Rede des Bundesministers der Finanzen, Christian Lindner,

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Frau Präsidentin!

Herr Oßner, Sie müssen ein Magier sein, denn Sie haben gerade vorgeschlagen, dass Sie die Rücklage auflösen wollen, die in Ihrer eigenen früheren mittelfristigen Finanzplanung noch benötigt worden ist, um im nächsten Jahr die Schuldenbremse des Grundgesetzes einzuhalten. Das ist leider widersprüchlich. Der Wechsel von Regierung zu Opposition ist Ihnen nicht gut bekommen.

Ich will mich aber bedanken für die große Einigkeit beim Sondervermögen. Von diesem Sondervermögen für die Bundeswehr geht eine doppelte Botschaft aus: Wir stärken mit 100 Milliarden Euro Investitionen unsere Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung, aber wir tun dies parallel zur Schuldenbremse des Grundgesetzes. Die Schuldenbremse selbst bleibt für alle anderen Aufgaben und Vorhaben erhalten. Das ist die doppelte Botschaft: Wir antworten auf die sicherheitspolitische Zeitenwende mit der Stärkung der Streitkräfte. Wir antworten auf die ökonomische Zeitenwende aufgrund der Inflation durch die Rückkehr zu soliden Haushalten und das Ende immer neuer Schulden.

Damit folgen wir auch dem Rat der Europäischen Kommission. Denn die Europäische Kommission hat bei ihrem finanzpolitischen Ausblick zwar die allgemeine Ausweichklausel verlängert, zugleich hat sie aber nicht empfohlen, davon Gebrauch zu machen. Im Gegenteil, sie hat gesagt: Wir müssen zu fiskalischer Neutralität kommen, also nicht durch immer neue Subventionen und Ausgabenprogramme die Inflation nähren. Genau das muss unser Ziel sein. Rückkehr zur Schuldenbremse bedeutet, Druck von den Preisen zu nehmen, indem wir nicht immer mehr umverteilen und immer mehr Subventionen erfinden.

Herr Kollege Middelberg, im zweiten Regierungsentwurf 2022 haben wir genau Ihre Zahl von 99,7 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme eingehalten. Wir haben nicht mehr Schulden gemacht, als Sie in Ihrer Regierungszeit vorhatten. Aber wir haben mit Ihren Eckpunkten anderes gemacht: mehr für Bildung, soziale Aufgaben, Investitionen und Entlastung. Das zeigt: Bereits mit dem zweiten Regierungsentwurf hat die Ampel mit der Konsolidierung begonnen.

Aber neue Aufgaben kamen hinzu. Wir haben deshalb bekanntlich einen Ergänzungshaushalt vorgelegt, weil Dinge nicht vorhersehbar waren. Ich nenne als ein Beispiel – Dennis Rohde ist darauf eingegangen – eine Milliarde Euro Zuschuss, um die Liquidität der Ukraine zu erhalten, damit sie ihre Staatsfunktionen garantieren kann. Das zeigt: Die Ampelkoalition nimmt internationale Verantwortung wahr. Ohne den Ergänzungshaushalt und ohne die klaren Entscheidungen des Haushaltsausschusses wäre nicht gesichert, dass die Ukraine ihr Recht auf Selbstverteidigung verwirklichen kann.

Die Mehreinnahmen, die der Staat in diesem Jahr erzielt, die gibt er zurück. Wir haben ein Entlastungspaket beziehungsweise mehrere Entlastungspakete mit in der Summe über 30 Milliarden Euro geschnürt. Das, was uns an Mehreinnahmen zufließt, geht an die Bürgerinnen und Bürger zurück, auch dadurch, indem wir den von der CDU/CSU für das Jahr 2022 beschlossenen Steuertarif rückwirkend zum 1. Januar mit Arbeitnehmerpauschbetrag und höherem Grundfreibetrag korrigieren. Dieser Steuertarif und der Grundfreibetrag waren Ihr Erbe.

Es kommen neue Maßnahmen hinzu, zum Beispiel eine befristete Senkung der Energiesteuer; ab dem morgigen Tag gilt sie. Sie wird aus technischen Gründen nicht sofort wirksam sein. Es ist kein Geheimnis: Ich hätte ein anderes Modell vorgezogen. Ich hätte eine Beihilfe wie in Italien empfohlen, wo man direkte Vorgaben an die Mineralölgesellschaften machen kann. Das wäre mein Modell gewesen. Wir haben uns dann im politischen Diskurs für eine Steuersenkung entschieden. Diese Steuersenkung muss aber jetzt durchgesetzt werden. Das ist jetzt eine Aufgabe des Kartellamts. Wir müssen sicherstellen, dass die Steuersenkung bei den Autofahrern und bei den Pendlern ankommt. Denn für die ist das gemeint, nicht für die Mineralölgesellschaften. Es war ja auch Ihr Modell, die Steuern zu senken. Sie wollten ja sogar noch die Mehrwertsteuer senken, was aus europäischen Rechtsgründen ohne Weiteres nicht möglich gewesen wäre.

Ein letzter Punkt, zu den Stellen. Wir reden ja hier über den Einzelplan 08. Das hat bisher ja noch niemand getan, deshalb will ich es mal machen, weil auch Kritik von der CDU/CSU kam: Im Einzelplan 08 schlage ich vor – der Haushalt wird ja von Ihnen beschlossen –, 1.400 zusätzliche Stellen für Zöllnerinnen und Zöllner zu schaffen. Das ist eine Investition. Herr Middelberg, wollen Sie das nicht? Will die CDU/CSU nicht 1.400 zusätzliche Zöllnerinnen und Zöllner? Das ist eine Investition in die Wettbewerbsfähigkeit eines Exportlandes, damit Warenverkehr schnell abgewickelt werden kann. Es ist zugleich aber auch eine Investition in die Bekämpfung von Finanzkriminalität, Geldwäsche und Schwarzarbeit. Wollen Sie das nicht? Wir wollen das. Wir wollen das; denn unser Ziel ist es, die ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vor Mehrbelastungen zu schützen, indem wir die schwarzen Schafe dingfest machen und dafür sorgen, dass sie ihren fairen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten.