Im Wortlaut
(Da keine deutsche Übersetzung angeboten wurde, werden nur die deutschsprachigen Teile der Pressekonferenz protokolliert.)
- Mitschrift Pressekonferenz
- Donnerstag, 4. Mai 2023
BK Scholz: Es ist sehr gut, dass wir hier miteinander diskutieren konnten. Es war mir sehr wichtig, die Afrikanische Union zu besuchen und hier ganz intensiv über all die Fragen zu sprechen, die uns verbinden, Deutschland und die Afrikanische Union, die Europäische Union und die Afrikanische Union, und darüber, wie wir einen Beitrag dafür leisten können, dass eine gute Entwicklung des Kontinents und seiner Staaten möglich wird, dass wir aber auch Frieden und Sicherheit voranbringen können.
Eine ganz wichtige Aussage für die Afrikanische Union habe ich hier gemacht. Wir wollen unterstützen, dass die Afrikanische Union einen Sitz in der G20 bekommt, dass sie mitmachen und mitentscheiden kann. Das gebietet der Respekt vor dem Kontinent, seinen vielen Staaten und auch seiner wachsenden Bevölkerung.
Wir wollen unseren Beitrag dafür leisten, Frieden und Sicherheit voranzubringen. Deshalb haben wir uns mit den verschiedenen schwierigen Sicherheitslagen in verschiedenen Regionen Afrikas beschäftigt, ganz besonders und zu allererst natürlich, was den neu ausgebrochenen Konflikt im Sudan betrifft. Wir haben die Situation eingehend erörtert. Aber ich habe auch alle Unterstützung Deutschlands für eine friedliche Konfliktbeilegung zugesichert, bei der die Afrikanische Union natürlich eine ganz zentrale Rolle spielt. Das war mir wichtig, ist aber, denke ich, auch für die Frage der weiteren Entwicklung von großer Bedeutung.
Deutschland leistet auch an anderen Stellen einen ähnlichen Beitrag, was Gesprächsführung betrifft, ob es um Libyen geht oder ob es die Frage der Sahelregion oder weitere Entwicklungen und Herausforderungen, die sich im Osten Afrikas abspielen, betrifft. Natürlich geht es auch um die Frage, wie wir den Friedensprozess hier in diesem Land, in dem die Afrikanische Union ihren Sitz hat, voranbringen können.
Dass wir etwas dazu beitragen, dass Ernährungssicherheit gewährleistet ist, ist für uns zentral. Sehr vertieft hat uns beschäftigt, dass die Abhängigkeit eines Kontinents wie Afrika von Importen von Düngemitteln beendet werden muss. Deshalb werden wir alle Aktivitäten unterstützen, die eine Veränderung in diesem Bereich voranbringen, wie wir überhaupt die eigene wirtschaftliche Entwicklung Afrikas durch unsere Initiative „Compact with Africa“ unterstützen wollen, aber natürlich ausdrücklich auch durch die Unterstützung der Afrikanischen Freihandelsunion. Diese Bestrebungen sind uns sehr wichtig und werden auch in der Zukunft immer unsere weitere Unterstützung finden.
Das sind wichtige Gespräche hier. Ich bin sehr froh darüber, dass wir hier miteinander reden konnten. Ich setze darauf, dass wir es schaffen werden, darauf aufbauend auch die großen Herausforderungen zu bewältigen, die vor uns liegen.
Einen Punkt will ich noch ansprechen. Wir haben uns in der Tat auch über den russischen Angriff auf die Ukraine unterhalten, der so große Gefahren für die Sicherheit und den Frieden in Europa, aber auch in der ganzen Welt mit sich bringt. Es kann nicht akzeptiert werden, dass ein großer Staat einen kleineren Nachbarn überfällt, um sich einen Teil seines Territoriums anzueignen. Der Friede in der Welt beruht darauf, dass keine revisionistischen Bestrebungen dazu beitragen, dass man versucht, Grenzen mit Gewalt zu verschieben.
Dieser Krieg hat Folgen für viele Staaten und viele Menschen in der Welt. Das gilt ganz besonders auch für Afrika. Deshalb bleiben wir dabei, die Vereinten Nationen zu unterstützen, wenn es etwa um die Frage geht, wie wir Erfolge bei der Sicherung der Ernährungsversorgung, der Getreideexporte erzielen, das Thema der Düngemittel voranbringen und finanzielle Stabilität garantieren können. Diese Themen, Schuldentragfähigkeit und anderes, haben uns bewegt, also sehr viel auf einmal. Aber es sind auch viele große Fragen bei einem sehr großen Kontinent mit vielen Ländern.
Frage: Herr Bundeskanzler, an Sie eine Frage: Das ist jetzt schon Ihre zweite größere Afrikareise innerhalb von siebzehn Monaten, die Sie im Amt sind. Hat das auch damit zu tun, dass China und Russland immer stärker versuchen, sich auf dem afrikanischen Kontinent auszubreiten, um sowohl militärische als auch wirtschaftliche Verbindungen zu knüpfen? Hat man in Europa realisiert, dass man da stärker gegenhalten muss?
Wenn Sie erlauben, eine Nachfrage zu Ihrem Vorschlag des G20-Sitzes der Afrikanischen Union: Wie stark sehen die Unterstützung in der G20 für diesen Vorschlag?
BK Scholz: In der Tat haben wir sehr vertieft über diese Fragen gesprochen. Die Frage nach der Mitgliedschaft in der G20 sieht aus meiner Sicht sehr gut aus. Ich habe viele Gespräche geführt und habe das Gefühl, dass es dafür eine breite, wachsende Unterstützung gibt. Insofern kann es auch gelingen, dass das in nicht allzu ferner Zeit realisiert wird. Für mich wäre das jedenfalls etwas, das mich sehr freuen würde. Ich glaube, es wäre auch ein guter Beitrag im Hinblick auf den Respekt, den wir den Staaten des afrikanischen Kontinents schulden und auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer guten Zusammenarbeit in der Welt.
Das führt auch zu der zweiten Frage. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit vielen Ländern in einer multipolaren Welt leben und auch in Zukunft leben werden, die Einfluss nehmen, die Gestaltungsinteresse haben, was den Verlauf der Welt und die Zusammenarbeit betrifft. Das wird eine Welt von bald zehn Milliarden Einwohnern sein. In dieser Welt ist es wichtig, dass wir gute Beziehungen zum Beispiel zwischen Nord und Süd haben. Deshalb ist es für mich eine strategische Entscheidung, die Länder in Asien, im Süden Amerikas und in Afrika ganz neu in den Blick zu nehmen und Partnerschaften auf Augenhöhe zu begründen. Dass ich jetzt das zweite Mal in Afrika zu einer längeren Besuchsreise bin, hat genau damit zu tun. Es geht mir hier um einen strategischen Ansatz, um einen neuen Aufbruch im Nord-Süd-Verhältnis. Das ist das, was mir wichtig ist.
Schönen Dank!