Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem Ministerpräsidenten von Australien Albanese am 10. Juli 2023 in Berlin

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BK Scholz: Sehr geehrter Herr Premierminister, lieber Anthony, welcome to Berlin! Ich freue mich, dich heute in deinem Amt erstmals in der deutschen Hauptstadt willkommen heißen zu können. Gerade in Zeiten wie diesen zeigt sich, wie wichtig der Austausch mit engen Partnern ist, auch mit Partnern, die eine halbe Welt entfernt sind wie unsere Freunde von Down Under.

Vor dem morgen beginnenden Nato-Gipfel in Vilnius haben wir die Gelegenheit genutzt, unsere Sichtweise auf den russischen Überfall auf die Ukraine und seine Folgen miteinander abzugleichen. Wir haben über die anstehenden Herausforderungen gesprochen, die unsere Länder umtreiben. Australien unterstützt die Ukraine ganz enorm, militärisch wie humanitär. Ich habe mich bei Premierminister Albanese für dieses starke Signal der Solidarität mit der Ukraine, aber natürlich auch mit Europa ausdrücklich bedankt.

Es freut mich besonders, dass Australien ab diesem Herbst auch einen Beitrag zur Luftraumüberwachung im östlichen Bündnisgebiet leisten und dazu ein AWACS-Flugzeug in Deutschland, genauer gesagt in Ramstein, stationieren will. Unsere beiden Länder treten gemeinsam für die regelbasierte internationale Ordnung ein. Wir sind uns darin einig, dass Grenzen akzeptiert werden müssen und nicht mit Gewalt verschoben werden dürfen. Nicht das Recht des Stärkeren darf gelten, sondern die Stärke des Rechtes muss durchgesetzt werden. Deshalb unterstützen wir die Ukraine, damit sie ihre Souveränität und territoriale Integrität verteidigen kann.

Die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Australien sind freundschaftlich und wirklich sehr eng. Im vergangenen Jahr haben wir das 70-jährige Bestehen unserer Beziehungen gefeiert. Es sind lebendige Beziehungen, die sich über kulturellen Austausch und zwischenmenschliche Kontakte, eine enge politische Zusammenarbeit und wirtschaftliche Verflechtung definieren.

Heute haben wir miteinander vereinbart, bei Fragen der wirtschaftlichen Sicherheit, Diversifizierung und der Resilienz von Lieferketten noch stärker zu kooperieren. Das ist ein Ziel der neuen deutschen Nationalen Sicherheitsstrategie. Politik und Unternehmen in unseren beiden Ländern stehen dabei vor sehr ähnlichen Aufgaben. Wir sind überzeugt, dass uns das ambitionierte Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Australien dabei helfen wird, diese Herausforderung zu bewältigen. Es wird unsere Regionen dabei unterstützen, unsere Handelsbeziehungen zu verbreitern und uns damit weniger von einzelnen Lieferanten abhängig zu machen.

Aus dem gleichen Grund haben wir heute vereinbart, die Zusammenarbeit unserer Volkswirtschaften auch beim Aufbau von Lieferketten für kritische Mineralien und Rohstoffe weiter zu vertiefen. Eine gemeinsame Studie wird konkrete Möglichkeiten der Zusammenarbeit identifizieren und untersuchen, wie wir dabei höchste soziale und ökologische Standards in einem regelbasierten Handelssystem umsetzen können.

Wir haben auch über Rüstung gesprochen. Ich freue mich über die gerade geschlossene Grundsatzvereinbarung zum Boxer. Sie unterstreicht unseren festen Willen zur Vertiefung unserer strategischen Zusammenarbeit als enge Wertepartner. Ich hoffe, dass wir bald auch noch bei weiteren Systemen kooperieren.

Eine klimafreundliche Energieversorgung war ebenfalls Gegenstand unseres Gesprächs. Wir wollen, dass Unternehmen aus Deutschland und Australien die Zusammenarbeit bei der Produktion und dem Transport von grünem Wasserstoff weiter vertiefen. Durch ihre Zusammenarbeit leisten Deutschland und Australien einen wichtigen Beitrag, damit wir die Klimaneutralität erreichen. Dafür wollen wir auch unsere bestehende Energiepartnerschaft zu einer Klimapartnerschaft ausbauen, um dem Klimawandel noch wirksamer zu begegnen. Ich freue mich, dass Australien angekündigt hat, dem Klimaclub beizutreten.

