Im Wortlaut
in Berlin
- Mitschrift Pressekonferenz
- Montag, 21. Januar 2019
(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)
BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass der usbekische Staatspräsident Shawkat Mirsijojew heute bei uns zu Gast ist. Es ist ein wichtiger Besuch. Der Präsident wurde eben vom Bundespräsidenten empfangen. Wir freuen uns sehr, weil nach Jahren, in denen in Usbekistan doch manches stagnierte, jetzt durch den Präsidenten eine Menge in Bewegung geraten ist. Wir sagen ein herzliches Willkommen.
Sie haben in Ihrem Land sehr umfassende politische Reformen angestoßen. Es gab auch Fortschritte im Bereich der Menschenrechte und auch in den Beziehungen zu den Nachbarstaaten. Wir möchten Sie mit diesem Besuch ermutigen, diesen Weg weiter fortzusetzen und die Fortschritte gerade auch im Blick auf die Menschen und die Zivilgesellschaft weiter auszubauen.
Wir wissen, dass ein solcher Prozess nicht einfach ist. Deutschland möchte Ihnen dazu ein guter Partner sein. Wir haben jetzt, nachdem Sie mit dem Reformweg begonnen haben, zum Beispiel unsere Entwicklungszusammenarbeit wieder verbreitert. Wir sehen auch, dass wir erhebliche Wachstumsraten in unserem bilateralen Handel haben. Usbekistan hat im Zusammenhang mit Ihrem Besuch Vorschläge für eine Vielzahl von Abkommen gemacht. Einiges konnten wir schon auf den Weg bringen. Andere Dinge werden wir noch weiter entwickeln. Aber ich darf Ihnen zusagen, dass wir diesen Prozess auch nach Ihrer Abreise weiterhin positiv begleiten werden.
Wir möchten uns dafür bedanken, dass Sie die Visafreiheit für deutsche Staatsangehörige bei Kurzaufenthalten in Usbekistan eingeführt haben. Das ist eine gute Basis dafür, dass der Tourismus wachsen kann. Wer auch nur ahnt, welche Schönheiten Ihr Land bietet, der weiß, dass sicherlich viele deutsche Touristen daran Interesse haben. Wir können natürlich auch die kulturelle Zusammenarbeit noch weiter stärken, um uns besser kennenzulernen. Auch im Bereich der Wissenschaft haben wir großes Interesse.
Wir wissen natürlich, dass Sie eine spannende Nachbarschaft haben, unter anderem auch mit Afghanistan. Deutschland hat seine Soldaten viele Jahre lang über Usbekistan nach Afghanistan transportiert. Dafür sind wir dankbar. Trotz mancher Unterschiede in der damaligen Zeit haben wir immer verlässlich miteinander zusammengearbeitet. Wir wissen, dass heute in Afghanistan noch sehr, sehr viel zu tun ist. Deshalb können wir uns auch Projekte vorstellen, in denen wir - Usbekistan und Deutschland - zusammenarbeiten, um in Afghanistan weiter zu helfen, die zivilen Strukturen zu stärken.
Alles in allem freue ich mich also auf unser Gespräch und heiße Sie noch einmal herzlich willkommen.
P Mirsijojew: Ihre Exzellenz, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, Sie haben richtig darauf hingewiesen, dass der usbekische Staatspräsident nach 18 Jahren zum ersten Mal zu einem Besuch in Deutschland ist. Sehr geehrte Vertreter der Medien, meine Damen und Herren, als Erstes möchte ich mich ganz herzlich bei der Bundesregierung und bei Ihnen persönlich, Frau Bundeskanzlerin, für die Einladung zu einem Besuch in Ihrem Land und für die Gastfreundschaft bedanken. Zunächst möchte ich Ihnen allen von ganzem Herzen zum 70. Gründungsjahr der Bundesrepublik Deutschland gratulieren, das im Mai dieses Jahres begangen wird.
