Interesse, dieses Abkommen jetzt schnell wirklich werden zu lassen. Es ist lange genug verhandelt worden. Jetzt müssen die Länder, die Bürgerinnen und Bürger der Länder und unsere Wirtschaften davon profitieren können, und zwar überall. Das ist, glaube ich, wichtig.

Portugal ist ein guter Partner, wenn es um die Bekämpfung des menschengemachten Klimawandels geht. Es geht voran. Gerade beim Ausbau von Windkraft und Sonnenenergie und der Herstellung von Wasserstoff ist Portugal Pionier. Das Land hat die Chancen genutzt, die sich aus seiner geografischen Lage ergeben und die gleichzeitig auch wirtschaftlichen Aufschwung und gute Arbeitsplätze für Portugal mit sich bringen werden. Deshalb werden wir eng zusammenarbeiten, so wie wir es auch bei dem geplanten Bau der Wasserstoffpipeline gemacht haben - António hat das eben erwähnt. Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, hier zu einem guten Ergebnis voranzuschreiten, und dass unsere enge Zusammenarbeit das auch möglich gemacht hat. Das zeigt: Unsere Beziehungen sind dicht und reichhaltig. Wir wollen sie zum Wohle unserer beiden Länder und für Europas Wohl nutzen.

Ich danke noch einmal für die Gastfreundschaft und freue mich, hier vor Ort zu sein.

Frage: Ich möchte Sie beide fragen, wie Sie die Perspektive des permanenten Finanzinstruments in der Union für zyklische Finanzkrisen sehen, sowohl bei dem Kampf gegen COVID-19 als auch bei der Schaffung des Fonds für Kooperation und Resilienz, und ob die Europäische Zentralbank den Leitzins weiterhin erhöht, um die Inflation zu kontrollieren.

Außerdem möchte ich noch wissen, wie Sie die Möglichkeit sehen, dass die Lufthansa einen Teil oder die Gesamtheit der TAP aufkauft. Wir wissen, dass die TAP einige staatliche Hilfen erhalten hat, aber sie befindet sich natürlich auch auf einem sehr konkurrenzfähigen Markt.

MP Costa: Zu Ihrer letzten Frage: Wie Sie wissen, fangen wir sehr bald den Prozess der Privatisierung der TAP an. Es hat aber auch schon mehrere Konsultationen im Markt gegeben; es gibt mehrere Unternehmen, die Interesse gezeigt haben, unter anderem die Lufthansa. Wir wissen, dass das Interesse der Lufthansa nicht neu ist. Schon vor der COVID-Krise hatte die Lufthansa Verhandlungen mit dem privaten Aktionär aufgenommen, um die entsprechende Position aufzukaufen. Wir müssen natürlich einen Prozess sicherstellen, der transparent ist und bei dem alle die gleichen Chancen haben. Natürlich ist die Lufthansa sehr willkommen. Sie ist eine sehr große Fluggesellschaft und hat eine Strategie, die sehr komplementär zu dem Kerngeschäft der TAP ist. Aber wenn der Prozess der Privatisierung eröffnet wird, dann sind sie natürlich auf selber Höhe, und dann muss der Verhandlungsprozess zeigen, wer an die erste Stelle kommt. Ich kann nur sagen: Gutes Glück für alle und auch gute Resultate für die TAP!

Bezüglich der anderen Fragen: Wir wissen, dass Portugal darauf bestanden hat, dass, obwohl es keine permanente Krise gibt, (akustisch unverständlich). Deswegen müssen wir die Instrumente, die wir haben, dazu benutzen, unsere wirtschaftliche Union dorthin zu schaffen und die Wirtschaft zu stabilisieren. Es gibt mehrere Möglichkeiten, das zu machen und diese Instrumente zu benutzen, aber allein deren Existenz ist ein Element, das eine sehr große Stabilisierungswirkung zum Beispiel auf die Immobilienmärkte hat. Die Europäische Zentralbank hat natürlich Autonomie bei der Schaffung ihrer monetären Politik, und nur diese Bank kann die Entscheidungen treffen. Der Rest ist die Diskussion zwischen Wirtschaftsmenschen und der Wirtschaft, an der natürlich alle teilhaben.

