Engere Kooperation im Bereich Migration

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Bundeskanzler empfängt Kenias Präsidenten Ruto Engere Kooperation im Bereich Migration

Deutschland und Kenia wollen ihre Zusammenarbeit in vielen Bereich ausbauen und dabei auch neue Kooperationsfelder betreten. Das sagte Kanzler Scholz bei einer Pressekonferenz anlässlich des Besuchs von Kenias Staatspräsidenten William Ruto im Kanzleramt.

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Freitag, 13. September 2024
Bundeskanzler Olaf Scholz und William Ruto, Präsident von Kenia.

Die beiden Staaten haben ein Migrationsabkommen vereinbart, das das Anwerben von Fachkräften erleichtern soll, aber auch die Rückführung irregulär Eingereister.

Foto: Bundesregierung/Steffen Kugler

Die Verbindungen zwischen Deutschland und Kenia seien gut, hat Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Treffen mit dem kenianischen Staatspräsidenten William Samoei Ruto gesagt. Er freue sich beispielsweise, dass die beiden Staaten „bei der Zukunftstechnologie grüner Wasserstoff intensiv kooperieren“. Ein wichtiges und gemeinsames Anliegen sei auch die engere Zusammenarbeit im Bereich Migration.

In Anwesenheit von Scholz und Ruto unterzeichneten Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Kenias Außenminister Musalia Mudavadi sowie die Staatsministerin des Auswärtigen Amtes, Katja Keul, daher ein umfassendes Mobilitäts- und  Migrationsabkommen. Für Kenianerinnen und Kenianer eröffnet das Abkommen neue Perspektiven, da Fachkräfte oder junge Menschen künftig für eine Ausbildung nach Deutschland kommen können. Gleichzeitig sieht die Vereinbarung ein wirksames Rückkehrverfahren für diejenigen vor, die aus Kenia nach Deutschland gekommen sind, allerdings kein Bleiberecht haben. „Aus meiner Sicht ein ganz wichtiges Abkommen“, so der Bundeskanzler.

Das Wichtigste aus der Pressekonferenz in Kürze:

  • Klima- und Entwicklungspartnerschaft: Deutschland unterstützt mit der Klima- und Entwicklungspartnerschaft seit 2022 Kenias Weg, auf nicht-fossile Energieträger zu setzen. "Kenias starkes Engagement für Klima überzeugt auch andere afrikanische Länder", sagte Scholz.
  • Partnerschaftsabkommen mit der EU: Durch das Abkommen erhalten Unternehmen aus Kenia besseren Zugang zum europäischen Markt und werden in faire, nachhaltige Lieferketten eingebunden.
  • Internationale Zuammenarbeit: Afrika müsse in internationalen Institutionen stärker repräsentiert werden, fordert der Bundeskanzler. Denn afrikanisch geführte Initiativen für Frieden und Stabilität in Afrika werden künftig noch an Bedeutung gewinnen. Kenia nehme schon jetzt eine ganz wichtige Rolle ein, um zur Stabilität am Horn von Afrika beizutragen.

Präsident Ruto ist anlässlich des Bürgerfests des Bundespräsidenten in Berlin, bei dem Kenia in diesem Jahr Gastland ist – als erster außereuropäischer Staat.

Sehen Sie hier das Video der Pressekonferenz:

37:01

Video Pressekonferenz des Bundeskanzlers und Kenias Staatspräsidenten

Lesen Sie hier die Mitschrift der Pressekonferenz:

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)

Bundeskanzler Scholz: Sehr geehrter Herr Staatspräsident, dear William, herzlich willkommen in Berlin, genauer, zu deinem dritten Besuch hier in der Bundeshauptstadt! Gern erinnere ich mich an meinen Besuch in Kenia im vergangenen Jahr zurück. In Nairobi haben wir damals 60 Jahre diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Kenia gefeiert. Wie gut das Verhältnis zwischen unseren beiden Ländern ist, würdigt auch unser Bundespräsident. Auf Einladung von Frank Walter Steinmeier ist Kenia in diesem Jahr Partnerland für das Bürgerfest. Zum ersten Mal überhaupt widerfährt einem Land außerhalb Europas diese besondere Würdigung. Ein Bürgerfest ist dafür genau der richtige Rahmen. Denn unsere Beziehungen werden zuallererst von den Verbindungen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern unserer Länder getragen.

