Europäischer Rat
Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich nach intensiven Beratungen auf einen Wiederaufbaufonds zur Bewältigung der Pandemie-Folgen sowie auf einen neuen "Mehrjährigen Finanzrahmen" verständigt. Der Europäische Rat habe eine "Antwort auf die größte Krise seit Bestehen der Europäischen Union" gegeben, erklärte Kanzlerin Merkel.
Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedsstaaten haben sich nach viertägigen Beratungen auf einen Mehrjährigen Finanzrahmen (MRF) für die Jahre 2021-2027 in Höhe von 1,8 Billionen Euro geeinigt. In den Jahren 2021 bis 2023 sollen davon 750 Milliarden für einen Wiederaufbaufonds zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bereitstehen. 390 Milliarden Euro davon werden als Zuschüsse, 360 Milliarden als Kredite zur Verfügung gestellt.
Haben uns "zum Schluss zusammengerauft"
"Wir haben die Weichen für die finanziellen Grundlagen der EU der nächsten sieben Jahre gestellt und gleichzeitig eine Antwort auf die größte Krise seit Bestehen der Europäischen Union gegeben", erklärte Kanzlerin Merkel nach Abschluss der intensiven Beratungen in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron. Merkel betonte, dass die Verhandlungen nicht einfach gewesen seien – "aber was für mich zählt, ist, dass wir uns zum Schluss zusammengerauft haben und dass wir jetzt auch alle davon überzeugt sind, aus dem, was wir beschlossen haben, auch wirklich etwas zu machen".
Zukunftsaufgaben im Fokus
Die Zuschüsse und Garantien aus dem Wiederaufbaufonds werden an Bedingungen geknüpft. Die Auszahlungen erfolgen in Raten und sind von Reformen und Projektfortschritten abhängig. Zudem stehen große Zukunftsaufgaben im Fokus: 30 Prozent der Ausgaben sind für Klima- und Digitalisierungsaufgaben bestimmt.
So fließen etwa zehn Milliarden Euro in einen "Fonds für einen gerechten Übergang". Das Programm hilft Regionen mit traditionellen Wirtschaftsstrukturen dabei, die EU-Klimaschutzziele zu erreichen. Auch die Forschungsförderung wird intensiviert. Insgesamt fünf Milliarden fließen in das Wissenschaftsprogramm "Horizon Europe".
Die Verhandlungen im Europäischen Rat werden von Ratspräsident Charles Michel geleitet. Die deutsche Ratspräsidentschaft steht vor allem in der Verantwortung, wenn nach der Einigung im Rat eine Übereinkunft mit dem Europäischen Parlament erzielt werden muss. Auch bei der Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für die einzelnen verabredeten Unterstützungsinstrumente wird Deutschland als Inhaber der EU-Ratspräsidentschaft eine wichtige Rolle spielen.
Projekte werden auf Zukunftsfähigkeit bewertet
Der Großteil der Zuschüsse soll über ein neues EU-Programm "Next Generation EU" verteilt werden. Mit diesen Mitteln werden staatlich vorangetriebene Investitionen und Reformen unterstützt. Mitgliedsländer können entsprechende Projekte bei der Kommission einreichen, die sie nach ihrer Zukunftsfähigkeit bewertet.
"Der Haushalt ist auf die Zukunft Europas ausgerichtet", betonte Merkel. Er berücksichtige zudem, "dass der Binnenmarkt in der schwersten wirtschaftlichen Krise der Europäischen Union weiterhin funktionieren kann und dass die Länder, die von der Pandemie in besonderer Weise betroffen sind, ihre Wiederaufbauleistungen verbessern können", so die Kanzlerin.
Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates finden Sie hier.
Zusätzliche Mittel für Deutschland
Im Rahmen der Verhandlungen über den "Mehrjährigen Finanzrahmen" wurden auch für Deutschland zusätzliche Gelder beschlossen. Jeweils 650 Millionen Euro sind für die Förderung der ostdeutschen Regionen und die ländliche Entwicklung vorgesehen.
Der Wiederaufbauplan und der "Mehrjährige Finanzrahmen" 2021-2027 (MFR) sind die zentralen Instrumente für die wirtschaftliche Erholung der EU. Zudem ist der EU-Haushalt ein bedeutendes Instrument zur Umsetzung der politischen Prioritäten. Erstmals ist im "Mehrjährigen Finanzrahmen" ein Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und ein Mechanismus zum Schutz des Haushalts verankert.
So wird es finanziert
Um die erheblichen Mehrkosten aufbringen zu können, haben sich die Staats- und Regierungschefs auf drei zusätzliche Finanzierungsquellen geeinigt. So wird es ab dem 1. Januar 2021 eine Steuer auf nicht recycelte Kunststoffabfälle ("Plastiksteuer") geben. Zudem wird die Kommission im ersten Halbjahr 2021 Vorschläge für ein CO2-Grenzausgleichssystem – eine CO2-Abgabe auf Importe in die EU – sowie für eine Digitalabgabe vorlegen. Diese Vorschläge sollen eine Grundlage für zusätzliche Eigenmittel schaffen, die Maßnahmen spätestens 2023 eingeführt werden.
So geht es weiter
Vor Inkrafttreten benötigt der neue "Mehrjährige Finanzrahmen" noch die Zustimmung des Europäischen Parlaments. In einem letzten Schritt müssen dann die Mitgliedsländer den Finanzrahmen noch ratifizieren – also als verbindlich anerkennen.