Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel, Bürgermeister Müller und Ministerpräsident Söder nach der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer zum Thema "Impfen"

Im Wortlaut Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel, Bürgermeister Müller und Ministerpräsident Söder nach der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer zum Thema "Impfen"

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Donnerstag, 27. Mai 2021

BK’in Merkel: Ich begrüße neben mir Herrn Müller und - auf dem Bildschirm sehr gut sichtbar und, wie ich heute gelernt habe, vor der Kulisse des Bodensees, nicht etwa des Chiemsees - den bayerischen Ministerpräsidenten.

Meine Damen und Herren, wir haben heute ein Impfgespräch zwischen Bund und Ländern geführt - das war, glaube ich, auch der richtige Zeitpunkt - und haben im Grunde drei Dinge miteinander besprochen. Das Erste war die Frage der Impfkampagne für die Kinder im Zusammenhang damit, dass wir erwarten, dass die Zulassung der Europäischen Arzneimittel-Agentur für den Impfstoff von BioNTech alsbald erfolgen könnte, was Kinder im Alter von 12 bis 16 Jahren betrifft. Der BioNTech-Impfstoff ist ja bereits ab 16 Jahren zugelassen. Wir haben aus der Europäischen Kommission gehört, dass auch Moderna in absehbarer Zeit einen solchen Antrag stellen wird, aber das wird noch etwas dauern.

Vorweg möchte ich sagen: Das, was uns alle gemeinsam beschäftigt hat und was wir auch positiv konstatieren konnten, ist, dass die gemeinsame Impfkampagne von Bund und Ländern seit Beginn des zweiten Quartals deutlich an Fahrt gewonnen hat. Es wurden 35 Millionen Deutsche - das sind 41,4 Prozent der Bevölkerung - mindestens einmal geimpft. Wenn man überlegt, dass wir ja gar nicht alle impfen können, weil es für die Kleineren Kinder ja keine entsprechende Zulassung gibt, dann ist das schon ein sehr guter Wert. 13 Millionen - das heißt, 15,7 Prozent - sind bereits vollständig geimpft.

Die Priorisierung der Impfung älterer und vorerkrankter Menschen hat ihre positive Wirkung entfaltet; denn das hat zu einer deutlichen Reduzierung der schweren Krankheitsverläufe geführt. Es sinkt die Zahl der Neuinfektionen und erfreulicherweise auch die Zahl der belegten Intensivbetten. Das ist ein großer Erfolg. Wir bekräftigen noch einmal unsere Aussage vom Impfgipfel am 11. Februar, dass bis zum Ende des Sommers jedem Bürger und jeder Bürgerin ein Impfangebot gemacht werden wird. Das schließt auch diejenigen ein, die jetzt wahrscheinlich zusätzlich in dieses Impfangebot miteinbezogen werden können, nämlich die 12- bis 16-jährigen Kinder.

Wir haben heute den Chef der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut zu Gast gehabt, der deutlich gemacht hat: Wenn es eine Zulassung der Europäische Arzneimittel-Agentur geben wird, dann wird es in absehbarer Zeit auch eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission geben, wie es sie ja schon hinsichtlich der verschiedensten Impfstoffe gegeben hat. Kinder und Jugendliche können sich dann ab dem Ende der Priorisierung - Sie wissen, dass die Priorisierung am 7. Juni im Allgemeinen aufgehoben wird - auch um einen Impftermin bemühen, entweder eben bei niedergelassenen Ärzten oder auch gegebenenfalls in den Impfzentren. Das wird auch jeweils von den Ländern geregelt.

Für uns waren zwei Aussagen ganz wichtig. Die erste war: Ein sicherer Schulbetrieb wird auch in Zukunft völlig unabhängig von der Frage sein, ob ein Kind geimpft ist oder ob ein Kind nicht geimpft ist. Ich will noch einmal daran erinnern, dass es ja sowohl für die Kita-Kinder als auch für die Grundschulkinder auf absehbare Zeit gar keine Impfzulassung geben wird. Aber auch für die 12- bis 18-Jährigen gilt: Der sichere Schulbetrieb ist unabhängig von der Frage zu betrachten, ob Kinder geimpft sind oder nicht.

Gleiches gilt im Übrigen auch, weil danach immer wieder gefragt wird, für die Frage des Urlaubs. Sowohl im europäischen Ausland als auch in Deutschland kann man, wenn man keine Impfung hat, Urlaub machen, weil Testungen dann als Voraussetzung für die Urlaubsangebote natürlich vollkommen ausreichen werden.

