„Mit jeder Bombe entfernt sich Russland weiter aus der Weltgemeinschaft“

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Bundeskanzler Scholz in der Türkei „Mit jeder Bombe entfernt sich Russland weiter aus der Weltgemeinschaft“

Bei seinem Antrittsbesuch in der Türkei hat Bundeskanzler Scholz die engen bilateralen Beziehungen Deutschlands mit der Türkei gewürdigt. Schwerpunkte des Gesprächs mit Präsident Erdoğan waren Putins Überfall auf die Ukraine und gemeinsame Maßnahmen zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts.

5 Min. Lesedauer

Recep Tayyip Erdogan, Türkeis Staatspräsident, empfängt Bundeskanzler Olaf Scholz.

Bundeskanzler Scholz und der türkische Präsident Erdoğan betonten, es müsse so schnell wie möglich einen Waffenstillstand in der Ukraine geben.

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Kanzler Scholz betonte in Ankara angesichts des unvermindert weitergehenden Krieges, der furchtbaren Bilder und der Nachricht über schlimmes Leid in der Ukraine, man sei sich völlig einig in der Verurteilung des gewaltsamen militärischen Vorgehens Russlands in der Ukraine.

Es müsse so schnell wie möglich einen Waffenstillstand geben: „Das ist jetzt richtig, damit nicht weiteres Menschenleben gefährdet wird. Und es muss sichere Korridore geben, damit sich die Zivilisten aus den gefährdeten Orten unbeschadet herausbegeben können. Auch das muss sofort geschehen.“ Scholz betonte: „Mit jeder Bombe entfernt sich Russland weiter aus der Weltgemeinschaft.“

Diplomatische Bemühungen

Der gemeinsame Appell an den russischen Präsidenten sei: „Halten Sie inne - zu diesem Konflikt kann es nur eine diplomatische Lösung geben“, so Scholz. Der Bundeskanzler wies auf die intensiven Gesprächsbemühungen der letzten Wochen hin. Beide Seiten haben sich über ihre jeweiligen Gespräche mit Präsident Selenskyi und Präsident Putin ausgetauscht. Denn: „Es ist ganz wichtig, dass solche Gespräche nicht abreißen, sondern fortgesetzt werden. Aber wir müssen dafür Sorge tragen, dass jetzt auch bald Ergebnisse erzielt werden, die einen Waffenstillstand ermöglichen“, so Scholz.

Vor diesem Hintergrund begrüßte Scholz die Gespräche in Antalya in der vergangenen Woche. und die Bemühungen des türkischen Präsidenten, zu einer diplomatischen Lösung beizutragen: „Es ist gut, dass Sie Gespräche zwischen dem russischen und ukrainischen Außenminister vermittelt haben.“

35:32

Video Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan

Humanitäre Hilfe und sicherheitspolitische Unterstützung

Angesichts der vielen Hunderttausenden Flüchtlinge vor allem in Polen, aber auch in Deutschland und in der Türkei, betonte der Kanzler: „Wir sind alle mit der Aufgabe versehen, dafür zu sorgen, dass sich die Dinge dort anders entwickeln können.“ Außerdem wolle man dafür sorgen, dass sich die Ukraine selbst verteidigen kann, teils mit finanzieller, aber auch mit humanitärer sowie mit Waffenhilfe.  

In diesem Zusammenhang dankte Scholz der türkischen Regierung für die Schließung der Bosporus-Durchfahrt für Kriegsschiffe der kriegführenden Parteien im Rahmen der Anwendung der Montreux-Konvention. „Das ist ein ganz wichtiger Beitrag für die Deeskalation der aktuellen Krise – dafür will ich ausdrücklich danken“, so Scholz.

Der Kanzler hob hervor, dass vor allem die territoriale Integrität und die Souveränität der Ukraine außer Frage stehe, denn die „Verletzung des Souveränitätsrechts der Ukraine ist eine außerordentliche Verletzung des europäischen Rechts und Friedens in Europa.“    

Als Konsequenz der veränderten Sicherheitssituation sei eine gute Zusammenarbeit innerhalb der Nato besonders wichtig, betonte Scholz. Daher werde Deutschland gemeinsam mit anderen Nato-Staaten die konkrete Präsenz entlang der Ostgrenze der Nato verstärken, zum Beispiel im Baltikum und in der Slowakei mit dem Air Policing über Rumänien.

