Rede von Bundeskanzlerin Merkel bei der 68. Internationalen Automobil-Ausstellung am 12. September 2019 in Frankfurt am Main

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Sehr geehrter Herr Mattes,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Volker Bouffier,
Exzellenzen,
meine Damen und Herren,

„Driving Tomorrow“ – so lautet das Motto der diesjährigen Internationalen Automobil-Ausstellung. Es ist natürlich spannend zu sehen, wie wir morgen fahren. Und wo könnten wir das besser erfahren als auf der IAA? Wir haben ja soeben ein beeindruckendes Beispiel gesehen, wohin die Reise geht. Es geht also nicht nur darum, wie wir in Zukunft selber fahren, sondern auch darum, wie wir ans Ziel kommen, ohne selbst zu fahren. Das Zukunftsthema heißt also nicht nur „Driving Tomorrow“, sondern auch „Being Driven Tomorrow“. Ich glaube, es kann nicht besser gezeigt werden, dass diese IAA in vielerlei Hinsicht anders ist als manche vorher, wenngleich sich in den letzten Jahren der Wandel schon angedeutet hat. Aber jetzt wird es sichtbarer.

Die IAA ist heute nach wie vor ein wichtiger Gradmesser für den mobilen Fortschritt. Doch es war ihr keineswegs in die Wiege gelegt, ihrer Zeit voraus zu sein. Als sie nämlich 1897 in Berlin erstmals stattfand, war Deutschland nicht das erste Land mit einer solchen Ausstellung. Frankreich und England waren uns voraus. Dort wurden bereits 1894 und 1895 Automobil-Ausstellungen organisiert. In der Anfangszeit des Automobils hatte Deutschland also zumindest im Bereich der Vermarktung von Automobilen einen Rückstand gegenüber anderen Ländern. Diesen galt es aufzuholen; und das gelang damals auch.

Gleichwohl hatten sie schon 1914 wieder das Nachsehen, als Henry Ford in den USA die Fertigung von Autos auf automatisch angetriebene Fließbänder umstellte. Die damit gesunkenen Produktionszeiten und Produktionskosten erlaubten es ihm, die Verkaufspreise deutlich zu senken. Die Markterfolge ließen nicht lange auf sich warten.

Nach den Zerstörungen des von Deutschland entfesselten Zweiten Weltkriegs mussten die deutschen Hersteller, wie die Wirtschaft insgesamt, im Grunde völlig neu anfangen. Wir alle wissen, dass das sogenannte Wirtschaftswunder der jungen Bundesrepublik Deutschland gerade auch in der Automobilindustrie seinen Lauf nahm.

Heute ist die Automobilindustrie für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes eine ganz wesentliche Branche, die hunderttausenden Menschen Beschäftigung und damit Sicherheit gibt. Jetzt liegt ein Kapitel vor uns, zu dem Herr Mattes sagte: „Kein Stein bleibt auf dem anderen.“ Ich glaube trotzdem, dass wir auf dem aufbauen können, was wir geschaffen haben. Das ist natürlich nicht nur für die Ingenieure, für die, die entwickeln, eine große Herausforderung, sondern vor allem auch für die vielen anderen Beschäftigten, die man mitnehmen muss und die sich sozusagen lebenslang weiterqualifizieren müssen. Auch das ist ein Thema, das uns in der Politik sehr beschäftigt.

Die Branche hat also riesige Aufgaben vor sich. Belastend wirkt dazu noch die Thematik der unzulässigen Abschalteinrichtungen, die mitten in einem riesigen Wandel im Grunde zu einem Vertrauensverlust geführt hatte. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass die Automobilindustrie jetzt Verlässlichkeit zeigt und sich den geänderten Bedürfnissen anpasst. Das heißt eben, ressourcensparend und klimaschonend unterwegs sein können; und das auf der Grundlage moderner Technologien.

Es ist ein Umbruch, wie man ihn seit der Erfindung des Automobils nicht gesehen hat, weil er ja in verschiedenen Bereichen und Sektoren stattfindet. Es geht einmal um veränderte Antriebe, es geht um autonomes Fahren, es geht um ein völlig verändertes Besitzverhalten zumindest in den urbanen Zentren. Und das alles muss auf einmal bewältigt werden. Ich glaube, das erfordert auch eine sehr enge Kooperation zwischen staatlichen Stellen und der Industrie, weil wir natürlich auch die Rahmenbedingungen dafür setzen müssen, dass dieser Umbruch bewältigt werden kann.