Kenia ist eine gefestigte Demokratie mit einer engagierten Zivilgesellschaft, die immer wieder auch Kontakt zu deutschen Institutionen sucht. Manche Entwicklung in Afrika, insbesondere im Sahel, bereitet Anlass zur Sorge, weil dort Regierungen oft gewaltsam gestürzt werden. Zugleich aber können wir auch beobachten, dass sich immer mehr Afrikanerinnen und Afrikaner für politische und soziale Teilhabe einsetzen. Wenn das friedlich und frei möglich ist und bleibt, ist das ein Ausdruck von lebendiger Demokratie. Umfragen zeigen klar – das ist ein wichtiger Befund –, dass die meisten Afrikanerinnen und Afrikaner die Demokratie für die beste Regierungsform halten.

Die Verbindungen zwischen unseren beiden Staaten sind gut. Kenia und Deutschland arbeiten schon in vielen Bereichen eng zusammen, und wir weiten diese Zusammenarbeit ständig aus. Dieses Jahr haben wir neue Kooperationsfelder betreten. Ich freue mich, dass wir zum Beispiel bei der Zukunftstechnologie des grünen Wasserstoffs intensiv kooperieren.

Ein weiteres und wichtiges gemeinsames Anliegen für uns beide ist es auch, im Bereich der Migration enger zu kooperieren. Wir haben gerade gesehen, wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Staatsministerin Keul und Kenias Außenminister Mudavadi ein Abkommen zum Thema der Mobilitätspartnerschaft unterzeichnet haben, aus meiner Sicht ein ganz wichtiges Abkommen. Für Kenianerinnen und Kenianer eröffnet es Perspektiven, weil Fachkräfte oder junge Leute für eine Ausbildung nach Deutschland kommen können. Das kann uns dabei helfen, den eklatanten Fachkräftemangel auszugleichen, dessen erste Auswirkungen wir jetzt spüren, der uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten aber noch begleiten wird. Das ist also eine gute Sache. Außerdem sieht das Abkommen – das ist quasi die andere Seite der Medaille – wirksame Rückkehrverfahren für diejenigen vor, die aus Kenia zu uns gekommen sind, aber kein Bleiberecht bei uns haben oder erwerben können. Sie können jetzt einfacher und schneller zurück in ihre Heimat gelangen.

Auch im wirtschaftlichen Bereich geht es voran. Die Europäische Union, die für die Fragen zuständig ist, und Kenia haben nun ein Partnerschaftsabkommen abgeschlossen. Damit erhalten Unternehmen aus Kenia besseren Zugang zum europäischen Markt und werden in faire, nachhaltige Lieferketten eingebunden. Davon profitiert Kenia, eine der größten Volkswirtschaften Subsahara-Afrikas und Vorreiter der Digitalisierung. Für deutsche Unternehmen, die in der Region vielfach schon sehr präsent sind, wird Kenia ein noch attraktiverer Partner.

In einer für die Zukunft entscheidenden Frage ist Kenia bereits weit vorn: Mehr als 90 Prozent des Stroms gewinnt das Land aus erneuerbarer Energie. ‑ Damit ist Kenia ein Klimachampion. Bei meinem Besuch im vergangenen Jahr habe ich mir ein eindrucksvolles Geothermiewerk anschauen können. Für die weitere Entwicklung braucht Kenia auch viel mehr Strom. Das Land geht dabei den eingeschlagenen Weg konsequent weiter. Es setzt auf nicht fossile Energieträger. Mit der Klima- und Entwicklungspartnerschaft, die wir 2022 vereinbart haben, unterstützt wir das. Kenias starkes Engagement für Klima überzeugt auch andere Länder. Das ist wichtig für die kommende COP in Baku.

Kenia nimmt zudem eine ganz wichtige Rolle ein, um zur Stabilität am Horn von Afrika beizutragen. Es engagiert sich vielseitig, um die Krisen in der Region zu bewältigen, zuletzt etwa durch die Initiative für einen Dialog im Südsudan.

Es liegt auf der Hand: Afrikanische Initiativen für Frieden und Stabilität in Afrika werden künftig noch an Bedeutung gewinnen.

