Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz, Ministerpräsident Weil und Ministerpräsident Wüst nach der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 4. Oktober 2022

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Im Wortlaut Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz, Ministerpräsident Weil und Ministerpräsident Wüst nach der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 4. Oktober 2022

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Dienstag, 4. Oktober 2022

BK Scholz: Meine Damen und Herren, wir haben hier heute sehr gut, konstruktiv und auch relativ zügig miteinander über die großen Herausforderungen beraten, vor denen unser Land steht und was deswegen zu tun ist. Wir alle wissen, dass der russische Angriffskrieg nicht nur furchtbare Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine hat, dass er mit furchtbaren Zerstörungen verbunden ist, was Städte, Dörfer und Infrastruktur des Landes betrifft, dass viele Menschen in der Ukraine gestorben sind und jeden Tag weiter sterben, sondern wir wissen auch: Dieser Krieg hat auch Konsequenzen für uns alle - in Europa, weltweit sogar, aber eben auch in Deutschland.

Deshalb war es sehr wichtig, dass wir sehr früh angefangen haben, uns auf diese Konsequenzen vorzubereiten, etwas dafür zu tun, dass die Energieversorgungssicherheit in Deutschland gewährleistet bleibt. Das haben wir seit Beginn dieses Jahres mit weitreichenden Entscheidungen gemacht, die dazu beigetragen haben, dass wir heute sagen können: Wir werden die Energieversorgungssicherheit für Deutschland wohl gewährleisten können.

Wir haben dazu beigetragen, dass wir neue Importmöglichkeiten größer nutzen an den westeuropäischen Häfen in den Niederlanden, Belgiens und Frankreichs.

Wir bauen neue Importmöglichkeiten an den norddeutschen Küsten mit neuen LNG-Terminals in Wilhelmshaven, Stade, Brunsbüttel und Lubmin an der Ostsee.

Wir haben die Speicher vollgemacht. Es sind heute über 92 Prozent Füllstand zu vermelden.

Wir sorgen dafür, dass Kohlekraftwerke nicht vom Netz gehen und diejenigen, die sich in Einsatzreserve befunden hatten, wieder mit Kohle Strom produzieren.

Wir nutzen die Möglichkeiten der süddeutschen Atomkraftwerke Anfang des Jahres für die Stromproduktion.

Wir haben zudem dafür gesorgt, dass alle Unternehmen, die dazu die Möglichkeit haben, schnell und unbürokratisch von Gas auf die Nutzung von Öl oder Kohle umsteigen können, um ihre Energieversorgungs- und Produktionsfragestellung zu lösen.

Das alles hat zu diesem Zustand geführt, dass wir heute sagen können: Wir werden wohl die Energieversorgungssicherheit gewährleisten können, obwohl es kein Gas mehr gibt, das über die Pipelines aus Russland nach Deutschland kommt, und obwohl wir jetzt sogar ganz aktuell von den dramatischen Zerstörungen an einigen der Pipelines in der Ostsee gehört haben.

Neben der Frage der Sicherheit der Versorgung stellt sich die Frage der Preise, der Inflation, der Energiepreise, gerade was Strom, Gas und Wärmeleistung betrifft. Das ist für uns alle ganz klar und gilt für die Bundesregierung genauso wie für die 16 Länder: Die Preise müssen herunter. Die Preise für Strom und für Gas können nicht da bleiben, wo sie heute sind.

Das gilt im internationalen Maßstab. Deshalb sprechen wir in der Europäischen Union mit vielen anderen darüber, wie wir dafür sorgen können, dass die heute überhöhten Preise wieder auf ein normales Niveau sinken. Wir stellen fest: Auch der Gaspreis ist zuletzt wieder gesunken. Aber das ist immer noch ein viel zu hoher Preis. Wir wollen, dass das weiter nach unten geht. - Das wird die eine Aufgabe sein.

Darüber hinaus müssen wir, solange das noch nicht der Fall ist, alles dazu beitragen, dass die Bürgerinnen und Bürger, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Familien, die Rentnerinnen und Rentner, die Studierenden, dass alle diejenigen, die Wärmeleistungen und Stromleistungen in Anspruch nehmen, ihre Rechnungen bezahlen können. Das ist nämlich angesichts der gegenwärtig zu verzeichnenden Preissteigerungen nicht für alle gewährleistet.

Darum haben wir uns entschlossen, mit zwei großen Bremsen dazu beizutragen, dass die Preise heruntergehen. Das tun wir mit der Strompreisbremse, die wir schon lange auf den Weg gebracht haben, an der wir hart arbeiten und für die jetzt die Europäische Union bei den Beratungen des Energierats am Freitag grünes Licht gegeben hat. Wir können also übermäßige Zufallsgewinne abschöpfen und sie dazu benutzen, die Strompreise für die Bürgerinnen und Bürger und für die Unternehmen zu senken.

Dazu gehört der Gaspreisdeckel, den wir auf den Weg bringen und der auch mit erheblichen Mitteln dazu beitragen soll, dass die Gaspreise, die Wärmepreise, wieder heruntergehen und wir das, solange es nicht auf dem internationalen Gasmarkt der Fall ist, mit den Möglichkeiten der Förderung tun, die wir hier in Deutschland haben.

