Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz am 26. Februar 2023 in Bangalore

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BK Scholz: Indien ist eine Hightech-Nation, die große Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung, der Softwareentwicklung hat. Das kann man hier ganz konkret sehen - nicht nur auf diesem großen Campus eines deutschen Softwareunternehmens, das hier viele, viele Beschäftigte hat, sondern eben auch insgesamt, wenn man die Entwicklung hierzulande betrachtet. Deshalb ist die Zusammenarbeit, die wir uns in all diesen Fragen vorgenommen haben, auch von großer Bedeutung für Deutschland selbst. Wir wollen und müssen die Potenziale, die hier existieren, nutzen. Das trägt auch dazu bei, dass wir die Resilienz unserer eigenen Wirtschaft stärken können.

Im Übrigen findet darüber hinaus auch ein großer Austausch von Fachkräften statt. Mit den Gesetzen, die wir uns in diesem Jahr vorgenommen haben, mit den Vereinbarungen, die wir mit Indien schon getroffen haben, haben wir auch die Voraussetzungen geschaffen und werden sie auch weiterentwickeln, damit das tatsächlich im großen Umfang stattfinden kann.

Ich glaube, dass das Potenzial, das hier im Bereich IT-Entwicklung, Softwareentwicklung und künstliche Intelligenz existiert, etwas ist, das gut für die ökonomische Entwicklung in der globalisierten Welt und ganz besonders eben auch für uns ist. Auf alle Fälle aber - und das will ich sagen - ist es sehr beeindruckend, zu sehen, dass hier viele tausend engagierte junge Frauen und Männer arbeiten und Fähigkeiten haben, die wirklich beeindruckend sind.

Schönen Dank!

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben es ja gerade erwähnt: Ich möchte Sie auch nach dem Fachkräftethema fragen. Wenn wir hier durch die Stadt fahren, in Neu-Delhi, sieht man unglaublich viele, wirklich unglaublich viele junge Menschen, die wir, wenn sie denn gut ausgebildet sind, gut gebrauchen können. Sie treffen nachher Inder und Inderinnen, die kurz davor sind, als Fachkräfte nach Deutschland zu gehen. Was können Sie denen sagen? Was erwartet sie in Deutschland? Dass sie willkommen sind, werden sie sich denken können, weil wir sie so dringend brauchen. Aber womöglich fragen Sie ja auch, wo der Schuh drückt, was für Probleme es noch gibt. Die, die jetzt zu uns kommen, haben vermutlich die Probleme schon aus dem Weg geräumt. Was ist Ihre Botschaft an Inder und Inderinnen, die als Fachkräfte zu uns kommen?

BK Scholz: Deutschland ist ein Land, das hier in Indien große Wertschätzung genießt. Deshalb bin ich ganz sicher, dass viele die Möglichkeiten nutzen werden und wollen, als Fachkräfte in Deutschland tätig zu sein. Wir brauchen das in allen Bereichen der Beschäftigung, aber natürlich ganz besonders auch, wenn es um solche Kompetenzen geht, wie wir sie heute etwa im Bereich der Software- und IT-Entwicklung sehen konnten. Das gilt aber auch für viele, viele andere Bereiche.

Was können wir bieten? Wir sind ein Land, das ökonomisch sehr stark und offen für diejenigen ist, die mit Begeisterung ihr Talent einsetzen wollen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür werden wir, soweit sie verbesserungsnötig sind, verbessern. Das ist eines der großen Vorhaben der von mir geführten Regierung für dieses Jahr.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben Indien im vergangenen Jahr zum G7-Gipfel nach Elmau eingeladen. Der nächste Gipfel steht im Mai in Japan an. Würden Sie sich wünschen, dass Indien auch daran teilnimmt oder vielleicht sogar regelmäßig in den nächsten Jahren an den G7-Gipfeln teilnimmt?

BK Scholz: Ich bin sehr beeindruckt, dass sich auch bei allen anderen G7-Partnern der Eindruck festgesetzt hat, dass es richtig ist, sich nicht nur auf sich selbst zu beschränken, sondern viele Länder aus Asien, Afrika, dem Süden Amerikas an deren Diskussionen zu beteiligen. Deshalb besteht begründete Aussicht, dass es, wenn die Entscheidungen abschließend gefallen sind, darauf hinausläuft, dass das keine Eintagsfliege war, sondern dass wiederholt viele Partner aus Asien, Afrika und dem Süden Amerikas eingeladen werden. Ich jedenfalls setze mich dafür ein, habe aber den Eindruck gewonnen, dass die anderen das auch aufgegriffen haben, die in der G7 Verantwortung tragen. Deshalb wird es schon dazu kommen.

Frage: Ich habe eine Nachfrage zu den Fachkräften. Ich lebe hier in dem Land seit ein paar Jahren und rede mit vielen Leuten. Die sagen dann oft: Na ja, in Kanada, in Amerika kommen wir einfacher an Jobs. Da ist die Sprachbarriere nicht da. Die wollen uns dort haben. In Deutschland zahlen wir hohe Steuern. – Was kann man machen, um diese Fachkräfte tatsächlich auch für Deutschland zu gewinnen? Muss man da auch an der Kultur, vielleicht an der Willkommenskultur ein Stück weit arbeiten? Muss man den Unternehmen sagen: „Pass auf, die Sprache sollte kein Problem sein. Auch auf Englisch kann man hier durchkommen“? Was kann man da von deutscher Seite tun?