Ebenso liegt auf der Hand: Afrika muss in internationalen Institutionen stärker repräsentiert werden. Ich sehe es als einen wichtigen Schritt in diese Richtung und freue mich darüber, dass die Afrikanische Union nun Mitglied der G20 geworden ist. Diese Entscheidung hat Deutschland gern unterstützt. Ich freue mich außerdem, dass Kenia daran interessiert ist, den G20 Compact with Africa weiterzuentwickeln. Das ist eine gute Entscheidung. Wir sind gern dazu bereit, auf diesem Feld auch unsere praktische Kooperation weiter zu intensivieren.

(auf Englisch) William, herzlichen Dank dafür, dass Sie heute in Berlin sind, und viel Spaß beim Bürgerfest des Bundespräsidenten. Herzlich willkommen!

Staatspräsident Ruto: Vielen Dank, Herr Bundeskanzler! Herzlichen Dank für die Gastfreundschaft, die Sie mir und meiner Delegation entgegengebracht haben, und für die Einladung, als erstes nicht europäisches Land Teil und das Partnerland beim Bürgerfest 2024 in Berlin zu sein!

Kenia und Deutschland haben eine lange gemeinsame Geschichte und stehen für gemeinsame Werte. Sie haben es ganz richtig angesprochen. Kenia und Deutschland teilen die Werte der Freiheit, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, Werte, die uns am Herzen liegen und die wir sehr schätzen, die uns sehr wichtig sind und die uns leiten. Unsere Geschichte steht im Zusammenhang der frühen Jahre, auch vor unserer Unabhängigkeit, als die deutschen Missionare Dr. Krapf und Rebmann in unser Land gekommen sind. Mit ihnen haben sich die engen Beziehungen zwischen Kenia und Deutschland entwickelt. Anschließend haben wir bilaterale Beziehungen zwischen unseren Ländern aufgebaut, diplomatische Beziehungen, die sich hervorragend entwickelt haben. Heute stehen wir auf festem Grund enger, herzlicher Zusammenarbeit, enger Beziehungen, die unseren beiden Ländern zugutekommen.

Ich möchte Ihnen sehr herzlich dafür danken, dass Sie vergangenes Jahr Zeit gefunden haben, nach Kenia zu reisen. Im Anschluss an diesen Besuch sind einige der Vereinbarungen entstanden, die wir heute unterzeichnet haben, beispielsweise das umfassende Migrations- und Arbeitsmobilitätsabkommen, das einen Rahmen für den Ausbau der Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern und der Beziehungen zwischen unseren Menschen bietet, sodass wir nun die Möglichkeit haben, das Potenzial, das in Deutschland liegt, und auch das Humankapital, das wir in Kenia haben, wo wir eine große junge Bevölkerung haben, die innovativ ist und hart arbeitet, wirklich zu nutzen. In Zusammenarbeit mit Deutschland können wir das zusammenbringen, die Innovationskraft, die Kreativität, die Energie, das Talent, das Wissen unserer jungen Menschen mit deutschen Investitionen, der deutschen Technologie, den Ressourcen, und dann eine Win-win-Situation für beide schaffen. Ich freue mich sehr, dass wir heute dieses Abkommen unterzeichnet haben, das neue Chancen für junge Menschen in Kenia bietet, sodass sie auch in Deutschland arbeiten können, und, wie Sie bereits gesagt haben, Herr Bundeskanzler, auch jenen eine Chance bietet, die nicht in Deutschland bleiben können, sodass sie auch wieder nach Hause kommen. Ich kann Ihnen versichern, dass Kenia ein wunderschönes Land ist. Kein Kenianer wird ein Problem damit haben, nach Hause zu gehen. Denn wir haben ein wunderbares Land. Wir werden uns nun anschauen, wie wir die Ressourcen, die wir haben, gemeinsam nutzen können und wie wir das gegenseitig für die deutsche Wirtschaft, für die kenianische Wirtschaft und für die Menschen in unseren beiden Ländern nutzbar machen.

Exzellenz, ich möchte auch sagen, dass es mir, als ich hierher kam, eine große Freude war, dem Compact with Africa beizutreten, der für uns eine Investitionschance bietet, eine Chance für Handel und wirtschaftliche Tätigkeiten zwischen unseren beiden Ländern vor dem Hintergrund der Steigerung unserer Zusammenarbeit, um wirklich Chancen, Projekte und Programme zu schaffen, auf die wir uns heute verständigt haben. Wir haben Mechanismen für einen bilateralen Rahmen geschaffen, der es uns ermöglicht, das Potenzial im Bereich von Handel, Investitionen und auch Wirtschaftsbeziehungen, das es ja gibt, zu nutzen.