Wir haben zur Finanzierung dieser Aufgaben den Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds neu belebt und werden ihn mit 200 Milliarden Euro ausstatten. Diese 200 Milliarden Euro sollen dazu beitragen, dass all das gelingt, dass die Gaspreise, die Wärmepreise, nach unten gehen - und zwar erheblich für die Unternehmen und für die Bürgerinnen und Bürger -, dass die Strompreise nach unten gehen können, auch durch Mittel, die aus diesem Zusammenhang stammen.

Wir werden außerdem die Unternehmen unterstützen, die Verträge über Gaslieferungen geschlossen haben, die seitens Russlands nicht eingehalten werden, und die sich jetzt schnell am Markt anderswo eindecken müssen und deshalb viel höher einkaufen müssen, als sie später liefern können. Das alles zusammen werden wir angesichts der großen Dimension dieses 200-Milliarden-Pakets schultern, das für dieses Jahr, das nächste Jahr und das übernächste Jahr gedacht ist.

Wir sind sehr froh, dass das eine Maßnahme ist, die jetzt ergriffen werden kann und die ihre dramatische Wirkung zugunsten der Bürgerinnen und Bürger und zugunsten der Unternehmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen jetzt entfalten kann.

Natürlich bedeutet das, dass diese 200 Milliarden Entlastung zusätzlich zu den drei Entlastungspaketen hinzukommt, über die sich die Bundesregierung schon verständigt hat, die schon in der Gesetzgebung des Bundestages waren oder sein werden.

Es sind drei Entlastungspakete von zusammen 95 Milliarden Euro. Wenn man alles zusammenfasst - die 200 Milliarden, die wir jetzt mit dem Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds zur Entlastung der Strom- und Gaspreise bereitstellen, und die Entlastungspakete I, II und III, die zusammen 95 Milliarden Euro ausmachen -, dann reden wir hier zusammen von 295 Milliarden Euro.

Der Bund wird davon knapp 240, 250 Milliarden Euro auf seine Kappe nehmen und finanzieren. Das ist die große Aufgabe, die wir schultern müssen. Selbstverständlich freuen wir uns, dass wir mit den Ländern jetzt sehr konstruktiv darüber sprechen können, wie wir die Dinge, die hier zu tun sind, gemeinsam voranbringen können. Das betrifft auch die konkrete Ausgestaltung der Entlastungsmaßnahme mit den Strom- und Gaspreisbremsen. Aber das gilt natürlich auch für die Entlastungspakete, die die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar entlasten sollen, die dafür sorgen, dass mehr Netto vom Brutto im Portemonnaie nachbleibt, dass es viel Unterstützung für diejenigen gibt, die Unterstützung brauchen.

Da gibt es noch Diskussionen, wie das im Einzelnen geschultert werden kann, die zwischen Bund und Länder nicht abgeschlossen sind. Aber ich habe den Eindruck, dass wir da auf einem sehr konstruktiven Pfad unterwegs sind und uns auch miteinander über diese Aufgabe verständigen werden. Auch die Länder haben sehr genau gesehen, wie groß der Beitrag des Bundes sein wird - in jedem Fall mit 240, 250 Milliarden Euro von den insgesamt 295 Milliarden -, die da als Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger fließen.

Dazu gehören auch Aufgaben, die nicht unmittelbar aus diesem Krieg folgen, aber zumindest teilweise, wie zum Beispiel die Frage der Kosten für Flüchtlinge aus der Ukraine, aber auch aus anderen Ländern. Wir sind miteinander verabredet, dass wir bis zum Ende des Jahres darüber eine Verständigung herbeiführen, wie der Bund die Länder bei der Finanzierung ihrer Aufgaben unterstützen kann. Dazu sind wir auch bereit, und das ist auch miteinander festgelegt, dass wir das tun werden.

Insgesamt ist es also sehr viel, was jetzt unsere Gemeinschaft auf ihre starken Schultern nehmen kann, damit nicht die einzelnen Bürgerinnen und Bürger, der einzelne Handwerksbetrieb, das einzelne Unternehmen das allein tun muss, was sicherlich zu viel wäre. Deshalb bin ich froh, dass ein solcher Schulterschluss, der ja dazugehört, wenn man etwas auf die eigene Schulter nimmt, auch zwischen Bund und Ländern gelingt. Das ist jedenfalls meine zuversichtliche Zusammenfassung des heutigen Gesprächs.

Ich will am Schluss nicht vergessen, mich bei Herrn Wüst als Chef der Ministerpräsidentinnen- und Ministerpräsidentenkonferenz für die gute Kooperation in der letzten Zeit zu bedanken, zusammen mit Frau Giffey. Ich bedanke mich bei Ihnen beiden für das, was Sie in den letzten Wochen und Monaten an guter Zusammenarbeit möglich gemacht haben. Ich freue mich auf die gute Zusammenarbeit mit Stephan Weil und mit Ihnen beiden dann in neuer Zusammensetzung. Ich glaube, eine freundschaftliche Kooperation zwischen Bund und Ländern ist das, was die Bürgerinnen und Bürger wollen, und das werden sie von uns auch bekommen.

MP Weil: Herr Bundeskanzler, meine Damen und Herren, auch von mir einen guten Abend. Das waren - das kann man sagen - sehr konstruktive Beratungen, und zwar vor dem Hintergrund einer Situation, die wir alle miteinander als ernst ansehen.

Es ist in vielen Beiträgen heute zum Ausdruck gekommen, wie groß im Einzelnen die Not von Bürgerinnen und Bürgern ist, von Unternehmen, von Menschen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten und dass all dies Themen sind, die wirklich auch an den Nerv vieler Menschen rühren. Wir sind uns auch miteinander bewusst, dass die klare Erwartung von Bürgerinnen und Bürgern darin besteht, dass sich die Politik in dieser Hinsicht nicht in erster Linie streitet, sondern wir sehr schnell auch gemeinsam zu Entscheidungen gelangen. Das teile ich ausdrücklich.

Es ist übrigens auch eine Erwartung, die ich derzeit aus besonderem Anlass tagtäglich in der Begegnung mit vielen Bürgerinnen und Bürgern gespiegelt bekomme. Deswegen bin ich mir sehr sicher, dass ich mit diesen Empfindungen nicht falsch liege.

Wir sind am letzten Donnerstag das letzte Mal in der Ministerpräsidentenkonferenz auseinandergegangen - allerdings infolge der Krankheit des Bundeskanzlers ohne die Bundesregierung. Wenige Tage später treffen wir uns wieder, und es hat sich doch etwas ganz Wesentliches verändert.

Das angekündigte und eben von Bundeskanzler Scholz erläuterte 200-Milliarden-Programm ist, glaube ich, von allen Beteiligten als ein großer, ganz wichtiger Schritt gewürdigt worden. Man muss einfach feststellen, dass das - beispielsweise gemessen an den großen Anstrengungen, die wir während der Bankenkrise oder während der Pandemie eingegangen sind - einfach ein weiterer großer Beweis dafür ist, dass wir einen Staat haben, der aktiv an der Seite seiner Bürgerinnen und Bürger und auch an der Seite der Wirtschaft steht, und dass wir auf dieser Grundlage auch noch wesentlich effektiver Maßnahmen werden ergreifen können, als das ohne einen solchen Schritt möglich gewesen wäre. Ich will also ausdrücklich noch einmal Dankeschön sagen. Ich empfinde das als einen Durchbruch in unseren Bemühungen, die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Energiepreiskrise einzudämmen.

Gleichzeitig haben wir heute zu einem Zeitpunkt beraten, an dem noch nicht die konkreten Entscheidungen getroffen werden können, beispielsweise, weil wir noch nicht wissen, wie genau die Energiepreisbremse, die Strompreisbremse und die Gaspreisbremse ausschauen werden. Die Bundesregierung hat hierzu bekanntlich eine Kommission von Expertinnen und Experten eingesetzt, die unter Hochdruck arbeitet, die aber, jedenfalls heute, noch keine Ergebnisse hatte. Es wird für alle verständlich sein, dass wir tatsächlich diese Grundlagen brauchen, um bewerten zu können: An welchen Stellen können wir so schon sagen, dass wir das Notwendige erreichen werden? Wo muss man nachsteuern, aber womöglich auch feststellen, dass bestimmte Dinge dann nicht mehr notwendig sein werden?

Deswegen haben wir dies heute genutzt, um noch einmal sehr gründlich die anstehenden Themen im Einzelnen durchzusprechen und insbesondere auch miteinander zu vereinbaren, dass wir sehr schnell zu Entscheidungen kommen werden. Was ist dafür notwendig? Erstens eine Konkretisierung, wie sich die 200 Milliarden Euro verteilen und welche Entlastungswirkung damit wo verbunden ist, und zweitens - auch das ist ein wichtiger Punkt, der vom Bundesfinanzminister plausiblerweise dargelegt wurde -, wie eigentlich die steuerlichen Erwartungen ausschauen. Sie wissen, dass jetzt die Herbststeuerschätzung ins Haus steht. Auch das ist sicherlich etwas, das wir wissen müssen, um zu sehen, wie es weitergeht.

Gleichzeitig haben wir eine Reihe von Themen angesprochen, bei denen wir noch nicht Konsens erreicht haben - aber das muss eben dann bis zum Ende geschehen -, zum einen das Thema des Wohngelds. Da vertreten die Länder bekanntlich die Position, dass diese Kosten doch vom Bund übernommen werden sollen. Wir werden künftig wohl mit einer Verdreifachung der Zahlen zu kalkulieren haben. Gleichzeitig muss ich sagen: Wir haben uns über das nochmalige sehr klare Bekenntnis der Bundesregierung gefreut, dass man zu einem deutlich vereinfachten Antragsverfahren gelangen will und dass das wesentlich praktischer angelegt sein soll. Das ist meines Erachtens deswegen außerordentlich wichtig, weil viele Menschen, die dann eigentlich zum Empfängerkreis dieser Sozialleistung gehören würden, wahrscheinlich durch ein aufwändiges, kompliziertes Antragsverfahren eher davon abgeschreckt werden würden. Das müssen wir vermeiden, und wir sehen da den konkreten Vorstellungen der Bundesregierung entgegen.