Wir wissen natürlich alle, dass die Inflation, abgesehen von den Inflationskrisen, sehr spezifische Gründe hat - besonders in Europa, wo das sehr anders ist als zum Beispiel in den Vereinigten Staaten. Es gibt eine überschüssige Liquidität, und die Lieferketten wurden während der Pandemie natürlich unterbrochen, und der Krieg, der von Russland gegen die Ukraine aufgenommen wurde, hatte natürlich sehr große Auswirkungen auf den Energiebereich. Wir haben natürlich versucht, die Situation zu stabilisieren, vor allem auf dem Energiemarkt und was die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln betrifft. Das sind natürlich Instrumente, die sehr nützlich sind, um diesen Inflationsdruck zu kontrollieren. Es muss natürlich auch das Vertrauen der Wirtschaften und der Familien wiederhergestellt werden, und das alles muss verbessert werden.

BK Scholz: Schönen Dank für die Frage! Der Ministerpräsident hat ja schon alles zum Verkaufsprozess gesagt, der hier im Hinblick auf die TAP stattfindet. Ich glaube, vielleicht ist noch zu ergänzen: Partner müssen gut zusammenpassen. Auch wenn es sich um einen Kaufprozess handelt, geht es um Komplementarität, wie richtig gesagt worden ist. Eine gute wirtschaftliche Entwicklung des Flugverkehrs hier vor Ort mit der Nutzung all der Möglichkeiten, die hier als Hub existieren, wird sicherlich mitentscheidend für die richtige Entscheidung sein. Mein Eindruck ist: Da passt etwas zusammen! Aber ansonsten werden wir sehen, wie es ausgeht. Jedenfalls hat es ja schon Gründe gehabt, dass sich die Lufthansa schon einmal interessiert hat und man, wenn COVID nicht dazwischengekommen wäre, schon längst zusammen wäre.

Was die Frage der Stabilität Europas und seine ökonomische Stabilität betrifft, habe ich ja vorhin schon auf den europäischen Wiederaufbaufonds hingewiesen, den wir geschaffen haben, einschließlich einzelner Instrumente wie SURE während der Krise, die der COVID-Pandemie gefolgt ist. Dieses Solidaritätszeichen, das wir dort gesetzt haben, hat auch selbst schon ganz eigenständig zur Stabilisierung der Wirtschaft beigetragen. Das meiste Geld ist ja noch gar nicht geflossen, sondern wird erst demnächst und über viele, viele Jahre hinweg ausgegeben werden. Insofern hat es schon gewirkt, dass wir dieses Zeichen gesetzt haben. Aber wir haben jetzt den guten Vorteil, dass wir mitten in der nächsten Krise sind, die dem Angriff Russlands auf die Ukraine folgt, und die Mittel aus diesem Aufbaufonds immer noch zur Verfügung stehen und auch immer noch für viele Jahre zur Verfügung stehen werden. Das ist, glaube ich, das, was man jetzt sehen kann, und es trägt auch jetzt noch weiter zur Stabilisierung bei.

Ansonsten müssen wir natürlich immer dafür sorgen, dass wir gute, stabile Finanzen haben. Das ist etwas, das uns in Europa verbindet. Dazu will ich ausdrücklich sagen, dass Portugal im Hinblick auf die Stabilisierung von Finanzen zu den Ländern zählt, die Vorbildliches geleistet haben.

Frage: Herr Ministerpräsident, Herr Bundeskanzler, ich hätte eine Frage an Sie beide zur Ukraine. Deutschland und Portugal haben gemeinsam dafür gesorgt, dass die Ukraine Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 erhält. Herr Bundeskanzler, Sie haben es eben schon erwähnt. Welche weitere militärische Unterstützung ist jetzt mit Blick auf die erwartete ukrainische Frühjahrsoffensive notwendig? Sind da auch Waffen neuer Qualität notwendig? Können Sie sich vorstellen, dass auf Ihre Panzerallianz irgendwann - vielleicht schon in absehbarer Zeit - eine Allianz zur Lieferung westlicher Kampfjets folgen wird?

Herr Bundeskanzler, an Sie habe ich aus aktuellem Anlass noch eine Frage zum Sudan. Heute ist ein Evakuierungseinsatz der Bundeswehr aus Sicherheitsgründen abgebrochen worden. In wie großer Gefahr sind die deutschen Staatsbürger im Sudan? Können Sie sich vorstellen, dass die Bundeswehr neben den deutschen Staatsbürgern auch Staatsbürger anderer EU-Länder evakuieren wird? Es gibt ja zum Beispiel auch 16 Portugiesen, die noch im Sudan feststecken.