„Der gewaltsame Bruch des Rechts, den Russland vornimmt, bedeutet, dass wir sicher und stark genug sein müssen.“ Deshalb sei eine gut funktionierende Verteidigung besonders wichtig. In diesem Zusammenhang hob Scholz das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands hervor.   

Energiepolitische Kooperation

Der Kanzler wies auf die Bedeutung der Weiterentwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen hin. Dabei hob er insbesondere die Energiekooperation hervor. Mit Blick auf das deutsche Ziel, schnell aus den fossilen Energien auszusteigen, betonte er die Notwendigkeit verstärkter Zusammenarbeit bei den erneuerbaren Ressourcen, zum Beispiel bei dem Import von Wasserstoff, aber auch bei der Diversifizierung der Energieversorgungsinfrastruktur.

Ziel sei, sich aus der Abhängigkeitssituation von Russland zu lösen und Stück für Stück die notwendige Souveränität für eigene Entscheidungen zu schaffen, „egal, wie sich die geopolitischen Verhältnisse entwickeln.“ Dabei seien Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Türkei möglich, beispielweise bei der Errichtung von LNG-Terminals an den deutschen Küsten zum weltweiten Import von Gas.

Transatlantische Gemeinschaft stärken

Um als demokratische, westliche Staaten eng zusammenarbeiten, sei die Zusammenarbeit innerhalb der Nato eine wichtige Grundlage. „Es ist wichtig, dass die Staaten, die in der Nato versammelt sind, einschließlich der Türkei, eng kooperieren und gemeinsam wissen, dass wir unsere Sicherheit verteidigen müssen.“ Dabei seien die regionale Zusammenarbeit sowie Fragen in Zusammenhang Demokratie und Menschenrechte besonders wichtig.

Der Kanzler begrüßte in diesem Zusammenhang die Gespräche der Türkei mit dem israelischen Präsidenten und dem griechischen Regierungschef.   

Zusammenarbeit mit der EU

Zur Vertiefung der Beziehungen zwischen der Türkei und der EU wies Scholz auf die Intensivierung der hochrangigen Dialoge zwischen beiden Seiten und die Weiterentwicklung der Zollunion hin.

„Wichtig ist auch unsere unveränderte Zusammenarbeit bei der Migration und der Aufgabe, Menschen, die fliehen, Schutz zu bieten“, sagte Scholz. Dies sei eine humanitäre Verpflichtung, der man folgen müsse.

Bilaterale Partnerschaft

Angesichts der vielen türkischstämmigen Menschen, die schon lange in Deutschland leben, und der vielen aktiven türkeistämmigen Vertreter auf der politischen Bühne wies Scholz auf die Bedeutung der guten bilateralen Beziehungen hin: „Wir wollen die engen bilateralen Beziehungen weiter verbessern“.

Mit Blick auf die Differenzen und unterschiedlichen Ansichten ging der Kanzler auf Fragen der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sowie die Verfahren gegen deutsche Staatsangehörige in der Türkei ein, die derzeit in Haft sitzen oder mit Hausarrest belegt sind. „Wir hoffen, dass es für viele Fälle eine baldige Lösung geben wird.“

„Wir wollen unsere bilateralen Beziehungen nach Kräften ausbauen und die gewaltigen Potenziale unserer Zusammenarbeit voll ausschöpfen. Dafür steht meine Regierung“, betonte der Kanzler. Bundeskanzler Scholz wurde bei seinem ersten Besuch in der Türkei mit militärischen Ehren empfangen. Vor seinem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten legte er einen Kranz am Atatürk-Mausoleum nieder.

Deutschland und die Türkei verbinden vielfältige und enge Beziehungen, zu denen circa drei Millionen türkeistämmige Menschen, die in Deutschland leben, einen wichtigen Beitrag leisten. Deutschland ist wichtigster Handelspartner und einer der größten ausländischen Investoren in der Türkei. 2020 betrug das bilaterale Handelsvolumen 36,6 Milliarden Euro. Die Türkei ist seit 2005 EU-Beitrittskandidat, wobei die Bundesregierung die Beitrittsverhandlungen als einen Prozess mit offenem Ende betrachtet. Die Bundesregierung unterstützt die Türkei im EU-Rahmen und bilateral bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen in der Türkei und stärkt dabei auch die Strukturen aufnehmender Gemeinden.