BK Scholz: Wir haben uns fest vorgenommen, dass wir das System der Fachkräftezuwanderung modernisieren, indem wir bürokratische Hürden im Rahmen der Regelungen, die wir schon haben, abbauen und es leichter machen, als Fachkraft nach Deutschland zu kommen, auch mit der eigenen Familie. Gleichzeitig wollen wir daneben ein neues System etablieren, dass man sich auch schon ohne einen ganz konkreten Job, aber mit viel Talent und Fähigkeiten um ein Visum nach Deutschland bemühen und dann in Deutschland einen Arbeitsplatz finden kann. Das wird auch funktionieren und ist Teil des Gesetzgebungsvorhabens. Dabei werden wir natürlich berücksichtigen, wenn jemand, der sich bewirbt, nicht nur viele Fachkenntnisse hat, sondern auch die deutsche Sprache beherrscht. Aber klar ist, dass wer als IT-Fachkraft nach Deutschland kommt, sich erstens locker mit all seinen Kolleginnen und Kollegen auf Englisch unterhalten kann, weil in Deutschland viele Englisch sprechen können und gleichzeitig von uns aus auch darin kein Hindernis gesehen wird, dass die zweite Fremdsprache oder die erste Englisch ist, und man sich dann eben das Deutsche erst allmählich aneignet, damit man sich mit all den anderen Freunden gut verständigen kann.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben gestern in Neu-Delhi schon ausführlich über den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und Ihre Sorgen deswegen gesprochen. Es gibt heute Berichte, dass ein Nato-Ukraine-Pakt vorbereitet wird, an deren Vorbereitung sich neben Großbritannien und Frankreich auch Deutschland beteiligen soll. Können Sie dazu etwas Aktuelles sagen?

BK Scholz: Es ist so, dass wir viele weitreichende Entscheidungen getroffen haben und diese auch miteinander im Ramstein-Format koordinieren, das ja schon seit einiger Zeit sehr gut funktioniert. Gegenwärtig ist eine große Aufgabe, dass wir dafür Sorge tragen, dass die jetzt zugesagten Kampfpanzer auch tatsächlich geliefert werden. Der Verteidigungsminister bemüht sich sehr darum, dass möglichst viele von unseren Kooperations- und Serviceangeboten Gebrauch machen, sodass sie möglichst schnell zur Verfügung stehen. Mehr gibt es zum heutigen Tag nicht zu sagen.

Frage: Herr Bundeskanzler, wir sind hier in einem Entwicklungszentrum von SAP in Indien. Sehr viele deutsche Unternehmen haben hier Entwicklungszentren gegründet. Macht es Ihnen als sozialdemokratischer Politiker, als sozialdemokratischer Bundeskanzler Sorgen, dass viele Unternehmen auch aus Deutschland hier Aufgaben nach Indien auslagern?

Zu den Fachkräften würde mich interessieren: Hier in Indien haben sehr viele Menschen das Problem, dass sie sehr lange auf Visa für Deutschland warten müssen. Auch Menschen, die in Deutschland einen Studienplatz haben, haben in der Vergangenheit diesen Studienplatz zum Beispiel öfter nicht antreten können, weil das Visum nicht rechtzeitig kam. Was können Sie da besser machen?

BK Scholz: Wenn man sich zum Beispiel diesen Campus des Unternehmens SAP anguckt, dann ist doch offensichtlich, was wir davon haben, dass hier Softwareentwicklung stattfindet, nämlich dass das Unternehmen als Ganzes gestärkt wird. Deshalb ist die Botschaft, die man hier mitnehmen kann, dass der starke Standort des Unternehmens in Indien gleichzeitig eine große Stärke für den Standort in Deutschland mit sich bringt. Und wir profitieren wechselseitig davon. Das gilt auch für den Austausch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zeitweilig in Deutschland und zeitweilig hier in Indien leben. Das führt dazu, dass die Kraft des Unternehmens stärker wächst, als wenn das anders wäre. Ich glaube, das gilt auch für alle anderen, die das machen. Wir haben also mehr davon zu profitieren. Wir werden viele Fachkräfte brauchen, um den Bedarf an Softwareentwicklung in Deutschland zu decken. Da wird es welche von hier geben, die nach Deutschland kommen.

Deshalb zu Ihrer zweiten Frage: Es ist so, dass wir die Visaerteilung vereinfachen wollen. Wir haben neben der gesetzlichen Modernisierung auch vor, das ganze bürokratische Verfahren zu modernisieren. Wir beschäftigen uns gegenwärtig damit, wie es stattfinden kann, dass es sicher ist - darum geht es ja auch -, aber gleichzeitig zügig und schnell ist und keine unnötigen Komplikationen mit sich bringt. Diesbezüglich sind schon sehr viele Reformvorschläge gesammelt worden. Wir arbeiten weiter daran. Die zuständigen Behörden versuchen jedenfalls, uns allen das Leben leichter zu machen und gleichzeitig zu gewährleisten, dass wir genau wissen, wer kommt.

Schönen Dank!