Ich möchte auch sagen, dass wir vor diesem Hintergrund im Dezember einen Wirtschaftsgipfel in Nairobi ausrichten. Dort werden unsere Wirtschaftsvertreter zusammentreffen und sich die Chancen anschauen können, die es gibt, Hürden abbauen, die die Zusammenarbeit noch behindern, und bessere Brücken für deutsche Unternehmen und kenianische Unternehmerinnen und Unternehmer bauen, um sich zusammenzuschließen und unsere Handelsbeziehungen, Investitionsbeziehungen und unsere Wirtschaftschancen auszubauen.

Ich möchte Deutschland ebenfalls sehr herzlich dafür danken, dass Sie an Kenia und an unseren Kontinent glauben. Sie haben die Beteiligung Afrikas an der G20 gefördert und unterstützt. Ich habe dem Bundeskanzler bereits gesagt, dass wir umfangreiche Reformen der Institutionen der Afrikanischen Union durchführen, sodass wir das Ganze viel besser aufstellen können und dass wir es auch anpassen an die Notwendigkeiten des 21. Jahrhunderts. Die Afrikanische Union kann Afrika dann viel wirksamer vertreten und kann einen Mechanismus schaffen, sodass die Welt uns dabei unterstützen kann, Situationen der Instabilität auf unserem Kontinent anzugehen.

Das dient auch dazu, einen Rahmen zu bieten für die riesigen Möglichkeiten, die es in Afrika gibt – von erneuerbaren Energien bis hin zu mineralischen Ressourcen, Bodenschätzen und dem riesigen Humankapital, das wir auf unserem Kontinent haben. Es gibt 1,4 Milliarden Menschen im afrikanischen Markt, und wir müssen miteinander wirtschaftlich aktiv sein.

Ich habe meinem lieben Kollegen Bundeskanzler Scholz mitgeteilt, dass Afrika bereitsteht. Kenia steht bereit, um zusammenzuarbeiten und eine bessere Welt zu schaffen. Unsere Beteiligung am Bürgerfest dieses Jahr zeigt das auch ganz deutlich. Kenia und Deutschland sind enge Freunde. Deutschland ist das erste Land, das die kenianische Unabhängigkeit anerkannt hat. Heute ist es wieder so, dass Deutschland Kenia als das erste nicht-europäische Land eingeladen hat, am Bürgerfest teilzunehmen. Das spricht ja Bände über das starke Fundament zwischen unseren beiden Ländern und über die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Menschen in Kenia und den Menschen in Deutschland.

Ich möchte noch einmal betonen, dass wir in Kenia der beste Ort für deutsche Investitionen, deutsche Unternehmen und deutschen Handel sind. Ich gebe Ihnen gerne auch noch drei Gründe dafür mit an die Hand.

Erstens: Wir haben mit das beste Humankapital auf der ganzen Welt. Etwa 12 deutsche Unternehmen haben sich in Kenia schon niedergelassen und können das bezeugen.

Zweitens: Wir haben einen Rahmen für die Wirtschaft sowie für Investitionen und Handel mit Sonderwirtschaftszonen und Exportzonen geschaffen, um sicherzustellen, dass wir das richtige Umfeld geschaffen haben, um Investitionen und Handel anzukurbeln.

Drittens: Wie Sie alle wissen, bestehen 93 Prozent unseres Stromnetzes aus erneuerbaren Energiequellen. Wenn Sie also einen Ort suchen, wo ein Teil Ihrer Industrialisierung dekarbonisiert werden soll oder kann, dann ist das Kenia. Wir wollen unser Netz so ausgestalten, dass wir bis 2030 zu hundert Prozent grün sind.

Wir werden dabei mit Deutschland zusammenarbeiten; denn Sie haben ein Büro für grünen Wasserstoff in Nairobi eröffnet, sodass wir deutsche Expertise, deutsche Technologien nutzen können, um unsere natürlichen Energiequellen zu nutzen, Düngemittel zu produzieren und andere grüne Produkte herzustellen, beispielsweise Stahl und Eisen. Ich möchte Deutschland einladen, sich der afrikanischen Initiative für grüne Energien anzuschließen. Elf Länder in Afrika arbeiten hier bereits zusammen. So wird es uns gelingen, die verfügbaren Ressourcen zu nutzen und die Chancen zu ergreifen, die auch in Europa liegen – mit den Ressourcen, die in Afrika liegen.