Es gibt weitere Themen, bei denen wir sehen, dass die laufenden Verhandlungen noch nicht zu Ende geführt sind, was aber geschehen muss. Das gilt beispielsweise für das Thema des Nachfolgemodells des 9-Euro-Tickets im ÖPNV, aber gleichzeitig auch für die Fortsetzung der Regionalisierungsmittel. Dahinter steht, um es einfach noch einmal zu erläutern, dass das 9-Euro-Ticket insbesondere in den Ballungsräumen eine ganz erhebliche Erleichterung ist, aber in vielen ländlichen Räumen, in denen das ÖPNV-Angebot schlecht ist, von den Bürgerinnen und Bürgern natürlich längst nicht so sehr als Entlastung wahrgenommen wird, wie es eine Verbesserung des Angebots werden würde. Das ist einfach ein Thema, an dem wir weiter miteinander arbeiten müssen, um zu einer Einigung zu gelangen.

Dann gibt es auch Bereiche, in denen die Länder in besonderer Weise als Sachwalter kommunaler Interessen auftreten. Wenn ich etwa beispielsweise an die Situation von Krankenhäusern und auch die kommunale Energiewirtschaft denke, dann sehen wir, dass große Schwierigkeiten auf diese Unternehmen zukommen. Die lassen sich noch nicht abschließend beziffern, weil auch dort natürlich die Energiepreisbremse Auswirkungen haben wird. Aber mutmaßlich werden wir auch in dieser Hinsicht noch zu diskutieren haben, was geschehen muss, um beispielsweise die Krankenhäuser in sicheres wirtschaftliches Fahrwasser zu bringen.

Alles in allem waren es also aus meiner Sicht gute Gespräche, die sich heute noch nicht in die ganz konkreten Ergebnisse haben ummünzen lassen, aber die Grundlage dafür gelegt haben, dass das möglichst schnell geschehen soll. Was heißt das? Wir werden in etwas mehr als zwei Wochen in Hannover die nächste Ministerpräsidentenkonferenz durchführen. Das ist eigentlich eine ohne die Bundesregierung, aber auf meine Bitte hin hat der Bundeskanzler zugestimmt, dass dann ein qualifizierter Zwischenbericht durch die Bundesregierung gegeben werden wird. Das wird uns schon einmal weiterhelfen, uns dann weiter an eine schnelle Entscheidung heranzuarbeiten. Dann wird es sehr schnell die Steuerschätzung geben, und wir hoffen, dass wir Ende des Monats beziehungsweise Anfang des nächsten Monats wirklich unter all das einen finalen Strich ziehen können. Wir sind uns nämlich gemeinsam bewusst, dass Bürgerinnen und Bürger vor allen Dingen schnell Klarheit haben wollen. Das gilt auch für viele Unternehmen. Je schneller diese Klarheit kommt, desto besser. Dass das eine ganz wesentliche Entscheidung ist, die sicherlich auch die Einstellung von vielen Bürgerinnen und Bürgern maßgeblich beeinflussen wird, dessen sind wir uns bewusst.

Ich will sagen, dass ich das heute als eine wesentliche Zwischenetappe empfunden habe und dass das, was wir hier miteinander diskutiert haben, sinnvoll gewesen ist und die Grundlage dafür bieten wird, dass wir dann demnächst hoffentlich insgesamt mit einem Konzept aufwarten werden können, das die Erwartungen von Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft erfüllt, das finanzierbar ist und das uns gleichzeitig die Gewissheit gibt, die Energiepreiskrise gemeinsam in den Griff zu bekommen. Herzlichen Dank!

MP Wüst: Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Herausforderungen dieses Herbstes und Winters sind groß und vielfältig. Die Menschen erwarten zu Recht von uns klare und verlässliche Lösungen, um gut durch diese Zeit zu kommen. In dieser Krise - das ist meine feste Überzeugung - ist ein Pakt der nationalen Einheit zwischen Bund, Ländern und Kommunen notwendig. Deswegen ist es richtig und wichtig, dass wir heute zusammengekommen sind. Die Länder sind nach reiflicher Vorbereitung der letzten Wochen auch heute konstruktiv und mit ausgestreckter Hand in diese Gespräche gegangen.

Herr Kollege Weil hat die offenen Fragen und Dissense ja gerade beschrieben. Deswegen will ich es auch ganz ehrlich sagen: Die Bundesregierung hat heute trotz der konstruktiven Einstellung der Länder kaum Kompromissbereitschaft in ganz wesentlichen Fragen erkennen lassen. Ich kann verstehen, wenn darüber viele Menschen enttäuscht sind, weil sie etwas anderes erwartet haben. Wir sind heute nur ganz wenige Schritte vorangekommen und noch längst nicht am Ziel. Das ist jetzt eine ehrliche Feststellung. Aus Sicht vieler Länder ist das im Ergebnis einfach zu wenig. Immerhin: Es gibt jetzt einen weiteren Fahrplan. Aber es besteht eben auch noch eine ganze Menge offener Fragen, die vor allem auch die Bundesregierung beantworten muss.