Lieber Anthony, schönen Dank für deinen Besuch!

MP Albanese: Herzlichen Dank, Herr Bundekanzler! Es ist wirklich eine große Ehre, heute als Gast von Bundeskanzler Scholz hier zu sein. Ich danke Ihnen sehr für die Freundschaft, die wir im letzten Jahr als Regierungschefs unserer Länder entwickelt haben. Vielen Dank auch für deine freundlichen Worte!

Australien kommt als Partner nach Deutschland. Es ist schon mein sechster Besuch hier in Berlin, aber mein erster als Premierminister. Wir sind Partner bei der grünen Energiewende, beim Freihandel und bei vertrauensbasiertem Handel, ein Partner in der Unterstützung der regelbasierten Ordnung und der Demokratie, Partner auch in der Solidarität mit der Ukraine. Australien und Deutschland sind enge Freunde, und die Partnerschaft und Freundschaft wächst weiter.

Die Bedrohungen der regelbasierten Ordnung zeigen sich in Europa und im Indopazifik, wo wir uns der gemeinsamen Sicherheit verschreiben. Deutschland durchläuft einen historischen Wandel hin zur CO2-Neutralität, und Australien hat sich ebenfalls als enger Partner in der Zusammenarbeit im Kampf gegen den Klimawandel und bei kritischen Rohstoffen gezeigt. Das Bekenntnis des Bundeskanzlers zum Freihandel ist für uns vor diesem Hintergrund von höchster Bedeutung.

In unseren Diskussionen heute waren wir sehr produktiv. Es waren herzliche Gespräche. Bei der Verteidigung grüner Wirtschaft und in vielen anderen Bereichen arbeiten wir zusammen. Wir haben über die laufenden Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien gesprochen. Das Freihandelsabkommen wird den Handel vielfältiger gestalten und die Handelsbeziehungen zwischen beiden Regionen stärken. In einer Zeit globaler Unsicherheiten wird es Stabilität bringen.

Ich danke dem Bundeskanzler sehr herzliche für seine Unterstützung eines ambitionierten Abkommens, das sowohl deutschen als auch australischen Unternehmen und Arbeitnehmern zugutekommen wird. Wir werden ein Abkommen dann abschließen, wenn es gut gestaltet ist und auch einen guten Zugang für unsere Agrarprodukte beinhaltet.

Das dringendste Thema, das wir angehen müssen, ist natürlich der Klimawandel. Beide, Australien und Deutschland, sind dem Kampf gegen den Klimawandel sehr verbunden. Ich habe Herrn Bundeskanzler Scholz herzlich zum Klimaklub gratuliert und mich ebenfalls gefreut, den Beitritt Australiens zu dieser Initiative verkünden zu können. Mit der G7, Argentinien, Chile, Kolumbien, Indonesien, den Niederlanden und Luxemburg schließen wir uns zusammen, in unseren Plänen sehr ambitioniert die Chancen im Kampf gegen den Klimawandel zu nutzen. Meine Regierung hat sich dem Ziel verschrieben, dass wir eine Energiesuperpower werden. Aber wir wollen auch eine Exportsuperpower werden und mit Deutschland an den Zukunftsindustrien zusammenarbeiten. Der Transport von Derivaten von grünem Wasserstoff nach Deutschland kann funktionieren. Unsere Unternehmen in beiden Ländern arbeiten daran, das umzusetzen. Arbeitsplätze in der Industrie sind wichtige Themen für meine eigene Regierung und für die Regierung von Bundeskanzler Scholz. Wir arbeiten zusammen, um die Lieferketten für kritische Rohstoffe in unseren beiden Ländern zu stabilisieren.

Morgen beginnt der Nato-Gipfel in Vilnius. Wir haben zum Beispiel auch im Indopazifik eine wichtige Rolle zu übernehmen. Es ist so wichtig, dass wir angesichts dieses unmoralischen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine zusammenarbeiten. Ich will dem Bundeskanzler für seine Führungsrolle, die er in der EU bei der Reaktion auf den russischen Angriff eingenommen hat, herzlich danken. Wir stimmen uns eng mit der Ukraine und anderen Partnern ab, um zu sehen, wie wir die Ukraine in der Verteidigung ihrer nationalen Souveränität am besten unterstützen können.