Noch einmal herzlichen Dank! Ich freue mich auf das Bürgerfest heute Abend. ‑ Vielen Dank.

Fragerunde im Anschluss:

Frage: Ich habe eine Frage, die sich an beide richtet, sowohl den Bundeskanzler als auch den Präsidenten: Die US-Regierung hat vorgeschlagen, dass der UN-Sicherheitsrat um zwei ständige Mitglieder aus Afrika erweitert werden sollte. Herr Bundeskanzler, sind Sie auch dafür? Auch an den Präsidenten: Haben Sie beide Vorschläge, welche afrikanischen Länder das sein sollten? Wird diese Debatte auch Thema auf dem Zukunftsgipfel in New York sein?

Herr Bundeskanzler, aus gegebenem Anlass: Zwei Schiffe der Bundesmarine sind durch die Straße von Taiwan gefahren. Befürchten Sie jetzt verschlechterte Beziehungen mit China? Gehen Sie auf Peking zu, um diesen Schritt zu erklären, oder nicht?

Bundeskanzler Scholz: Schönen Dank für die vielen Fragen. Ich will gerne sagen, dass es uns ein großes Anliegen ist, dafür zu sorgen, dass die afrikanischen Staaten im Sicherheitsrat eine größere Rolle spielen. Das entspricht der Politik, die wir in Bezug auf die G20 schon verfolgt haben. Der Compact for the Future, an dem wir zusammen mit Namibia als Co-Chair und zusammen mit den Vereinten Nationen arbeiten, wird auch die Forderung aufnehmen, dass eine stärkere Repräsentanz erforderlich ist und wir eine Reform der Sicherheitsratsarchitektur brauchen. Wir haben auch selber Vorstellungen dazu, was uns und andere Länder, mit denen wir in aller Welt eng verbündet sind, betrifft. Es betrifft aber eben auch Afrika, und da sind wir sehr entschieden. Das ist eine Politik, die wir seit Langem verfolgen und die uns jetzt auch weiter wichtig bleibt, gerade im Hinblick auf die von Ihnen erwähnte Zusammenkunft und die dortigen Beschlüsse, die bevorstehen.

Zu der der Passage von Schiffen gibt es nicht viel zu sagen. Das ist eine internationale Wasserstraße.

Staatspräsident Ruto: Es war immer die Position Afrikas, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen demokratisiert werden soll. Eine Organisation, die sich für Demokratie und für Repräsentanz ausspricht, kann so nicht weiter bestehen. Ein Kontinent mit 1,4 Milliarden Menschen hat da keine Stimme und wird gar nicht gesehen. Es war immer unsere Position als afrikanischer Kontinent, dass die Repräsentanz von Afrika im UN--United Nations-Sicherheitsrat längst überfällig ist.

Ich selbst habe darüber mit Präsident Biden gesprochen, als ich auf Staatsbesuch in den USA war, und ich bin unendlich dankbar, dass die USA nun vorgeschlagen haben, dass zwei neue Sitze für Afrika geschaffen werden sollen. Ich weiß, Sie werden mich jetzt fragen: Welche Länder sollen das sein? Das wird eine Entscheidung sein, die bei uns liegt. Wenn die zwei Sitze verfügbar sein werden, werden wir uns als Kontinent damit befassen, wen wir dort haben wollen.

Ich möchte Bundeskanzler Scholz sehr herzlich für seine Unterstützung danken, wenn es darum geht, dass Afrika in der wichtigsten globalen Institution, nämlich dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, repräsentiert sein soll. Es ist nicht haltbar, so weiterzumachen wie bisher. Der UN--United Nations-Sicherheitsrat in seiner aktuellen Form kann so nicht weitermachen. Deswegen ist das eine begrüßenswerte Entwicklung, und ich bitte die anderen Mitglieder des Sicherheitsrates, diese Vorschläge auch zu unterstützen und mitzutragen.

Frage: Herr Bundeskanzler, wenn Sie gestatten, eine Frage zur heutigen Festnahme eines mutmaßlichen Islamisten in Bayern: Wie bewerten Sie diese Festnahme und die – zumindest ersten Erkenntnissen zufolge – erfolgreiche Arbeit der Sicherheitsbehörden, denen es, wie es scheint, gelungen ist, eine schwere staatsgefährdende Straftat zu vereiteln?

