Pressestatement von Bundeskanzler Scholz anlässlich der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 20. September 2022 in New York

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BK Scholz: Einen schönen guten Tag! Die Generalversammlung der Vereinten Nationen ist jetzt eine wichtige Zusammenkunft in einer ganz, ganz besonderen Zeit. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Sicherheits- und Friedensordnung nicht nur Europas, sondern der ganzen Welt gefährdet. Die Verständigung, dass man nicht mehr mit Gewalt versucht, sich das Territorium seines Nachbarn anzueignen, ist durch den imperialistischen Krieg, den Russland dort führt, zerbrochen.

Es ist wichtig, dass die Weltgemeinschaft die Ukraine unterstützt, so wie wir das aus Deutschland heraus tun, damit das nicht funktioniert und damit die Ukraine ihre Integrität und Souveränität verteidigen kann. Gleichzeitig sind damit natürlich auch viele Fragen des Miteinanders der Weltgemeinschaft aufgerufen, und deshalb müssen wir darauf bestehen, dass alle diese Prinzipien akzeptieren.

Gleichzeitig ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Welt, die immer multipolarer wird, zusammenarbeitet, dass sie multilateral in dem Sinne ist, dass wir gute Zusammenarbeit auch möglich machen. Für uns bedeutet das ganz besonders, dass wir bei den großen Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, auch zu unseren Worten stehen und mit dazu beitragen, dass diese großen Herausforderungen und Probleme unserer Welt gelöst werden können ‑ ganz aktuell selbstverständlich die Ernährungskrise, auch eine der Konsequenzen des russischen Angriffskriegs, aber natürlich auf Dauer ganz besonders auch das Thema, das sich mit dem Aufhalten des menschengemachten Klimawandels befasst. Deutschland ist ein Land, das da schnell vorangeht, mit eigenen technologischen Innovationen. Wir wollen 2045 klimaneutral sein, aber wir wollen auch dazu beitragen, dass alle Länder der Welt den Weg gehen können, um die Mitte dieses Jahrhunderts klimaneutral wirtschaften zu können ‑ in Asien, in Afrika und im Süden Amerikas. Das ist auch eine der Botschaften heute hier.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben es gerade selber angesprochen: Russland und der Krieg in der Ukraine sind das beherrschende Thema bei dieser sehr besonderen UN-Generalversammlung. Vor diesem Hintergrund: Welche Konsequenzen fordern Sie denn dafür, dass jetzt Referenden angekündigt sind, beispielsweise in der Ostukraine? Am Rande ist ja auch die Forderung gestellt worden ist, alle besetzten Gebiet an die Ukraine zurückzugeben, darunter eben auch (akustisch unverständlich).

BK Scholz: Russland muss seine Truppen zurückziehen. Die Ukraine hat jedes Recht, die Integrität und Souveränität des eigenen Landes und die eigene Demokratie zu verteidigen. Dabei unterstützen wir die Ukraine, und deshalb ist auch ganz, ganz klar, dass diese Scheinreferenden nicht akzeptiert werden können, dass sie nicht gedeckt sind vom Völkerrecht und von den Verständigungen, die die Weltgemeinschaft gefunden hat. Das ist alles nur der Versuch einer imperialistischen Aggression, die dadurch verbrämt werden soll.

Frage: Welche Erwartungen haben Sie an den Gipfel für Ernährungssicherheit, an dem Sie heute ja teilnehmen? (Rest der Frage akustisch unverständlich)

BK Scholz: Ernährungssicherheit ‑ dass auf dieser Welt, die so reich ist, Menschen nicht verhungern, dass sie sich und ihre Familien ernähren können ‑ ist eine der ganz, ganz großen Aufgaben. Wir leben in einer Zeit, in der es eigentlich möglich ist zu verhindern, dass Hunger noch eine Realität auf dieser Welt ist. Deshalb haben wir eine Verantwortung, auch mit finanziellen Mitteln der reichen Länder dazu beizutragen, dass das gelingt, jetzt und in dieser Zeit.

Jetzt unmittelbar ist es natürlich auch deshalb eine ganz besondere Herausforderung, weil der russische Krieg gegen die Ukraine ja auch dazu geführt hat, dass die Getreidelieferungen in den globalen Süden gestockt haben und sie immer noch nicht das Niveau erreicht haben, dass sie früher hatten. Wir haben uns sehr dafür eingesetzt, dass es möglich ist, auf anderem Wege ‑ auf dem Landweg, per Bahn ‑ Getreide aus der Ukraine zu exportieren. Ich bin sehr froh, dass es insbesondere durch die Vermittlung des UN-Generalsekretärs ‑ aber da haben viele mitgeholfen ‑ gelungen ist, eine Verständigung herbeizuführen, die jetzt den Export per Schiff aus der Ukraine wieder ermöglicht. Düngemittel und Getreide müssen aus der Ukraine exportiert werden können, und das ist die Verständigung auch mit Russland, damit es nicht zu einer Hungerkatastrophe kommt.

Frage: Herr Bundeskanzler, die UN-Generalversammlung ist ja immer eine Möglichkeit, viele zu treffen. Sie kommen aus einem Gespräch mit dem türkischen Staatspräsidenten. Was haben Sie davon mitgenommen?

BK Scholz: Zunächst einmal sind wir gemeinsam mit der Türkei über den Krieg besorgt, den Russland gegen die Ukraine führt. Wir haben natürlich darüber gesprochen, dass jetzt die erreichte Verständigung über die Getreideexporte nicht gefährdet werden darf. Man hört ja in letzter Zeit manche Töne, die so klingen, als ob Russland demnächst wieder versucht, diese Exporte zu stoppen. Es ist für uns beide sehr klar, dass wir sagen: Das soll und darf nicht sein. Diese Verständigung muss immer weiter fortgesetzt werden. Dafür setzen wir uns auch sehr konkret ein.

Frage: Was halten Sie von Erdoğans Bestrebungen, der Shanghai-Organisation beizutreten?

BK Scholz: Wir glauben, dass das keine Organisation ist, die einen ganz wichtigen Beitrag für ein gutes Miteinander in der Welt leistet. Deshalb bin ich sehr irritiert über die Entwicklung und Diskussionen. Aber am Ende ist es wichtig, dass wir uns darüber verständigen, was uns miteinander hier bewegt, wenn es darum geht klarzumachen, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine keinen Erfolg haben darf.

Schönen Dank!