Wir werden auch die Sicherheit in Europa erhöhen, indem wir einen Frühwarnjet zur Verfügung stellen, der in Deutschland stationiert werden wird. Wir werden die militärische und humanitäre Hilfe an die EU aufrechterhalten. Wir werden 100 Menschen an Personal bereitstellen. Sechs Monate lang wird das Flugzeug im europäischen Luftraum aktiv sein. Wir danken Deutschland dafür, dass es diese Stationierung unterstützt. Das steh für den australischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der regelbasierten internationalen Ordnung. Ich habe heute noch einmal die australische Würdigung der deutschen Rolle im Indopazifik hervorgehoben und dem Bundeskanzler dafür gedankt, dass er dieses Signal in die angespannte Region gesendet hat.

Ich freue mich auf einen Besuch des Bundeskanzlers im Jahr 2024. Wir hoffen, dass dieser Besuch stattfinden kann. Das wäre auch ein wichtiges Signal.

Australien wird 2025 über 100 Boxerfahrzeuge an Deutschland liefern. Das wird einen der größten Rüstungsexporte der australischen Geschichte ausmachen. Über eine Milliarde Dollar fließt nach Australien in die Herstellung dieser Fahrzeuge. Rheinmetall hat in Queensland eine Produktionsstätte aufgebaut. Ich hatte heute mit Premierminister Perrottet ein Gespräch. Er hat sich sehr darüber gefreut, dass sichere Arbeitsplätze vor Ort in Queensland entstehen werden.

Deutschland und Australien sind Freunde. Die neuen Chancen und Herausforderungen, die sich bieten, bedeuten, dass wir auch in Zukunft noch stärker zusammenarbeiten müssen. Der Bundeskanzler und ich, wir stehen heute hier als Symbol dessen, dass wir unsere Freundschaft vertiefen werden und dass wir die Zukunft gemeinsam gestalten wollen.

Herzlichen Dank für den herzlichen Empfang, den Sie mir hier bereitet haben!

Frage: Ich habe eine Frage zum Aufklärungsflugzeug. Herr Premierminister Albanese, das bedeutet, dass Australien jetzt fast schon „boots on the ground“, Soldaten vor Ort, hat, in dem Falle in der Luft. Steht das für den Anfang einer neuen physischen Beteiligung des australischen Militärs an dieser breiten Kampagne?

Herr Bundeskanzler, was bedeutet es für Sie als Nato-Kraft, wenn ein Land wie Australien solch einen Beitrag leistet? Welche Botschaft sendet das aus Ihrer Sicht an Wladimir Putin?

MP Albanese: Herzlichen Dank, Mark! Das ist ein wirklich bedeutender, ein ernsthafter Beitrag. Wir hatten Treffen mit dem Verteidigungsminister aus der Ukraine und Minister Marles während des Shangri-La-Dialogs in Singapur. Beim G7-Treffen in Hiroshima habe ich Präsident Selensky kurz getroffen. Wir haben uns mit unseren Freunden in der Ukraine darüber ausgetauscht, wie Australien unterstützen kann. Wir sprechen aber auch mit unseren Freunden in der Nato und begrüßen es sehr, dass Deutschland uns hier begrüßen wird. Bis zu 100 Soldatinnen und Soldaten und das AWACS-Flugzeug, das ist ein wichtiger Beitrag.

Australien ist geografisch gesehen natürlich sehr weit weg von Europa. Eines der Dinge, die dieser Krieg ausgelöst hat, ist, uns daran zu erinnern, dass sich in der globalisierten, vernetzten Welt heutzutage eine Sache wie ein Landkrieg in Europa auf die ganze Welt auswirkt. Er hat Auswirkungen auf unsere Wirtschaft. Wir waren absolut schockiert von der Brutalität dieser Invasion und der kompletten Verachtung der internationalen regelbasierten Ordnung, von der wir hofften, dass sie für immer gelten würde. Deswegen ist es wichtig, dass sich die demokratische Welt zusammenschließt und reagiert, um die regelbasierte Ordnung zu verteidigen. Das ist wirklich ein bedeutender Beitrag, und zwar sowohl mit Blick auf die Auswirkungen, die das haben wird, als auch symbolisch gesehen. Das steht dafür, dass Australien tut, was wir können, um Ressourcen bereitzustellen, die den australischen Beitrag für die Unterstützung der Integrität der Grenzen und der Souveränität der Ukraine maximieren.