Für die Länder ist beim Thema der Energiepreisbremse wichtig, dass wir jetzt Klarheit und Tempo bekommen. Die Menschen wollen schnell und verbindlich wissen, wie hoch die Entlastung für sie persönlich konkret ausfällt. Unsere Unternehmen brauchen Klarheit bei den Energiekosten, um Angebote schreiben zu können, um planen zu können und disponieren zu können. Nur so bleiben Arbeitsplätze in dieser schwierigen Zeit sicher. Viele Betriebe fragen sich, wie sie jetzt durch die nächsten Monate durchkommen wollen. Dabei zählt jeder Tag. Die Heizsaison hat begonnen. Der Bund muss jetzt Planungssicherheit für die Menschen, für Unternehmen und für die Kommunen schaffen. Ich will es ehrlich sagen: Wir hätten uns deshalb gewünscht, dass wir heute etwas mehr über die Wirkung der Energiepreisbremse erfahren; wenn schon nicht den letzten Centbetrag, dann wenigstens einen Korridor. Erst wenn das klar ist und wenn wir dazu konkretere Informationen haben, kann man verlässlich beurteilen, ob das Gesamtpaket der Entlastungen auch wirklich sitzt.

Den Ländern ist wichtig, dass wir zielgenau entlasten. Die Menschen brauchen jetzt soziale Sicherheit. Das ist auch eine Frage dessen, wie wir über Herbst und Winter den gesellschaftlichen Zusammenhalt gewährleisten. Wir müssen deshalb diejenigen entlasten, die es wirklich in dieser Zeit brauchen, untere und mittlere Einkommen, kleine und mittlere Unternehmen, insbesondere energieintensive Unternehmen und aus meiner Sicht auch Pendlerinnen und Pendler. Die Länder haben deshalb durchgesetzt, dass der Bund und die Länder über spezifische Entlastungen in diesem Sinne sprechen, sobald der Bund sein Konzept zur Energiepreisbremse vorgelegt hat.

Mir ist wichtig, dass wir auch die Lage der Kommunen berücksichtigen. Für die Energieversorgung spielen ja die Stadtwerke vor Ort eine ganz wesentliche Rolle. Da ist unser Anliegen als Länder, dass es einen Schutzschirm für die Stadtwerke geben muss. Wir müssen auch weitere kommunale Belange berücksichtigen. Das Thema der Krankenhäuser mit sehr hohen Kosten durch die Energiepreise ist heute mehrfach angesprochen worden. Da kann man nicht wie in Büros einfach „Wir gehen einmal auf 19 Grad herunter“ sagen. Es ist ganz offensichtlich, dass das nicht geht. (Das betrifft) Universitätskliniken, Pflegeeinrichtungen und die komplette soziale Infrastruktur.

Bei der Finanzierung sind die Länder bereit, mitzutun, aber wir wollen natürlich eine faire Lastenteilung, die es den Kommunen und den Ländern ermöglicht, die Dinge, die sie in eigener Verantwortung zu tun haben, am Ende auch umzusetzen. Wenn ich einmal auf den ganzen Bildungsbereich von der Kita bis zur Uni oder Berufsschule schaue: Wir werden die doch nach zwei Jahren Pandemie nicht wieder zu machen wollen! – Es wird die Verantwortung von Kommunen und Ländern sein, das, was über die Energiepreisbremse nicht abgefangen wird, dann zu gewährleisten, und darum geht es, wenn wir über eine faire Lastenverteilung sprechen. In diesem Punkt ist die Bundesregierung den Ländern bisher nicht ansatzweise ausreichend entgegengekommen. Ich will allerdings fair sagen, dass der Bundeskanzler in Aussicht gestellt hat, dass es ein Entgegenkommen in einem Punkt geben wird. So weit, so gut.

Wir sehen große Belastungen für unsere Städte und Gemeinden: steigende Energiekosten, steigende Sozialkosten, die Unterbringung von Flüchtlingen, absehbarer Mehraufwand bei der Administration des Wohngelds, die Situation der Stadtwerke, die ich eben schon genannt habe, Kostensteigerungen im ÖPNV aufgrund der kompletten Energiekostensituation. Deswegen sind wir uns als Länder einig, dass das Gesamtpaket 3 in ein Gesamtpaket eingebettet werden muss.

Wir versuchen seit Wochen, dafür zu werben, dass es da eben auch noch andere Themen gibt. Zum Thema der Mobilität gibt es die Zusage, dass es einen Aufwuchs geben wird, auch jenseits der Frage einer Lösung für die Nachfolge des 9-Euro-Tickets. Ich will noch einmal sagen: Gerade die Kolleginnen und Kollegen aus den Flächenländern haben heute parteiübergreifend noch einmal gesagt, dass es nicht passieren darf, dass wir nachher eine Lösung für das Ticket haben, aber, weil ansonsten das Geld im ÖPNV nicht mehr vorhanden ist, Takte ausdünnen oder Linien einstellen müssen. Das kann man den Leuten, glaube ich, nicht erklären. Auch da müssen wir noch zu einer Lösung kommen. Auch das war heute leider nicht möglich. Daran sollen die Verkehrsminister jetzt noch einmal arbeiten.