An manchen Stellen – ich komme später noch darauf zurück – ist uns ja noch gar nicht klar: Was ist eigentlich die wirtschaftliche Verantwortung und was ist sozusagen die staatliche Verantwortung? Wenn es um die Zulassung eines Mobils geht, das man Auto nennt, bei dem aber kein Fahrer mehr hinterm Steuerrad sitzt, dann haben wir das schon rechtlich bewältigt. Wenn es aber um die Frage des Ausbaus von Infrastrukturen für verschiedene Antriebstechnologien geht, dann gibt es dafür keine richtige historische Folie, auf der wir aufsetzen können. Ist der Staat dafür verantwortlich? Ist die Wirtschaft dafür verantwortlich? Wie finden wir gute Modelle? Ich komme darauf noch zurück.

Erst einmal ist es ganz wichtig, dass die Automobilwirtschaft in Deutschland über 25 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investiert. In Deutschland sind immerhin rund 47 Millionen Pkw angemeldet; und wir sehen ja, dass das Mobilitätsbedürfnis weltweit weiter steigt, weil die Weltbevölkerung weiter wächst. Diese hohe Mobilität hat ihren Preis, wenn nicht klimafreundlichere, effizientere Fahrzeuge hergestellt werden. Wenn wir uns unsere Klimaschutzauflagen in Deutschland ansehen, dann sehen wir ja, dass wir heute zwar viel effizientere Technologien im individuellen Auto haben, aber dass seit 1990 keinerlei CO2-Reduktion in der Gesamtmenge des Verkehrs erreicht wurde. Zwar haben wir effizientere Autos, aber die Menge an Verkehr hat zugenommen.

Damit liegt nach den europäischen Vorgaben bis 2030 eine Riesenherausforderung vor uns – nicht nur vor Ihnen, was die Reduzierung des Flottenverbrauchs anbelangt, sondern auch vor uns, da wir von heute bis 2030 40 Prozent der CO2-Emissionen im Verkehr reduzieren müssen. Das sind die Vorgaben, die wir uns gesetzt haben, um die Klimaziele zu erreichen. Das ist eine Herkulesaufgabe für Sie und für uns.

Ermutigend ist natürlich, dass sich überall auf der Welt Autohersteller, Zulieferer, Elektroindustrie, Energiewirtschaft und andere darauf einstellen, Lösungen für die veränderten Mobilitätsbedürfnisse zu finden. Beginnen wir einmal mit den alternativen Antriebstechnologien. Da ist die Elektromobilität jetzt prägend für viele Aussteller auf dieser Internationalen Automobil-Ausstellung.

Wenn wir uns die CO2-Bilanz anschauen, müssen wir heute ja noch sagen: Die Elektromobilität ist sozusagen noch ein Entwurf für die Zukunft, denn wirklich klimafreundlich sind die Autos erst dann, wenn der Strom auch aus erneuerbaren Energien entsteht. Mit annähernd 40 Prozent Anteil bei der Stromversorgung sind die erneuerbaren Energien immerhin schon die wichtigste Säule unserer Stromerzeugung, aber wir sind noch weit davon entfernt, 100 Prozent erneuerbare Energien zu haben. Wir wollen 65 Prozent bis 2030 erreichen. Und wenn ich sehe, wer alles nur noch Strom aus erneuerbaren Energien haben will, frage ich mich, ob das für 2030 überhaupt reicht. Wenn ich auf der anderen Seite sehe, in welcher Geschwindigkeit neue Leitungssysteme gebaut werden, dann frage ich mich auch, ob wir das mit den 65 Prozent überhaupt schaffen. Wenn ich darüber hinaus die Akzeptanzprobleme der Windenergie sehe, muss ich sagen: Diese Fragen werden dadurch noch drängender. Das heißt, wir müssen sozusagen eine Parallelität Ihrer Antriebsentwicklungen und der Umstellung der gesamten Energiewirtschaft erreichen; und das ist alles andere als trivial.

Wir wissen aber auch: Die Welt schläft nicht. Herr Krafcik hat uns das gerade eindrucksvoll gezeigt. Ich war vorige Woche in China – viele chinesische Aussteller sind auch hier – und konnte sehen, mit welcher Dynamik auch dort in die neuen Aufgaben eingestiegen wird. Ich glaube: wir können es in Deutschland schaffen, vorne mit dabei zu sein. Aber das ist nicht naturgegeben, sondern bedarf einer zusätzlichen Anstrengung. Globalisierung hin oder her – ich möchte, dass die deutsche Mobilitätswirtschaft, sage ich einmal, die Automobilindustrie, nach wie vor führend bleibt oder immer wieder führend wird, zumal sie in der Geschichte gezeigt hat, dass sie da, wo Rückstände sind, auch immer wieder aufholen kann. Und da, wo sie gut ist, müssen die anderen aufholen. Das muss unser gemeinsames Ziel sein.