BK Scholz: Was die Unterstützung der Ukraine betrifft, ist, glaube ich, wichtig, dass wir uns darauf einstellen, dass wir lange in der Lage sein werden müssen, diese Unterstützung aufrechtzuerhalten, ob es nun um finanzielle oder humanitäre Mittel oder eben um die Lieferung von Waffen geht. Dass wir dazu bereit sind, haben wir in der Zeit seit dem Ausbruch des Krieges gezeigt. Ich glaube, dass jetzt alle verstehen, dass wir mit all dem Wünschen, das wir haben, hoffen dürfen, dass der Krieg zeitig zu Ende geht, aber dass wir uns mit aller Vernunft darauf vorbereiten müssen, dass es lange dauern kann. Das ist das, was wir tun, worüber wir uns auch unterhalten und worauf wir uns natürlich verständigt haben, wir beide hier, aber auch bei anderen Gelegenheiten, etwa im Rahmen der Europäischen Union.

Das, was jetzt erforderlich ist, ist im Kern mehr vom selben. Wir haben sehr viel Gerät zur Luftverteidigung geliefert, gerade, was die Gepard-Flakpanzer betrifft, was die Frage von Luftverteidigungssystemen betrifft, nicht nur schultergestützten, sondern eben zum Beispiel auch der Möglichkeiten, die sich mit dem amerikanischen System Patriot verbinden, das wir jetzt geliefert haben, oder mit IRIS-T, das wir geliefert und gerade wieder neu erweitert haben. Dazu zählen aber auch Schützenpanzer und Kampfpanzer und die Munition, die dazu gehört. Das wird sicherlich der Schwerpunkt dessen sein, was wir auch in Zukunft zu tun haben, um diese lange Durchhaltefähigkeit zu gewährleisten. Wie der Krieg konkret verlaufen wird, kann man schwer vorhersagen, aber wir alle sind sehr beeindruckt von dem Mut, von der Tapferkeit, aber auch von der Klugheit, mit der die Ukraine sich selbst verteidigt.

MP Costa: Wir haben ständig die Unterstützung der Ukraine aufrechterhalten, sowohl in finanzieller als auch in politischer und militärischer Hinsicht, sowohl in den bilateralen Beziehungen mit der Ukraine als auch im Rahmen der Europäischen Union oder auch anderer Länder. Das umfasst vor allem die finanzielle Unterstützung Polens für die Unterstützung der Flüchtlinge, die Polen vorangebracht hat, um die Ukrainer aufzunehmen, die direkt an der Grenze zu Polen leben. Wir haben sehr eng mit Deutschland zusammengearbeitet, vor allem bei der Lieferung der Leopard-2-Panzer, und wir sind weiterhin dafür verfügbar, mit Deutschland dabei zusammenzuarbeiten, ohne dass wir unsere eigene Abwehr schwächen, dass das Resultat so schnell wie möglich zum Frieden hinführt.

Zusatzfrage: Herr Bundeskanzler, die Frage zum Sudan noch! Wie gefährlich ist die Lage für die deutschen Staatsbürger? Wird die Bundeswehr auch Bürger anderer EU-Staaten evakuieren?

BK Scholz: Schönen Dank für die Nachfrage! Dass es diese Frage gibt, hatte ich im Eifer des Gefechts übersehen. Ich will aber gerne darauf antworten: Das ist eine schwierige, bedrohliche Situation. Der Krieg zwischen den Parteien, der da jetzt im Sudan ausgebrochen ist, ist sehr plötzlich über das Land gekommen. Viele im Land sind selbstverständlich sehr verzweifelt, aber auch viele Nachbarländer sind bedrückt über diesen von ihnen nicht erwarteten Ausbruch von schlimmen Gewalttätigkeiten. Natürlich ist das gefährlich, nicht nur für diejenigen, die dort als Bürgerinnen und Bürger des Landes leben, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger anderer Länder. Deshalb fühlen wir uns schon verpflichtet, die Möglichkeit zur Ausreise mit im Kopf zu haben und dazu beizutragen, dass das funktionieren kann. Wenn wir etwas machen, dann werden wir das nie nur auf uns selbst beziehen. Aber es ist ja ganz klar, dass das eine schwierige Lage ist, die wir sehr genau beobachten.