Eine weitere Herausforderung ist in diesem Herbst das Thema der Flüchtlinge und der Flüchtlingskosten. Viele, viele Menschen helfen mit einem großen Herzen hier in unserem Land. Aber es sind eben auch viele Flüchtlinge gekommen, nicht nur aus der Ukraine, sondern weit darüber hinaus. Wir wollen und wir müssen für anständige Unterbringung sorgen. Es werden auch im Winter wieder mehr Menschen aus der Ukraine kommen. Das wird nicht aufhören, wenn dort der Winter, die Kälte, die Nässe in die Wohnungen kriecht. Wir wollen helfen, aber wir wollen an der Stelle eben auch, dass wir zur konkreten Umsetzung der Zusage der Bundesregierung kommen, die am 7. April gegeben wurde, eine Nachfolgelösung für die Finanzierung in diesen Fragen zu finden.

Die Verhandlungen von heute - Kollege Weil hat es richtig gesagt - können nur ein Zwischenschritt gewesen sein. Sie können kein Endpunkt sein. Wir werden auch in die weiteren Gespräche mit dem Bund mit Verantwortungsbewusstsein und konstruktiver Grundhaltung gehen. Wir müssen zu schnellen Lösungen kommen, damit die Menschen im Herbst und Winter Planungssicherheit haben.

Frage: Herr Scholz, Herr Weil hat gerade gesagt, die Erwartung der Bürger ist, dass es jetzt schnelle Entscheidungen gibt. Glauben Sie, Sie haben heute die Erwartung der Bürger enttäuscht? Denn der Eindruck, der aus Ihrem Treffen entsteht, ist, dass Sie sich nicht einigen konnten. Normale Bürger werden kaum Verständnis dafür haben, dass es an so einer Frage wie Aufteilung der Finanzierung scheitern soll, dass sie entlastet werden.

Herr Wüst, Sie haben das Paket von 200 Milliarden Euro eine „Wundertüte“ genannt. Sind Sie jetzt schlauer, was den Inhalt dieser Wundertüte angeht? Ist mit dem heutigen Tag die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass das Ganze am Ende im Vermittlungsausschuss ausgetragen werden muss?

BK Scholz: Es ist ganz einfach: Wir haben uns bereiterklärt, 250 Milliarden Euro von 295 Milliarden Euro aus der Bundeskasse zu nehmen. Das ist eine ordentliche Summe. Darunter sind neben den Dingen, die sich selbst aus der Konstruktion der Strompreisbremse finanzieren, auch die 200 Milliarden Euro zur Entlastung in Bezug auf die Energiepreise. Deshalb werden die Bürgerinnen und Bürger sehr schnell und sehr genau Bescheid wissen, wie die Bundesregierung die Entlastung vornehmen wird.

Es ist hier schon berichtet worden - ich wiederhole es noch einmal -: Wir haben aus gutem Grund eine Expertengruppe eingesetzt, um die Frage der Gaspreisbremse konkret zu besprechen. Sie hat heute getagt; sie wird am Wochenende wieder tagen. Ich gehe davon aus, dass wir nächste Woche Ergebnisse haben, zu denen wir uns dann auch sofort werden verhalten können und die dann auch für jeden nachrechenbar sein werden, wie seine Entlastung ganz konkret aussieht.

Das ist schon etwas, das sehr gut gemacht werden muss. Deshalb bin ich froh, dass Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aller Provenienz dabei sind, dass Vertreter und Vertreterinnen aus den relevanten Unternehmen – aus großen und kleinen Unternehmen, Versorgungsbetrieben sowie diejenigen, die im großen Maßstab Energie produzieren und mit Energie handeln - mit ihrer Expertise dazu beitragen, dass wir eine sehr vernünftige Lösung entwickeln. Selbstverständlich sind auch dort die Vorsitzenden vertreten - Frau Grimm, Herr Vassiliadis, Herr Russwurm –, die das alles managen. Das ist genau die richtige Gruppe, die jetzt zusammenkommt und die sich wirklich schon intensiv an die Arbeit gemacht hat.

Wenn man sagt, dass wir nächste Woche wohl die ersten Ergebnisse sehen und sagen können, wie wir das machen werden und dass wir das umsetzen werden, dann ist das, glaube ich, genau das, was die Bürgerinnen und Bürger erwarten. Sie wollen ja nicht ein Hin und Her. Sie wollen eine Lösung, die sitzt und tatsächlich dazu führt, dass sie nicht mehr mit Magenbeschwerden auf ihre Rechnungen gucken müssen, die jetzt von den Versorgungsunternehmen kommen, sondern wissen: Das geht runter. Selbst wer jetzt eine hohe Rechnung hat, weiß schon: Das wird wieder runtergehen. Das ist genau das, was wir mit immerhin 200 Milliarden Euro tun, was die Gaspreisbremse und Zuschüsse zur Strompreisbremse betrifft. Das kommt dann noch zu dem, was aus den Entlastungspaketen erwächst. Ich bin ganz froh, übrigens auch über die konstruktiven Beratungen und den freundlichen Ton.