BK Scholz: Für uns ist es in der Tat sehr wichtig, zu wissen, wie sehr Australien die Ukraine unterstützt. Sie tut das zusammen mit sehr vielen anderen Partnern in der Welt. Die Ukraine braucht diese Unterstützung. Denn natürlich ist es bemerkenswert, mit welchem Mut die Männer und Frauen der ukrainischen Armee ihr Land verteidigen, und auch, wie widerstandsfähig das ganze Land ist.

Aber klar ist auch: Ohne die finanzielle und humanitäre Hilfe, aber auch ohne die Waffenlieferungen, die wir zur Verfügung stellen, würde es nicht möglich sein, sich in dieser Weise zu verteidigen. Deshalb freuen wir uns über die sehr massive Unterstützung, die auch von vielen Ländern in der Welt organisiert sind, die nicht unmittelbar Mitglied zum Beispiel der Europäischen Union oder eines Verteidigungsbündnisses, das sich auf den Atlantik beschränkt, sind. Vielmehr sind wir eben Partner in unseren internationalen Zusammenarbeitsformaten. Ich bin sehr bewegt, und wir werden unsere gute Unterstützung dafür gewährleisten, dass das von hier aus auch gut gemanagt werden kann - ein guter Schritt, ein bemerkenswerter Schritt.

Frage: Herr Bundeskanzler, ich habe eine Frage mit Blick auf den Nato-Gipfel am Dienstag und Mittwoch: Der türkische Präsident Erdoğan hat seine Zustimmung zu dem Nato-Beitritt Schwedens davon abhängig gemacht, dass die EU erst einmal den Weg für den EU-Beitritt der Türkei ebnet. Was halten Sie von diesem Vorstoß? Ist das ernst zu nehmen, muss man darauf reagieren?

Eine Frage an Sie beide: Am Freitag haben die USA angekündigt, Streumunition in die Ukraine zu liefern. Darauf hat es unterschiedliche Reaktionen auch der Verbündeten gegeben. Deutschland und Australien sind dem Abkommen zur Ächtung von Streumunition beigetreten. Ich würde von Ihnen beiden gerne wissen, ob Sie diese Lieferung ablehnen, ob Sie sie akzeptieren, weil die USA ein wichtiger Verbündeter sind, oder ob Sie sie sogar befürworten, weil sie der Ukraine in diesem Krieg gegen Russland hilft.

BK Scholz: Schönen Dank für die beiden wirklich wichtigen Fragen!

Zunächst einmal zum Beitritt Schwedens zur Nato: Dem steht, wenn man sich die Fakten anschaut, nichts mehr entgegen. Schweden würde sehr perfekt zur Nato passen: Es ist ein demokratisches Land, es ist ein Land, das über eine sehr leistungsfähige Landesverteidigung verfügt und diese auch so ausgerichtet hat, dass sie praktisch ohne Weiteres in den Nato-Zusammenhang hineinpasst. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass die Nato Finnland und Schweden als Mitglieder eingeladen hat, und ich bin froh, dass der Beitritt Finnlands schon erfolgt ist. Ich hoffe, dass es uns auch bald gelingt, dass Schweden Nato-Mitglied werden kann. Als die positive Botschaft aus den Äußerungen des türkischen Präsidenten nehme ich jetzt einmal, dass das auch aus seiner Perspektive eine vorstellbare Entscheidung der nächsten Zeit ist. Ich will mich weiter dafür einsetzen, dass sie so schnell wie möglich - am besten gestern und nicht heute - getroffen wird; denn Schweden erfüllt alle Voraussetzungen für eine Nato-Mitgliedschaft.

Die andere Frage ist eine, die damit nicht zusammenhängt, und deshalb, finde ich, sollte man das auch nicht als ein zusammenhängendes Thema verstehen. Sie wissen, dass die Europäische Union bei ihrem letzten Rat beschlossen hat, die Kommission zu bitten, uns über den Stand der Beziehungen zu berichten und darüber, wie wir die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei wieder verbessern und voranbringen können.

Was die zweite Frage betrifft: Das ist eine souveräne Entscheidung der Vereinigten Staaten von Amerika. Wir haben eine internationale Konvention unterzeichnet, die es uns verbietet, solche Waffen einzusetzen. Insofern können wir für uns sagen, dass wir das nicht tun, weil wir uns entsprechend eingelassen haben. Ein Kommentar der amerikanischen Entscheidung verbietet sich in diesem Zusammenhang.