Frage: Herr Ministerpräsident, Herr Kanzler, bezüglich der eventuellen Privatisierung der TAP frage ich den Herrn Ministerpräsidenten, ob Sie das Gutachten, das es gibt, kennen und, wenn ich Ihre Worte bezüglich der Untersuchungskommission aufnehmen kann, ob Sie nicht mit dem Oppositionsführer übereinstimmen, dass dieses Abkommen in der Kommission bekannt sein soll, und ob Sie auch darüber besorgt sind, dass Herr Montenegro darüber gesprochen hat.

Ich möchte Sie auch fragen, ob es bei dem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz auch darum ging, eine eventuelle Zukunft von António Costa in Europa zu evaluieren.

Bitte vergessen Sie bei der Antwort auf die zweite Frage nicht, auch die erste zu beantworten.

MP Costa: Was die erste Frage angeht, habe ich nichts zu kommentieren. Die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse finden hier nebenan im Parlament statt. Das müssen wir natürlich respektieren. Da können wir nicht intervenieren. Die Regierung muss das natürlich respektieren und die normale Funktion weiter aufrechterhalten. Ich antworte natürlich nur politisch vor dem Parlament.

Bezüglich der zweiten Frage will ich sagen: Wenn ich nicht falsch liege, liegt Portugal in Europa. Meine Position ist hier in Portugal und in Europa.

Zusatz: Sie sagen, dass die Regierung nicht im Parlament interveniert, dass es bezüglich des Ministeriums der Infrastruktur und der Finanzen eine Einmischung bei den Arbeiten im Parlament gab und dass die anderen Parteien bei dieser Kommission nicht im selben Zeitrahmen sind.

MP Costa: Ohne, dass ich Ihnen hier widerspreche: Ich meine, dass die Regierung hier ihre Pflicht wahrnimmt, um bezüglich der öffentlichen Meinung zu antworten. Es ist eine Regierung der Transparenz, wenn sie A oder B entscheidet, um genau die Gründe zu nennen, warum diese Entscheidung getroffen wurde.

Frage: Eine Frage sowohl an den Ministerpräsidenten als auch an den Bundeskanzler: Sie haben eben die Pipeline angesprochen, die über Frankreich Portugal und Spanien an das europäische Energienetz anbinden soll. Ich hätte ganz gerne gewusst, ab wann Sie denn mit Lieferungen rechnen. Sind Sie zuversichtlich, dass Frankreich nicht doch noch einmal möglicherweise Hindernisse aufbaut, sodass die Pipeline nicht zustande kommt? Ab wann könnte Portugal an das europäische Netz angeschlossen werden?

Herr Ministerpräsident, eine Nachfrage zu dem, was Sie eben zu den europäischen Finanzen gesagt haben: Die EU-Kommission wird auch Vorschläge zur Änderung des Stabilitätspakts vorlegen. Wären Sie als sehr solide finanziertes Land dafür, dass die Defizitschuldenregeln gelockert werden, oder sind Sie da etwa eher auf der Position Deutschlands, das etwas vorsichtiger ist?

Herr Bundeskanzler, erlauben Sie eine Nachfrage zur Innenpolitik: Heute ist ein Kompromiss von zwei Ministern zum Austausch von Heizungen und der Förderung vorgestellt worden. Kurz danach hat der Finanzminister im Parlament gleich wieder Änderungen an diesem Kompromiss gefordert. Ist das die Arbeitsweise in der Ampelkoalition? Wo stehen Sie als Bundeskanzler in diesem Streit?

BK Scholz: Was die Frage betrifft, die an mich gerichtet ist, betrifft, kann ich gerne sagen, dass der Spruch von Peter Struck - ein früherer Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokratischen Partei, sage ich hier in Portugal - gilt: Kein Gesetz kommt so aus dem Bundestag raus, wie es die Regierung da reinschickt. – Das ist Demokratie. Die Regierung hat sich ein Konzept überlegt und das auf den Weg gebracht. Es ist sehr gut besprochen. Es sind viele Fragen beantwortet worden, die sich gerade die Bürgerinnen und Bürger gestellt haben. Jeder kann sicher sein, dass er vor keine unlösbare Aufgabe gestellt wird. Selbstverständlich darf das Parlament noch einmal in alle Richtungen durchleuchten, ob es irgendeine Schwierigkeit gibt, die nicht bedacht worden ist. Aber ich glaube, dass das schon eine Lösung ist, die so ziemlich alle Fälle, auf die man kommen kann, bedacht hat.