MP Wüst: Eine Wundertüte ist ja erst einmal etwas Positives. Die Anerkennung für die Dimension des Pakets haben die Länder auch zum Ausdruck gebracht. Was die Frage angeht, was drinsteckt, sind wir heute nicht schlauer geworden. Daran hat sich heute nichts geändert.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie werden entschuldigen, dass man nach den drei Ausführungen hier den Eindruck hat, dass Sie nicht in derselben Sitzung waren, zumindest mit Herrn Wüst, der ja sehr klare Kritik geäußert hat, dass es keinerlei Entgegenkommen vonseiten der Bundesregierung gegeben habe. Was sagen Sie zu dieser Kritik? Warum ist es so, dass man sich bisher in keiner der Streitfragen einigen konnte?

Herr Weil, teilen Sie eigentlich die Kritik von Herrn Wüst oder haben Sie einfach eine andere Einschätzung von dem, was heute erreicht werden konnte? - Vielen Dank.

BK Scholz: Das war heute – ich will das noch einmal wiederholen – eine sehr konstruktive Beratung. Die Länder haben auch sehr genau verstanden, an welcher Stelle wir in dem weiteren Verlauf der Dinge, auch was das Gesetzgebungsverfahren betrifft, zu Verständigungen kommen werden und wo nicht. Herr Wüst hat es eben gesagt, Herr Weil hat es vorhin sehr ausführlich gesagt: Alle wissen schon ganz genau: Das ist schon eine ordentliche Nummer, die der Bund da macht. 250 Milliarden Euro ist nicht wenig Geld. Das soll zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger dienen. Das ist der Beitrag, den der Bund dort leistet. Mein Eindruck ist: Das wird anerkannt.

MP Weil: Ich denke, alle Beteiligten, die heute nach Berlin gekommen sind, wussten, dass dies noch nicht die Schlussberatung sein kann. Warum? Weil mit der Gaspreisbremse und den nachfolgenden Bremsen, die wir bei den Energiekosten haben, natürlich eine Unzahl von Folgewirkungen für andere Themen verbunden ist. Deswegen muss man tatsächlich am Anfang wissen: Wie genau funktioniert die Energiepreisbremse? Was genau sind die Konsequenzen? Wer wird wie begünstigt? Dann kann man vernünftigerweise die weiteren Maßnahmen treffen. Das halte ich für absolut plausibel. Ich jedenfalls habe nach den vorangegangenen Beratungen nicht erwartet, dass wir an dieser Stelle plötzlich unabhängig von diesen Themen alles andere lösen könnten. Das wäre nicht realistisch gewesen.

Wichtig ist aus meiner Sicht Folgendes:

Erstens. Eine prinzipielle Frage ist jetzt entschieden: Wird der Staat mit allem, was er kann, in den nächsten Monaten seinen Teil dazu beitragen, dass die Auswirkungen der Energiepreiskrise gedeckelt werden? Die Antwort lautet: Ja. Da ist mit dem 200-Milliarden-Euro-Programm der Bundesregierung eine überzeugende Antwort gegeben worden. Ich habe übrigens subjektiv den Eindruck, dass das bei vielen Menschen ausdrücklich angekommen ist.

Die zweite Frage ist: Wann genau werden wissen, wie es denn ist? Dass wir dafür wissen müssen, wie das Modell der Gaspreisbremse ausschaut, liegt auf der Hand. Es ist aus meiner Sicht auch richtig, dass wir jetzt nicht versuchen, darüber im politischen Hinterzimmer eine Entscheidung herbeizuführen, sondern dass das über eine Expertenkommission tatsächlich sehr gründlich vorberaten wird. Das ist ja kein triviales Thema. Bei dem dürfen wir uns keine Fehler erlauben. Das ist etwas, was wirklich fundamental ist. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass wir heute nicht zu abschließenden Entscheidungen kommen konnten.

Der dritte Punkt ist ebenfalls ein ganz wesentlicher: Wir haben es mutmaßlich auch mit einer spürbaren Eintrübung der steuerlichen Erwartung zu tun. Das, was bis jetzt Gegenstand der Steuerschätzung ist, dürfte wahrscheinlich doch um einiges nach unten zu korrigieren sein. Das bestimmt natürlich auch mit die Handlungsmöglichkeiten nicht nur des Bundes, sondern insbesondere auch der Länder. Wir als Länder erwarten, dass sich nach einem nicht ungünstigen Haushaltsverlauf 2022 die Verhältnisse in den Jahren 2023 und 2024 wesentlich nach unten korrigieren werden. Das ist dann natürlich auch für unsere Position eine maßgebliche Frage.

Mit anderen Worten: Bürgerinnen und Bürger können sicher sein, dass Bund und Länder gemeinsam alles tun, möglichst schnell die Klarheit zu schaffen, die jenseits der großen Summe auch jeder Einzelne für sich haben möchte. Das ist vonseiten der Bürgerinnen und Bürger ein berechtigter Anspruch. Gleichzeitig ist es ein hartes Stück Arbeit, dass da zu leisten ist, eine komplizierte Materie. Wir müssen wirklich maximalen Wert darauf legen, dass am Ende die Ergebnisse auch durch die Bank belastbar sind. Deswegen glaube ich, dass das sinnvolle Beratungen waren. Ich jedenfalls bin zufrieden und sehe, was mich angeht, mich in meinen Erwartungen bestätigt. Aber das ist ja von Person zu Person unterschiedlich.