MP Albanese: Auch Australien hat die internationale Konvention unterschrieben. Wir haben solche Waffen nicht. Wir beabsichtigen auch nicht, diese Position zu verändern. Ich schließe mich dem Bundeskanzler absolut an: Ich werde nicht kommentieren, was andere Nationen hier tun.

Frage: Herr Bundeskanzler Scholz, die indopazifischen Führungskräfte sind zum Nato-Gipfel eingeladen. Wir sehen, dass auch Japan eingeladen ist. Machen sich die europäischen Nationen Sorgen über die Sicherheit im Indopazifik? Sollte die Nato dort vor Ort sein?

Herr Albanese, was haben Sie Deutschland und Europa bezüglich der Sicherheitsbedürfnisse in der Region gesagt?

BK Scholz: Schönen Dank für die Frage! - Es ist ein gutes Zeichen, dass die Nato nun - ja nicht zum ersten Mal - seine indopazifischen Partner einlädt und wir ein gutes Gespräch, das wir bei vielen anderen Gelegenheiten haben, dann ganz gezielt fortsetzen. Das ist deshalb bemerkenswert, weil die Nato ja ein transatlantisches Bündnis ist, und das ist ganz woanders. Trotzdem verbinden uns gemeinsame Einsichten und Haltungen, und deshalb finde ich auch wichtig, dass wir die Kooperation, die wir haben, fortsetzen. Sie wissen, dass es für Deutschland, aber auch für andere Nato-Staaten längst Praxis geworden ist, auch mit eigenen Schiffen oder Flugzeugen vor Ort zu sein und miteinander zu üben, miteinander Verständnis zu entwickeln, und das werden wir auch fortsetzen.

MP Albanese: Zur Nato und der Einladung: Australien ist hier natürlich ein Gast, wenn wir morgen nach Vilnius reisen, und das ist eine sehr positive Sache. Etwas mehr als ein Jahr bin ich nun Premierminister, und wir wurden zu den Nato-Gipfeln immer eingeladen. Ich freue mich auf den Austausch mit Japan, Südkorea und Neuseeland und darauf, dass wir uns den Nato-Mitgliedern vorstellen können. Ich denke, das ist eine Chance, die Australien durchaus nutzen sollte, und dass wir auch teilnehmen sollten, wenn wir eingeladen sind. Ich habe mich auch sehr gefreut, zum G7-Treffen in Hiroshima eingeladen worden zu sein - erst vor Kurzem war ich dort.

Was unsere Region betrifft, so bin ich da ganz konsistent: Demokratische Nationen und Freunde wie Deutschland sind immer herzlich willkommen, sich in unserer Region zu beteiligen. Ich sehe das ganze sehr positiv. Es ist sehr gut, dass der Bundeskanzler die Region bereits besucht hat und dass wir unsere Zusammenarbeit ausbauen, und zwar sowohl wirtschaftlich - wir hoffen, dass das zu einem Freihandelsabkommen führen wird, und sind guter Hoffnung, dass wir das zeitnah abschließen können - als auch bei anderen Formen der Zusammenarbeit. Wir haben die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen, zwischen den Menschen, zwischen unseren Ländern verstärkt, sodass wir die Beziehungen zwischen unseren Ländern stärken können, weil wir für gemeinsame Werte stehen. Wir unterstützen die Demokratie, wir unterstützen den Respekt der Souveränität und den Multilateralismus durch verschiedene Foren. Das sind Werte, die auch absolut im Einklang mit unserer Wirtschaft stehen. Das ist also eine hervorragende Chance für mehr Zusammenarbeit mit Deutschland und auch für eine größere Präsenz von Deutschland im Indopazifik und eine größere Präsenz Australiens hier in Europa.

Frage: Herr Bundeskanzler, noch einmal eine Frage zur Ukraine und zum Nato-Gipfel: Der US-Präsident bietet der Ukraine jetzt eine Art militärische Schutzgarantie nach dem Israelmodell an, was ja schon sehr weitgehend klingt. Sehen Sie da nicht die Gefahr, dass so ein Modell einem Nato-Beitritt schon sehr nahe käme? Der Israelvergleich klingt ja gerade aus deutscher Sicht sehr tief und sehr bindend. Ist das Ihrer Meinung nach die richtige Bezeichnung dafür?