Wir haben uns in einem zweiten Punkt noch einmal mit den zu erwartenden Lieferungen beschäftigt, die wir erhalten werden. Hierzu können wir sagen, dass Liefermengen im Großen und Ganzen so, wie sie auch schon in Aussicht gestellt wurden, kommen werden. Es gibt eine Unsicherheit für das zweite Quartal beim Impfstoff von Johnson & Johnson. Hiervon liegt eine beträchtliche Zahl von Dosen, die noch geprüft werden, bei der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA. Sie haben sicherlich vernommen, dass es dort Verunreinigungen in einem Werk gab, in dem zuerst der Impfstoff von AstraZeneca und dann der von Johnson & Johnson produziert wurde. Diese Dosen sind noch nicht freigegeben, und davon hängt erheblich ab, ob die zugesagte Liefermenge von 10,1 Millionen Dosen von Johnson & Johnson bis zum Ende des zweiten Quartals eintreffen wird.

Erfreulich ist, dass sowohl BioNTech/Pfizer als auch Moderna sehr zuverlässig liefern und ihre Liefermengen im zweiten Quartal sowie nach allem, was wir wissen, auch wenn wir die detaillierte Liefermenge noch nicht kennen, auch im dritten Quartal einhalten werden, sodass wir unsere Zusage weiter aufrechterhalten können, die wir bezüglich des Impfangebots an alle Bürgerinnen und Bürger gemacht haben.

Ein letzter Diskussionsgegenstand war die Frage des Impfzertifikats in digitaler Form. Der Trilog hierzu in der Europäischen Union ist ja abgeschlossen worden. Das heißt, wir haben eine rechtliche Regelung für die Kompatibilität der digitalen Impfzertifikate. Das war für die Fertigstellung des deutschen Impfzertifikats von großer Bedeutung. Es wird dieses digitale Impfzertifikat als eine unabhängige App oder aber auch in die Corona-Warn-App eingearbeitet geben. Jeder kann wählen, wie er oder sie es möchte. Der Bundesgesundheitsminister hat heute noch einmal dargestellt, dass er davon ausgeht, dass dieses Angebot bis Ende Juni beziehungsweise spätestens Anfang Juli zur Verfügung gestellt werden wird. Die ersten Tests laufen jetzt ja schon. Der Vorteil wird sein, dass es dann mit diesem Zertifikat eben auch die Kompatibilität in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geben wird. Dafür sind die rechtlichen und technischen Voraussetzungen jetzt geschaffen.

Alles in allem war es also ein wichtiger Gipfel. Ich darf mich bei allen Bundesländern bedanken. Es wird mit einer unglaublichen Energie daran gearbeitet, sowohl in den Impfzentren als auch in den Arztpraxen, die Impfkampagne mit dem höchstmöglichen Tempo durchzuführen. Das ist auch ganz wichtig; denn wir kämpfen ja, wie wir es Anfang des Jahres gar nicht absehen konnten, immer wieder gegen Mutationen und neue Mutationen. Das heißt, je schneller wir den Impfstoff an den Mann, die Frau und in Zukunft auch an Jugendliche bringen, umso besser ist es.

Ich möchte mich auch bei den Beschäftigten in den Impfzentren und bei den Ärzten ganz herzlich für ihr Engagement bedanken. In Zukunft, ab Juni, werden ja auch die Betriebsärzte dazukommen. Das heißt, dann werden wir auch fast alles, was wir haben, einsetzen, um die Impfkampagne weiter voranzubringen. Herzlichen Dank.

BGM Müller: Es ist richtig, dass dies heute noch einmal eine wichtige Sitzung zu diesem gesamten sensiblen Themenkomplex des Impfens war. Gut, dass wir uns zwischen Bund und Ländern darüber auch immer wieder ganz konkret austauschen!

Die drei Punkte, die die Bundeskanzlerin angesprochen hat, waren uns heute gemeinsam sehr wichtig. Natürlich wollten wir auch noch einmal hören, ob wir wirklich mit großer Sicherheit sagen können, dass wir Ende Juni beziehungsweise Anfang Juli einen entsprechenden digitalen Impfnachweis haben werden. Das bewegt viele Menschen: Wie können sie die nächsten Monate planen? Wird es europaweit eine einheitliche Lösung geben, eine unkomplizierte, barrierefreie Lösung, um nachzuweisen, dass man genesen, getestet oder eben - ganz besonders wichtig - auch geimpft ist? - Das ist ja auch für viele der entscheidende Punkt, um diese Sicherheit zu haben, wenn sie den Urlaub planen oder wenn sie andere Begegnungen innerhalb Deutschlands oder auch darüber hinaus planen.