Insofern bin ich sehr glücklich darüber, dass als Ergebnis unseres langen Koalitionsausschusses heute dem Bundestag drei weitere Gesetze zugeleitet worden sind. Wir haben das schon in den letzten Wochen getan und werden das in der nächsten Zeit weiter tun. Das ist jetzt eine sehr produktive, sehr vorwärts weisende Phase, die wir auch für unser Land brauchen. Denn wir brauchen ja Tempo, damit wir den menschengemachten Klimawandel aufhalten. Wir brauchen Tempo, damit wir auch in Zukunft gute und sichere Arbeitsplätze haben und technologisch vorne an der Spitze der Welt sind. Gleichzeitig brauchen wir auch Tempo, damit wir den menschengemachten Klimawandel aufhalten können.

MP Costa: Vielen Dank für die beiden Fragen. Bezüglich der Frage des grünen Wasserstoffkorridors gibt es im Moment einige Investments für die Produktion von grünem Wasserstoff und vor allem für die Lieferung von grünem Wasserstoff. An zweiter Stelle sind wir schon in der Lage, Exporte auf dem Seeweg durchzuführen. Was die Gaspipeline zwischen Barcelona und Marseille angeht, wird diese Verbindung dazu führen, dass der Wasserstoff auf europäischer Ebene verteilt werden kann. Es kann natürlich noch Änderungen geben, wie auch schon der Verlauf geändert wurde.

Was die portugiesische Komponente angeht, sind wir vor allem auf den finalen Tross fokussiert, dass diese Infrastruktur nicht für Gas und Wasserstoff benutzt werden kann. Diese doppelte Nutzung nur für den grünen Wasserstoff ist nicht möglich, also müssen wir die Infrastruktur duplizieren. Es ist natürlich auf die Schnelle auch nicht möglich, dass wir die Lieferung von Naturgas, Erdgas unterbrechen können. Vielleicht ist Portugal auf Ebene der Europäischen Union etwas realistisch bezüglich der neuen Realität, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Im Moment können wir in Portugal im Erdgasnetz bis zu 20 Prozent grünen Wasserstoff erzielen. Das heißt, dass wir die (akustisch unverständlich) Infrastruktur rentabilisieren können, dass wir diesen Prozess bezüglich der Kapazität auch beschleunigen und uns gegenseitig unterstützen können, um einer neuen Realität entsprechen zu können, dass wir vor allem die Lieferquellen ändern können. Deswegen wurde von der Europäischen Union entschieden. Wenn es eventuell mehr Flexibilität gegeben hätte, würden wir wahrscheinlich schneller vorankommen. Die neuen Infrastrukturen brauchen natürlich Zeit, um aufgebaut zu werden.

Was die zweite Frage angeht, sind wir der Meinung, dass der Vorschlag der Kommission und auch der deutsche Vorschlag in die richtige Richtung gehen, dass wir Regeln haben, die realistischer und auch effektiver sind. Wir sagen dies sehr, sehr beruhigt, weil die Staatsfinanzen in Portugal auf einem guten Weg sind. Sowohl die von der Kommission vorgeschlagenen Regeln als auch die von Deutschland vorgeschlagen Regeln sind essenziell. Wenn wir auf die Erfahrungen aus der Vergangenheit schauen, sind dies realistische Regeln, die vom Markt vertrauenswürdig aufgenommen wurden und auch effektiv sind. Es müssen natürlich Regeln sein, die keine gegenteiligen und nachteiligen Effekte auf die Wirtschaft haben und nur auf das Ziel hinarbeiten. Darauf müssen wir hinarbeiten. Das ist die portugiesische Realität. Wir müssen natürlich zeigen, dass unsere Wirtschaft gut aufgestellt ist, dass wir unseren Staatshaushalt weiterhin ausarbeiten und deswegen unsere Stabilitätsziele erreichen und es schaffen müssen, in einem Jahr die Ziele, die wir ursprünglich hatten, zu erreichen, um unser Defizit weiter abzubauen. Wir sind das Land in der Europäischen Union, das sein Defizit am stärksten abgebaut hat. Wir haben das Defizit aus der COVID-19-Krise vollkommen aufgeholt und sind auf dem Niveau vor der Krise. Was die Reduktion in Bezug auf die Europäische Union angeht, sind wir sehr schnell vorangeschritten.