Ganz kurz eine Frage zum Ehegattensplitting: Schließen Sie sich da dem Vorschlag Ihres Parteivorsitzenden an?

An den Premierminister: Der Bundeskanzler hat gerade seiner Freude Ausdruck gegeben, dass Sie dem Klimaclub beitreten werden. Ihr eigenes Land baut gerade neue Kohlekraftwerke und fährt auch die Ausfuhr fossiler Energien hoch. Was für eine Folge hat es konkret, wenn Sie dem Klimaclub beitreten? Werden Sie diese Politik in den nächsten Jahren ändern?

BK Scholz: Es ist so, dass wir die Ukraine jetzt angesichts der ganz aktuellen Notwendigkeit, das eigene Land gegen den russischen Angriff zu verteidigen, unterstützen. Die Integrität und Souveränität der Ukraine ist für uns von größter Bedeutung, und deshalb sind wir nach den USA jetzt das Land, das die größte Unterstützung möglich gemacht hat - mit finanzieller Hilfe, humanitärer Hilfe, aber auch mit Waffenlieferungen -, und wir haben in unserer Budget- und Finanzplanung vorgesehen, dass wir auch in den nächsten Jahren unsere Verpflichtung weiter wahrnehmen können, damit die Ukraine in der Lage bleibt, sich zu verteidigen und ihr eigenes Land zu schützen.

Dass wir die Zusammenarbeit auch im Zusammenhang mit der Nato vertiefen werden, haben Sie ja schon wahrgenommen. Es wird den Nato-Ukraine-Rat geben, der eine Verstärkung der Kooperation bedeutet. Das begrüße ich sehr und das ist ein guter Fortschritt.

Gleichzeitig diskutieren wir, wie ich bereits seit vielen, vielen Monaten an dieser Stelle und auch an anderen Stellen immer wieder berichtet habe, über die Frage von Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach einem Friedensschluss, auf den wir ja immer hoffen wollen. Das ist eine Diskussion, die sehr intensiv geführt wird, und auch wir fühlen uns verpflichtet, die Möglichkeit von Sicherheitsgarantien zu gewährleisten. Wie die ausgestaltet werden können, ist im Gespräch. Der Vorschlag, den der amerikanische Präsident gemacht hat, ist einer, der jetzt nicht nagelneu ist, aber der eine große Rolle spielt und der ja auch ein bisschen ein Zeichen dafür gibt, was zum Beispiel das sein könnte. Aber da ist die Diskussion noch lange nicht zu Ende.

MP Albanese: Australien freut sich sehr, dem Klimaclub beizutreten; wir sind stolz auf den Beitritt. Wir haben in Australien kein neues Kohlekraftwerk geplant oder gebaut, und das ist schon seit zehn Jahren so. Es gab einige rhetorische Anschuldigungen, aber das entspricht nicht der Realität. Die Vorgängerregierung hatte 22 verschiedene Energiepolitiken zu neuen Kohlekraftwerken, hat aber keine wirklich durchgeführt, und zwar aus einem einfachen Grund: Die günstigste Form der Energie sind erneuerbare Energien; in Australien wie in anderen Gegenden der Welt ist das so. Wir haben minus 33 Prozent bis 2030 und Neutralität bis 2050 angestrebt. 82 Prozent unseres Stroms soll aus erneuerbaren Energien stammen, und in nur einem Jahr haben wir in der Regierung die Investitionen massiv angeschoben. Hier binden wir die Unternehmen, die Industrienetze, das herstellende Gewerbe und die australischen Gewerkschaften sowie die Naturschutzorganisation Greenpeace und andere wichtige Umweltakteure mit ein.

Wir freuen uns also sehr auf den Beitritt zum Klimaclub. Wir sind ehrgeizig und wir sagen auch, dass das nicht nur das Richtige für die Umwelt ist, sondern dass das auch das Richtige in Bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und in Bezug auf die Wirtschaft ist. Hier können wir viel voneinander lernen und viel zusammenarbeiten. Den Klimawandel kann man nicht auf nationaler Ebene angehen; das muss international geschehen, man braucht eine globale Antwort. Ich freue mich sehr über die Führungsrolle, die der Bundeskanzler und die Deutschland bei der Einrichtung des Klimaclubs schon so lange eingenommen haben.

Herzlichen Dank!