Nun sehen wir hier also eine Vielzahl an Elektrofahrzeugen aus deutscher Produktion; und zwar nicht nur Konzeptstudien, sondern auch wirklich Serienfahrzeuge. Daran sieht man, dass mehr Bewegung in die Elektromobilität gekommen ist. Allerdings ist dies auch noch eine Frage des Preises; das heißt, wir müssen auch in eine Skalierung kommen, damit der Preis dann so wird, dass das Ganze auch für Menschen mit niedrigem Einkommen erschwinglich ist. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten.

Für die Akzeptanz des alternativen Antriebs Elektromobilität ist die Verlässlichkeit der Ladeinfrastruktur natürlich von größter Bedeutung. Wir haben heute zwar 50 Prozent mehr Ladepunkte als im vergangenen Jahr, aber mit 20.000 ist das noch lange nicht ausreichend. Nun stellt sich als wesentliche politische Aufgabe, im Gespräch mit Ihnen zu klären: Wie bekommen wir möglichst schnell eine verlässliche Ladeinfrastruktur? In diesem Zusammenhang gibt es so interessante Aufgaben wie die Reform des Wohneigentumsgesetzes. Denn bei Häusern mit mehreren Mietparteien bzw. Eigentumsparteien müssen alle Eigentümer zustimmen, dass in ihrem Haus eine Ladeinfrastruktur installiert werden kann. Sie können sich vorstellen, wie lange das dauern kann. Insofern müssen wir Wege finden, dass nicht einer alles aufhalten kann. Wir müssen uns auch überlegen, wie wir eine sich rechnende Ladeinfrastruktur aufbauen. Die Geschäftsmodelle sind heute noch nicht gut. Wir müssen überlegen: Wer kann das tun? Da brauchen wir die Diskussion mit Ihnen. Wir haben dazu ja auch einen strukturierten Dialog mit der Automobilindustrie begonnen.

Zudem geht es um die Frage der technologischen Autonomie. Heute beziehen alle deutschen Hersteller ihre Batteriezellen von ausländischen Produzenten. Wir werden auch Werke in Deutschland haben, zum Beispiel Werke chinesischer Anbieter. Es scheint sich aber auch in der deutschen Wirtschaft der Trend durchzusetzen, parallel auch eine gewisse Autonomie zu entwickeln. Das können wir europäisch machen; denn ich glaube, das ist eines der Projekte, die wir allein national nicht hinbekommen können. Deshalb hat der Bundeswirtschaftsminister jetzt Konsortien im Blick, die sich im Rahmen der europäischen Förderprogramme – neben anderen Mitgliedstaaten natürlich auch mit Beteiligung Deutschlands – auf den Weg machen wollen. Wir haben jetzt zwei solcher Konsortien in Aussicht. Ich hoffe, dass das Ganze auch wirklich vorangeht. Außerdem stärken wir mit den Initiativen der Bundesministerin für Bildung und Forschung das Projekt „Forschungsfertigung Batteriezelle“, um bei den Energiespeichertechnologien der nächsten Generation vorne mit dabei zu sein.

So wird nach meiner heutigen Einschätzung die Elektromobilität der alternative Antrieb sein, den wir inklusive einer Ladeinfrastruktur flächendeckend ausrollen müssen. Das heißt aber nicht, dass wir uns auf eine einzige alternative Antriebstechnologie beschränken können; das tun Sie auch nicht. Wir müssen technologieoffen arbeiten, wenngleich ich sagen will: Zwei Technologien voll auszurollen – zum Beispiel Wasserstoff parallel zur Elektromobilität – wird nicht so ganz einfach sein. Wir müssen die Wasserstoffentwicklung aber im Blick behalten. Synthetische Kraftstoffe müssen mehr in den Blick kommen. Die Bundesregierung wird daher bis Ende des Jahres eine Wasserstoffstrategie erarbeiten, die auch den Mobilitätsbereich mit abdecken kann.