Frage: Herr Bundeskanzler, warum musste denn die Flüchtlingsfinanzierung und auch die Frage der Regionalisierungsmittel wieder vertagt werden? Das ist ja eigentlich unabhängig von der Gaspreisbremse. Das kann man ja auch unabhängig davon betrachten.

Herr Weil, Sie sagten, die Not bei den Bürgerinnen und Bürger ist sehr groß. Wann muss denn die Gaspreisbremse spätestens kommen, um diese Not zu lindern?

BK Scholz: Es gibt für diesen ganzen Fragen Zeitpläne, die wir miteinander besprochen haben. Was die Flüchtlingsfinanzierung angeht, ist verabredet, miteinander zu reden und spätestens im November eine gemeinsame Grundlage zu schaffen. Das wird auch gelingen; da bin ich ganz, ganz zuversichtlich. Deshalb glaube ich, dass das schon richtig ist.

Zu den Maßnahmen, über die wir miteinander diskutieren, gehören natürlich auch die Fragen des öffentlichen Verkehrs. Das ist schon immer ein Thema zwischen Bund und Ländern gewesen. Das hat immer schon ein bisschen Zeit gebraucht, bis es gut geworden ist. So ist auch jetzt.

MP Weil: Wenn ich mich recht erinnere, wollten Sie wissen, wann ich glaube, wann die Gaspreisbremse kommen muss. Die Antwort lautet: so schnell wie möglich. Das führt zu der Frage: Wann wird das möglich sein? Nach dem, was wir gehört haben, gehe ich von Ende des Monats, Anfang des nächsten Monats aus. Der 27. Oktober ist das Datum, an dem die Steuerschätzung vorliegt. Danach muss es sehr schnell gehen, sodass wir dann hoffentlich noch im November den Beginn von Gesetzgebungsberatungen haben werden und in jedem Fall dieses gesamte Paket nach meinen Erwartungen im November, spätestens im Dezember tatsächlich beschlossen werden kann, sodass Bürgerinnen und Bürger an dieser Stelle dann auch wirklich Klarheit haben und zu Beginn des Jahres niemand unruhig schlafen muss, weil er jedenfalls weiß, wie die Verhältnisse sind. Ich glaube, der entscheidende Punkt des Ganzen ist, Tempo und Qualität miteinander unter einen Hut zu bringen. Daran arbeiten alle intensiv.

Frage: Herr Bundeskanzler, eine Frage zum neuen Wohngeld. Es gibt einen sehr ambitionierten Zeitplan. Das neue Wohngeld soll im Januar gelten. Es ist ein Haufen Bürokratie, so einen Antrag zu stellen. Können Sie denn den Bürgern versprechen, dass sie dann auch im Januar das Geld beziehen können?

BK Scholz: Wir arbeiten jetzt – das ist Ihnen aufgefallen - ganz unmittelbar an dem Gesetzgebungsverfahren. Darin sind zwei Dinge enthalten. Das ist einmal eine Einmalzahlung für die Wohngeldbezieher, was die Heizkosten betrifft. Die übernimmt übrigens vollständig der Bund. Das gehört auch zu den Sachen, die klar sind und deshalb nicht mehr neu verhandelt werden müssen. Dann gehört dazu, dass wir das Verfahren so unbürokratisch wie möglich gestalten werden. Es gibt dazu bereits Vorschläge, die in die Gesetzgebung eingegangen sind, aber auch die feste Verabredung zwischen den Ländern und dem Bund und auch vielen Vertretern der Praxis, dass wir in dem Gesetzgebungsverfahren zwischen erster, zweiter und dritter Lesung im Deutschen Bundestag all diese Praxisfragen beantworten. Wie kann man das schnell, einfach, unbürokratisch für die Bürgerinnen und Bürger machen?

Ich will unterstreichen, was Stephan Weil gesagt hat. Wir werden die Zahl derjenigen, die einen Antrag auf Wohngeld können, von etwa 600 000, 700 000 auf fast zwei Millionen erweitern. Das ist überall vor Ort eine Herausforderung für die Verwaltung. Aber es ist natürlich auch etwas, das nur dann gut gelingt, wenn alle sagen: Das ist mein gutes Recht. Wir wollen ja, dass jemand, der zum Beispiel ein kleines Einkommen aus seiner Arbeit hat, dass jemand, der eine nicht so hohe Rente hat, sagen kann: Da gehe ich hin. – Das ist ja keine Leistung, die sonst der Sozialstaat gewährt, sondern das ist etwas, das dazukommt, das ihm, so wie das Kindergeld, zusteht. Deshalb finde ich, dass das etwas ist, das ein Stück Normalität und etwas Selbstverständliches als Bürgerrecht ausstrahlen muss. Das wollen wir alle gemeinsam in der Art und Weise, wie es gemacht wird, erreichen, aber ganz besonders, indem wir sagen: Das steht euch zu. Das ist für euch.

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