Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und dem Vorsitzenden des Präsidialrates des Staates Libyen, Mnefi, am 1. Oktober 2021 in Berlin

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, guten Morgen! Ich freue mich, heute den Vorsitzenden des libyschen Präsidialrates, Herrn Mnefi, bei uns in Deutschland begrüßen zu können.

Wir - der Bundesaußenminister, aber auch ich - haben uns von deutscher Seite sehr intensiv mit dem Thema Libyen beschäftigt, weil wir glauben, dass eine diplomatische Lösung der Probleme in Libyen letztendlich in vielerlei Hinsicht nicht nur für Libyen und die Libyer friedensstiftend wirken könnte, sondern auch für den afrikanischen Kontinent insgesamt.

Am 19. Januar 2020 fand eine Berliner Libyen-Konferenz statt. Diese Konferenz, die in Absprache mit vielen internationalen Partnern unter der Ägide der Vereinten Nationen stattfand, hat einen Prozess in Gang gebracht, in dessen Folge eben auch Herr Mnefi Vorsitzender des Präsidialrates wurde und damit Libyen repräsentiert. Wir werden heute miteinander den Stand des politischen Prozesses besprechen. Sie wissen, dass am 24. Dezember Wahlen stattfinden sollen, aber die Vorbereitungen natürlich noch zu wünschen übrig lassen. Da muss noch viel getan werden. Es geht um Parlamentswahlen; es geht um Präsidentschaftswahlen. Wir wollen über diesen Teil des Prozesses reden.

Wir werden auch darüber reden - das habe ich ja schon mit Premierminister Dbeiba getan -, dass der Abzug ausländischer Söldner und Truppen vorangebracht werden muss. Denn die Frage der Zukunft Libyens muss von den libyschen Kräften und den libyschen Bürgerinnen und Bürgern bestimmt werden und nicht von ausländischem Einfluss. Hier wird es für mich sehr interessant sein, auch die Meinung von Herrn Mnefi zu hören.

Wir wissen auch, dass natürlich mit dem politischen Prozess und dem Abzug von Söldnern und ausländischen Truppen die wirtschaftliche Konsolidierung einhergehen muss, denn die Menschen in Libyen brauchen eine vernünftige Existenzgrundlage. Eine Stabilisierung wird nicht zu erreichen sein, wenn es gleichzeitig Not und Unterversorgung gibt. Libyen ist ja von Haus aus durch seine Erdölvorkommen ein reiches Land. Dieser Reichtum muss aber auch den Menschen in Libyen zur Verfügung stehen. Das heißt also, dass es um wirtschaftliche Stabilisierung und um das Engagement ausländischer Unternehmen in Libyen geht. Hierfür steht Deutschland natürlich auch bereit.

Ich darf Ihnen versichern, dass, auch wenn wir in den nächsten Wochen und Monaten einen Übergang von einer Regierung zu einer nächsten haben, das Thema Libyens für Deutschland ein prioritäres Thema bleiben wird. Es wird hier also eine Kontinuität geben. Wir wollen gern mit Ihnen zusammenarbeiten.

Herzlich Willkommen hier heute in Berlin!

Vors. Mnefi: Herzlichen Dank für Ihre Worte, verehrte Frau Bundeskanzlerin! - Wir sind heute hier, um unseren tiefst empfundenen Dank für die Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck zu bringen. Wir vergessen Ihre positive Rolle nicht. Deshalb danken wir Deutschland unter der Führung der Bundeskanzlerin Merkel für die positive Rolle insbesondere durch den Berliner Prozess, die erste und zweite Berliner Libyen-Konferenz. Aus diesem Prozess ist eine libysche Exekutive hervorgegangen. Diese Regierung konnte die Libyer vereinen und zur Stabilisierung des Landes beitragen. Auch wurde ein Waffenstillstand erreicht. Die staatlichen Institutionen wurden vereint. Das Projekt der nationalen Versöhnung wurde ins Rollen gebracht.

Das alles führt uns voraussichtlich zu den Wahlen. Aufbauend auf der sehr geschätzten Rolle Deutschlands, werden wir unsere Arbeit für die Wahlen gemäß den Schlussfolgerungen von Genf und der zweiten Berliner Konferenz fortsetzen. Wir werden ebenfalls die uns vorliegenden Initiativen besprechen, sollten die Rechts- und Verfassungsfragen in Bezug auf die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ungelöst bleiben.

Wir werden auch wichtige andere Punkte besprechen wie zum Beispiel die Vereinigung der militärischen Institutionen sowie den Abzug beziehungsweise die Rückführung der ausländischen Söldner. Das alles werden wir besprechen.

Ich danke Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, für Ihre sehr positive Rolle. Sie haben mit Ihren Beiträgen zur Stabilität Libyens beigetragen. So möchte ich im Namen des gesamten libyschen Volkes unseren herzlichsten Dank an Sie richten.