Nun ist emissionsärmere Antriebstechnologie nicht der einzige Beitrag zum Klimaschutz; das ist hier schon angeklungen. Vielmehr eröffnet uns die Digitalisierung viele Möglichkeiten des klugen Fahrens und auch der klugen Vernetzung von Verkehrssystemen. Das Carsharing ist in den urbanen Zentren in den Mittelpunkt getreten. Das autonome Fahren ist natürlich ein ganz wesentlicher Entwicklungspunkt. Es ist spannend, wie man da vorgeht – das werden wir heute vielleicht noch in der Diskussion miteinander bereden können –: Level 1 bis Level 5 oder eben gleich in die Vollen, wie Herr Krafcik uns das hier dargestellt hat. Was mir jedenfalls einleuchtet, ist, dass die Autopilotsysteme, bei denen man nicht einschlafen darf, kein guter Weg waren; das verstehe ich sofort. Sie sagen ja: wenn, dann muss man schon die gesamte Autonomie praktizieren.

Wir sind mit unseren Testfeldern auch einige Schritte vorangekommen – nicht nur beim Testfeld auf der A9, sondern auch beim Testfeld für den städtischen Bereich in Hamburg. Wir brauchen außerdem noch eine ganze Reihe gesetzlicher Maßnahmen. Die müssen Sie uns abfordern oder abringen, damit wir da, wo es geboten ist, schneller werden, sodass die Systeme dann auch wirklich zum Einsatz kommen können. Denn wir brauchen die Dinge ja bundesweit flächendeckend. Ich glaube nicht, dass es gut wäre, wenn jedes Bundesland für sich allein anfängt, Genehmigungen zu erteilen. Die Rechtsfragen sollten wir durchaus gemeinsam lösen.

Neben der Ladeinfrastruktur und den Ladepunkten für alternative Antriebstechnologien brauchen wir natürlich auch eine vernünftige digitale Infrastruktur. Wir haben versucht, bei der Versteigerung der 5G-Frequenzen die Versorgungsauflagen so zu gestalten, dass sie auch der Automobilindustrie helfen. Wir werden bis spätestens Ende 2022 die Autobahnen und bis Ende 2024 sämtliche Bundesstraßen mit 5G-Mobilfunk versorgt haben. Ich glaube, das könnte für Sie eine gute Mitteilung sein, wenn es gerade auch um komplexe Fahrsituationen in urbanen Bereichen oder in sehr stark befahrenen Bereichen geht. Wenn auch nicht jedes Auto sozusagen alle Fähigkeiten in sich hat, brauchen wir für das autonome Fahren zum Schluss ja doch ein flächendeckendes, verlässliches Mobilfunknetz für ganz Deutschland. Das ist noch einmal eine ziemlich große Herkulesaufgabe.

Ein weiterer Bereich, in dem wir nicht von vornherein führend sind und den Sie aus Ihrer eigenen Automobilerfahrung heraus auch nicht als Ihren Schwerpunkt haben, sind all die Fragen der künstlichen Intelligenz, die mit dem autonomen Fahren eng verknüpft sind. Hier versuchen wir über Forschung und Entwicklung für Deutschland neue Wege zu gehen. Wir haben eine KI-Strategie und wollen auch führende Forscher nach Deutschland holen. Es gibt im Augenblick einen ziemlich heftigen Kampf um die besten Köpfe auf der ganzen Welt. Deshalb braucht man auch sehr verlässliche Forschungsbedingungen, die wir auch haben.

Des Weiteren geht es um die ganze Frage der Datenbehandlung. Hier mache ich mir, ehrlich gesagt, mit am meisten Sorgen über unsere Autonomie und auch um die Akzeptanz des autonomen Fahrens bei den Bürgerinnen und Bürgern. Ich glaube, man kann schon sagen, dass die europäische Betrachtungsweise der Frage „Was bedeuten meine Daten für die Allgemeinheit, wie viel Souveränität möchte ich über meine Daten haben?“ eine Sichtweise ist, die wir vielleicht woanders so nicht finden. Auf der einen Seite gibt es in den Vereinigten Staaten von Amerika eine sehr ausgeprägte Datenhoheit der Unternehmen und einen vergleichsweise nicht allzu gut ausgebauten Datenschutz. Auf der anderen Seite gibt es in China viele Zugriffsmöglichkeiten des Staates auf Daten der Bürgerinnen und Bürger. Wie es mit der Sozialen Marktwirtschaft so ist, auf die wir ja in Europa recht stolz sind, wird es wahrscheinlich notwendig sein, dass wir für uns einen eigenen Weg finden. Die Datenschutz-Grundverordnung ist ein erster Versuch, aber sicherlich kein ausreichender. Es darf eben nur nicht dazu führen, dass unsere Vorstellungen von Datenschutz uns bei der Weiterentwicklung aller Technologien blockieren. Das zusammenzubringen, ist eine weitere schwierige Aufgabe.