Bundeskanzler Scholz: Zunächst einmal unterstreiche ich Ihr Lob der Sicherheitsbehörden. Die leisten gute Arbeit, überall in Deutschland und auch gemeinsam. Es ist unsere Aufgabe, die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger mit all den Möglichkeiten, die wir haben, zu garantieren. Dazu gehören dann auch Aufklärungserfolge.

Die Natur der Sache gebietet, dass ich zu dem konkreten Fall hier an dieser Stelle nichts weiteres Konkretes sage. Das muss an anderer Stelle und zur gegebenen Zeit erfolgen.

Frage: Herr Präsident Ruto, ein Schwerpunkt des gerade unterzeichneten Migrationsabkommens ist die Anwerbung kenianischer Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt. Welche Branchen und welche Berufe sehen Sie da im Mittelpunkt? Stehen Sie dieser Anwerbung nur positiv gegenüber, oder befürchten Sie vielleicht auch, dass es dadurch Probleme für Ihren eigenen Arbeitsmarkt geben könnte?

Herr Bundeskanzler, wir haben ja auch eine innenpolitische Debatte über die bessere Steuerung von Migration. Sie haben sich am Mittwoch im Bundestag grundsätzlich offen dafür gezeigt, weitere Gespräche mit der Opposition zu führen. Gilt diese ausgestreckte Hand auch für den Vorschlag, den Ihr Finanzminister jetzt gemacht hat, nämlich einen Vierergipfel auf die Beine zu stellen, an dem Sie, Herr Habeck, Herr Lindner und Herr Merz teilnehmen?

Wenn Sie erlauben, noch eine außenpolitische Frage aus aktuellem Anlass: Heute Abend werden der US-Präsident und der britische Premierminister in Washington unter anderem darüber sprechen, ob sie eine Erlaubnis für den Einsatz weitreichender Waffen auf russisches Territorium geben. Der russische Präsident hat das jetzt als eine direkte Konfrontation zwischen der NATO und Russland gewertet. Wie stehen Sie vor diesem Hintergrund dazu? Genau das wollten Sie ja immer verhindern. Würden Sie einen solchen Einsatz unterstützen oder sehen Sie das eher kritisch?

Staatspräsident Ruto: Die Vereinbarung, bei deren Unterzeichnung wir heute anwesend waren, ist ein sehr wichtiges Abkommen. Wir haben es über ein Jahr hinweg verhandelt. Alle Faktoren, die notwendig sind, um sicherzustellen, dass das Abkommen Kenia genau wie Deutschland zugutekommt, sind entsprechend aufgegriffen worden. Das Abkommen umfasst sehr viele Bereiche. Es ist nicht auf einen bestimmten Bereich begrenzt. Alle Fertigkeiten, die in unseren Berufsausbildungszentren vermittelt werden, entsprechen im Großen und Ganzen auch den technischen Berufen, die es hier in Deutschland gibt. Teil dieses Abkommens ist es eben, hier Mechanismen zu schaffen, damit die Qualifikationen in Kenia auch denen entsprechen, die in Deutschland erworben werden, sodass es einfach ist, einen Austausch zu haben und Menschen hier in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Ich möchte auch hervorheben, dass Teil dieses Pakets ist, dass wir Möglichkeiten nutzen möchten, wie die deutsche Sprache in Kenia ausgebaut werden kann, sodass die Kommunikation vereinfacht wird, während wir eben dieses ganze Umfeld der Partnerschaften bzw. Beziehungen schaffen.

Abschließend möchte ich Ihnen hinsichtlich der Frage, ob das Auswirkungen auf unsere Industrialisierungsagenda in Kenia hat, versichern, dass wir Fertigkeiten haben. Wir haben riesiges Humankapital aufgebaut; das wissen Sie vielleicht. Kenia ist ein junges Land. Das mittlere Alter beträgt ungefähr 19,5 oder 20 Jahre. Wir haben also eine riesige Gruppe junger Menschen. Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel geben: Gestern haben wir einige Chancen in Kenia hervorgehoben. 20 000 Menschen wurden gebraucht, 140 000 haben sich beworben. Sie sehen also: Wir haben eine riesige junge Bevölkerung, die nicht nur unsere Industrialisierungsagenda in Kenia umsetzen kann, sondern auch für Industrialisierung hier in Deutschland zur Verfügung steht. Deswegen gibt es hier keinerlei Risiken bezüglich der Arbeitsmigration nach Deutschland, dass das unsere eigene Industrialisierung oder unseren Fortschritt irgendwie untergraben könnte. Im Gegenteil: Für uns wird das die Chance bieten, die Menschen in unserem Land auszubilden, die Technologien zu nutzen und bessere Beziehungen zwischen den Menschen in unseren beiden Ländern zu schaffen.