Ich möchte unterstreichen, dass Deutschland ein langjähriger und zuverlässiger Partner Usbekistans ist. Wir sind fest entschlossen, unsere Beziehungen auf ein qualitativ neues Niveau zu heben und unseren Beziehungen den Charakter einer echten Partnerschaft zu verleihen. Heute hat unsere Delegation vor, mit deutschen Kollegen den Zustand und die Perspektiven der Zusammenarbeit in den Bereichen Politik und Sicherheit, Handel, Technologien und Innovationen, Investitionen, Bildung und Kultur sachlich zu besprechen. In diesem Zusammenhang möchte ich Folgendes betonen:
Erstens. Die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern sind von Offenheit und von einem hohen Grad des gegenseitigen Vertrauens und Respekts geprägt. Wir wissen das sehr zu schätzen. Ich möchte auch betonen, dass die unumkehrbaren Reformen in Usbekistan neue Möglichkeiten und günstige Voraussetzungen für eine Vertiefung unserer Zusammenarbeit schaffen.
Zweitens. Wir stellen uns darauf ein, im Rahmen der Vereinten Nationen mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und weiteren internationalen Institutionen weiterhin eng zusammenzuarbeiten. Wir wollen unsere Beziehungen auch im Rahmen der neuen Zentralasienstrategie der Europäischen Union festigen, die auf Initiative Deutschlands entwickelt wird.
Drittens. Wir rechnen mit einer stärkeren Kooperation bei der Bekämpfung gegenwärtiger Herausforderungen und Bedrohungen. Die Schlüsselfrage ist, wie es die geehrte Frau Bundeskanzlerin sagte, ein schnellstmöglicher Beginn des Friedensprozesses in Afghanistan. Wir hoffen auf eine aktive Zusammenarbeit beim Wiederaufbau der afghanischen Wirtschaft und bei der Umsetzung großer Infrastruktur- sowie sozialer Projekte in diesem Land.
Viertens. Wir sind bereit, einen konstruktiven Dialog im Bereich der Menschenrechte und Freiheiten zu entwickeln. Unsere wichtigsten Ziele sind die Schaffung von Transparenz im System der öffentlichen Verwaltung und eine vollständige Abschaffung der Korruption in Usbekistan.
Fünftens. Wir wollen die Kooperation mit Deutschland im Bereich der Investitionen und Technologien stark erweitern. Im vergangenen Jahr lag der Warenumsatz bei 700 Millionen Euro. Die Investitionen deutscher Unternehmen in unserem Land beliefen sich auf eine Milliarde Euro. Es gibt alle Möglichkeiten dafür, dass diese Werte weiter steigen. Im Vorfeld des Besuchs wurde in Berlin ein Wirtschaftsforum erfolgreich durchgeführt. Es wurden Vereinbarungen über die Umsetzung neuer Projekte im Werte von über acht Milliarden Euro getroffen. Das ist wirklich ein gigantischer Betrag. Solche Erfolge hatten wir bisher noch nie. Ich denke, das ist wirklich ein guter Erfolg auch für die Perspektiven. Außerdem werde ich mich morgen in München mit den Chefs führender deutscher Unternehmen und Banken treffen, um ihre Vorhaben in unserem Land persönlich zu unterstützen.
Für eine Intensivierung von Geschäfts- und Kulturkontakten sowie den Touristenaustausch haben wir seit Anfang dieses Jahres - das sprach auch die geehrten Frau Bundeskanzlerin gerade an - die visafreie Einreise für deutsche Staatsangehörige eingeführt. Wir wünschen uns aufrichtig, dass Ihr Land uns noch näherkommt. Heute wird Deutsch in Usbekistan von mehr als 400 000 Schülern und Studierenden gelernt. Wir rechnen mit der Unterstützung Deutschlands dabei, das Netzwerk der Schulen mit vertieftem Deutschunterricht unter Einsatz fortschrittlicher deutscher Unterrichtsmethoden auszubauen. Wir wollen auch eine enge Zusammenarbeit mit führenden deutschen Universitäten und Hochschulen im Bereich der Hochschul- und Berufsbildung aufbauen.
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, meine Damen und Herren, ich bin sicher, dass unsere Gespräche erfolgreich verlaufen und es ermöglichen werden, die bilateralen Beziehungen auf ein grundsätzlich neues Niveau zu bringen und sie mit konkreten praktischen Inhalten zu füllen. Vielen Dank.
Zuruf: Ich komme aus Samarkand und studiere hier in Deutschland Friedens- und Konfliktforschung im Masterstudiengang. Meine Frage ist: In Usbekistan ist das Politikstudium verboten. (Fortsetzung auf Usbekisch, ohne Dolmetschung)
BK’in Merkel: Wir nehmen das auf und werden darüber sprechen, was wir in Bezug auf den Politikstudiengang tun können. - Danke schön.