Das heißt also, Ihre zukünftigen Produkte hängen nicht nur von Ihrer Kraft ab, sondern auch davon, wie benachbarte Bereiche – Energieversorgung, künstliche Intelligenz, Digitalisierung, digitale Infrastruktur – sich in unserem Land entwickeln. Das heißt, das Auto bzw. die Mobilität ist sozusagen im Zentrum eines Entwicklungsprozesses, in dem sich viele Bereiche unseres Landes parallel weiterentwickeln müssen. Wir müssen jetzt einen Weg finden, das Ganze durch kluge Rechtsetzung zu incentivieren, wie man heute sagt. Es sind also Anreize zu setzen, sodass die Bürgerinnen und Bürger diesem Prozess des Wandels folgen können.

Diesbezüglich stehen wir in wenigen Tagen vor grundlegenden Entscheidungen. Es sagt sich sehr einfach und ist richtig und muss auch von uns beachtet werden, dass die Bepreisung von CO2 der richtige Weg ist, um deutlich zu machen: wir müssen alle Innovationen darauf setzen, weniger CO2 zu emittieren. Wenn wir das langfristig berechenbar anlegen, werden die Anreize aus meiner Sicht auch so gesetzt werden, dass dann die Technologieentwicklung in die richtige Richtung geht. Es ist ganz interessant: Wenn wir uns bei unseren vorbereitenden Arbeiten für die Entscheidungen des Klimakabinetts am 20. September anschauen, mit welcher Summe an Geld man eine Tonne CO2 einsparen kann, dann sieht man, dass man das über Bepreisung relativ einfach kann. Zum Beispiel sind wir in der Industrie im Augenblick bei einem Zertifikatspreis von 30 Euro pro Tonne. Wenn Sie aber Förderprogramme auflegen und richtige Incentives setzen wollen, dann sind Sie sehr schnell dabei, dass Sie 500 oder 1.000 Euro einsetzen müssen, um eine Tonne CO2 einzusparen. Das werden wir zum Teil machen, weil wir ja auch das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger in bestimmte Richtungen lenken wollen. Aber zu glauben, man könnte über staatliche Förderprogramme, die wir uns ausdenken, die gesamte Innovation der nächsten zehn Jahre abbilden, wäre ein Trugschluss. Deshalb muss es ein Element der Bepreisung geben. Wenn der Klimaschutz eine Menschheitsaufgabe ist – und ich glaube, dass er es ist –, dann müssen wir diesen Preis auch zahlen, weil wir ansonsten später ganz andere Preise zahlen müssen.

Im Übrigen wird bei dieser Diskussion oft vergessen, dass Ordnungsrecht auch seinen Preis hat. Wenn wir Ihnen Euro-6-Normen vorgeben oder wenn wir Flottenverbräuche vorgeben, dann spiegelt sich das natürlich auch in den Preisen neuer Autos wider. So ist es ganz allgemein im Ordnungsrecht: Wenn wir Abwasservorschriften oder Abgasvorschriften machen, wenn wir Verpackungsverordnungen erfinden und Kreislaufwirtschaft praktizieren, dann spiegelt sich das für die Bürgerinnen und Bürger ja auch in gestiegenen Preisen wider. So zu tun, als ob nur eine sinnvolle, intelligente Bepreisung zu höheren Kosten führte, wäre also falsch, weil auch Ordnungsrecht immer zu höheren Kosten führt – ich glaube sogar, oft zu noch höheren Kosten, als wenn man der Innovation ihren Lauf lässt.

Meine Damen und Herren, insgesamt ist dies also eine revolutionäre Internationale Automobil-Ausstellung. Bei Revolutionen weiß man anfangs noch nicht ganz genau, wo man zum Schluss herauskommt. Deshalb müssen wir sie möglichst evolutionär gestalten. Ich möchte, dass am Ende eine starke deutsche Automobilindustrie als fairer Wettbewerber mit anderen Anbietern auf der Welt entsteht. Wir wollen versuchen, das politisch vernünftig zu begleiten.

Herzlichen Dank dafür, dass ich dabei sein darf.