Bundeskanzler Scholz: Ich will das zunächst einmal unterstreichen. Kenia verfügt über eine sehr gut ausgebildete und auch mit vielen beruflichen Qualifikationen ausgestattete junge Bevölkerung, die nach Möglichkeiten sucht, ihr Talent einzusetzen. Das wird in Kenia nicht überall und in dem Ausmaß gelingen, wie ja auch das konkret genannte Beispiel erzählt, und deshalb ist es im gleichzeitigen Interesse Kenias wir auch Deutschlands, einem Teil dieser qualifizierten jungen Leute die Möglichkeit zu geben, in Deutschland ihr Talent zu entfalten.

Ich führe das einmal anhand eines Themenbereiches eines beruflichen Engagements aus, auf das ich hinweisen will, weil es vielleicht den einen oder anderen in seiner Vorstellung von der Welt beeinflusst: Es gibt unglaublich viele hochqualifizierte IT-Experten in Kenia. Das ist ein Land, das über erstklassige Frauen und Männer verfügt, die dort auch jetzt schon große berufliche Expertise gesammelt haben. Wie ich aus Gesprächen mit amerikanischen IT-Konzernchefs weiß, wären die Large Language Models, die amerikanische Unternehmen in letzter Zeit im Bereich der künstlichen Intelligenz entwickelt haben, ohne kenianische IT-Experten nicht entwickelbar gewesen. Da ist sehr viel Manpower hineingeflossen. Daran sieht man, dass das eine sehr gute, vielversprechende Kooperation ist, die wir uns hier vorgenommen haben.

Was die Frage der Diskussionen über die großen Herausforderungen betrifft, die wir im Zusammenhang mit der irregulären Migration haben, will ich hier noch einmal unterstreichen, was ich im Deutschen Bundestag gesagt habe: Deutschland braucht Arbeitskräfte aus Europa und aus vielen anderen Ländern der Welt, die hier mit anpacken. Dass uns das in den letzten Jahren schon ganz gut gelungen ist, ist die Grundlage dafür, dass wir wirtschaftlich so stabil dastehen. Allein in den letzten zehn, 20 Jahren sind mehr als sechs Millionen zusätzliche Arbeitskräfte nach Deutschland gekommen und in den Arbeitsmarkt eingetreten. Sonst stünden wir jetzt in einer ganz anderen Lage, einer viel schlechteren.

Wir wissen über die Länder des Nordens, in Europa, in Nordamerika und viele andere hochindustrialisierte, wirtschaftlich erfolgreiche Staaten, dass die Vorhersagen über die Entwicklung ihrer Erwerbsbevölkerung dahin gehen, dass sie massiv abnimmt. Es wird einige Nachbarländer von uns geben, die befürchten müssen, dass sie in den nächsten zehn, 20 oder 30 Jahren die Hälfte ihrer Erwerbstätigen nicht mehr im Arbeitsmarkt sehen werden. Deutschland ist unter den Ländern, die nicht englischsprachig sind, nach allen internationalen Betrachtungen wahrscheinlich das eine Land, das die Möglichkeit hat, dieser Falle zu entgehen, und deshalb auch die Chance hat, in Zukunft zu wachsen und wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Darum geht es jetzt, wenn wir solche Partnerschaften mit Ländern vereinbaren, die junge Leute haben, die ein Interesse an Tätigkeiten in unserem Land haben und bei denen das beiden Ländern und den Bürgerinnen und Bürgern – in diesem Fall in Deutschland und in Kenia – gleichermaßen nutzt. Das werden wir auch in Zukunft weiter tun. Ich bekenne mich dazu.

Deshalb füge ich an, was ich im Deutschen Bundestag gesagt habe: Die Grundlage unseres wirtschaftlichen Wohlstands ist unsere Weltoffenheit. Das gilt für unsere Güter, die wir in alle Welt exportieren. Das gilt für die Güter, die wir aus aller Welt importieren. Das gilt für die Direktinvestitionen, die Deutschland in aller Welt tätigt, mit Unternehmen, die Investitionen in vielen, vielen Staaten der Welt getätigt haben. Das ist ein Teil der Stärke unserer Volkswirtschaft. Aber das gilt auch für die Frage, ob wir genügend Arbeitskräfte haben, um unseren gemeinsamen Wohlstand aufrechtzuerhalten. Diese Weltoffenheit müssen wir verteidigen, indem wir aber gleichzeitig die irreguläre Migration zurückführen. Das ist etwas, das wir tun. Deshalb gehören Weltoffenheit, Offenheit für Arbeitskräftezuwanderung und Offenheit dafür, dass diejenigen, die politisch verfolgt werden, Schutz in Deutschland finden können, gleichermaßen dazu wie die klare Begrenzung irregulärer Migration und ein besseres Management.

Der Fall ist umgekehrt: Weil wir solche Abkommen wie das, das wir heute unterzeichnet haben, abschließen, können wir den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land garantieren, dass wir dadurch, dass wir die Offenheit nutzen, auch bessere Abkommen schließen, um Rückführung zu organisieren, wo sie notwendig sind.

Was die Frage der Zusammenarbeit mit der Opposition betrifft, war ich sehr erfreut über das Angebot, das der Oppositionsführer vor einiger Zeit gemacht hatte. Es hat zwei Treffen gegeben. Leider hat sich die Opposition wieder verabschiedet. Trotzdem werden wir das, was wir uns mit dem Sicherheitspaket und mit dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem vorgenommen haben, jetzt vorantreiben und auch all die anderen Dinge, die wir dort angekündigt haben, wenn es etwa darum geht, effektive europarechtskonforme Zurückweisungen durchzuführen, auf den Weg bringen.

Ich habe im Deutschen Bundestag gesagt: Die Tür ist nicht zugeschlagen, sondern offen. – Vielleicht darf ich noch einen Satz ergänzen, einen legendären Sozialdemokraten zitierend, Herbert Wehner nämlich: Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen.

Dann war da noch ein Thema. – Deutschland hat eine klare Entscheidung getroffen, was wir tun und was wir nicht tun. An dieser Entscheidung wird sich nichts ändern. Ich bitte um Verständnis, dass ich Gespräche zwischen den Chefs befreundeter Staaten, die noch gar nicht stattgefunden haben, nicht vorher kommentiere. Das wäre nicht nur gegen jeden diplomatischen Komment, es wäre auch ausgesprochen unhöflich.

Staatspräsident Ruto: Vielleicht kann ich hier noch zwei Dinge ergänzen. Ich freue mich sehr. Ich habe gehört, dass Sie mit der Opposition gesprochen haben, und auch wir tauschen uns regelmäßig mit der Opposition aus. Das ist auch etwas sehr Gutes. Es ist wichtig, dass man sich überparteilich austauscht, gerade wenn das Interesse des ganzen Landes geachtet werden muss und soll.

Lieber Herr Bundeskanzler, wenn es die Möglichkeit gibt, dass ich vor Ihrem Parlament sprechen kann, dann möchte ich das gerne tun und den Abgeordneten sagen, dass das, was Sie tun, richtig ist; denn lassen Sie es mich so sagen: Wir freuen uns, kenianisches Talent zu exportieren, Expertise, junge Menschen, ihre Innovationskraft, ihre Kreativität, um die deutsche Industrialisierung zu unterstützen. Das ist eine gute Form der Zusammenarbeit. Aber es gibt noch eine bessere. Es gibt auch die Chance, dass wir einige Ihrer großen Industrien nach Kenia transferieren, sodass wir gar nicht so viele Menschen hin- und herschieben müssen. Ich spreche mit Bayern, mit Mercedes-Benz. Wenn sie auch Niederlassungen in Kenia eröffnen, dann gibt das eine Chance für den Arbeitsmarkt vor Ort, wir können grüne Energie bereitstellen und unsere Zusammenarbeit noch verstärken. Darin liegen also Chancen für beide Seiten. Wir freuen uns, mit diesem Abkommen die Möglichkeit zu haben, unser Humankapital, unsere Talente einzubringen, um Ihre Industrie zu stützen, und wir würden uns noch mehr freuen, wenn das Parlament es erlaubt, dass sich auch einige Ableger der deutschen Industrie in Kenia niederlassen. Das wird dann auch verhindern, dass illegale Migration stattfindet; denn illegale Migranten sind ein Problem für uns und für Deutschland. Deshalb ist dieser Rahmen so wichtig für die Zukunft.