Das ganze Thema der Impfstofflieferung war für uns sehr wichtig, dabei vor allen Dingen auch der Ausgleich zwischen den Ländern und die Fragen, welche Lieferungen wir in den nächsten Monaten erwarten können und mit welchen Kapazitäten wir in den Arztpraxen und in den Impfzentren rechnen können. Es ist noch einmal wichtig, dass wir festhalten konnten, dass es einen Ausgleich zwischen den Ländern geben wird. Wir haben in den letzten Wochen zum Teil ungleiche Mengen bekommen. Es ist nicht ganz der Königsteiner Schlüssel, der dabei eine Rolle spielt, oder die Bevölkerungszahl, die zugrunde gelegt wird. Auf Grundlage der Bestellmengen und der unterschiedlichen Größenordnungen der einzelnen Impfstoffmengen, die abgerufen werden, kann es eben zu diesen Ungleichheiten kommen. Sehr gut, dass wir festhalten konnten, dass es da einen Ausgleich geben wird!

Von herausragender Bedeutung war natürlich der dritte Punkt. Es ist wichtig und richtig, dass wir darin Klarheit hatten. Es ist in den letzten Wochen der Eindruck erweckt worden, als ob es praktisch eine eigene Impfkampagne für Kinder und Jugendliche geben wird, und das ist nicht der Fall; das muss man ganz klar sagen. Wir werden vielmehr im Zusammenhang mit den nächsten Impfstofflieferungen sowie natürlich nach Zulassung durch die EMA und eine entsprechende Einschätzung der STIKO auch den Kindern und Jugendlichen in den entsprechenden Altersgruppen ein Impfangebot machen können. Wenn die Priorisierung ab dem 7. Juni fallen wird, werden wir den Kindern und Jugendlichen beziehungsweise werden wir den Familien über die Arztpraxen und über Impfzentren, sofern man das will - die Länder werden wahrscheinlich unterschiedlich damit umgehen, ob sie nun noch zusätzlich über die Impfzentren einladen oder nicht -, ein Angebot machen können.

Aber es ist ganz klar, und das muss man auch offen aussprechen, um hier nicht unnötig Erwartungen zu wecken: Wir haben dafür keine zusätzlichen Impfstoffe. Das war, glaube ich, der entscheidende Punkt, der in den letzten Wochen vielleicht das eine oder andere Mal etwas schief herübergekommen ist. Einige dachten nämlich, jetzt gebe es für die Kinder und Jugendlichen mit zusätzlichen Impfstofflieferungen auch noch einmal zusätzlich die Möglichkeit, schneller ein Impfangebot zu bekommen. Das wird nicht der Fall sein, sondern wir werden eben im Rahmen der Lieferungen die Möglichkeit eröffnen, vor allen Dingen durch das Wegfallen der Priorisierung, dass man sich eben auch um einen Termin für die Kinder und Jugendlichen sowie darum bemühen kann, dass sie eben mit in diese Impfkampagne hereinkommen, die wir ja schon aufgestellt haben. Ich glaube also, diese Klarheit ist jetzt wichtig für viele Familien gewesen, damit sie wissen, woran sie sind.

Aber genauso wichtig ist die Botschaft, auf die die Bundeskanzlerin schon hingewiesen hat: Die Einrichtung des neuen Schuljahres nach den großen Ferien wird unabhängig davon erfolgen und kann auch unabhängig davon sichergestellt werden. Das hat auch der Vorsitzende der STIKO noch einmal ganz eindeutig betont.

Das, was wir in den Ländern seit Monaten machen, ist der richtige Weg, dass wir also mit Sicherheitsmaßnahmen an der Schule arbeiten, dass Belüftungssysteme, Abstands- und Hygieneregeln, das Masketragen und der Wechselunterricht in den letzten Monaten von großer Bedeutung waren. Es ist so, dass wir jetzt mit dem zunehmenden Impffortschritt - auch für die Lehrerinnen und Lehrer und dann auch für die Kinder und Jugendlichen - noch einmal zusätzliche Sicherheit gewinnen, dass man aber nicht ausschließen kann - das ist nach wie vor die Erkenntnis, die wir auch in den letzten Monaten mitgeteilt bekommen haben -, dass sich Kinder auch infizieren.

Wir sehen das auch in Berlin. Für meine Stadt kann ich ganz eindeutig sagen: Wir haben Infektionen, die auch beim Doppelten bis Dreifachen über dem berlinweiten Durchschnitt liegen.

Es gibt also diese Infektionsgefahren. Aber zum Glück - das ist nach wie vor die Erkenntnis - erkranken Kinder und Jugendliche nicht schwer. Das unterscheidet sie deutlich von den anderen Altersgruppen.

Das heißt, dass wir auch in diesem Bereich, der für viele so wichtig ist, in den nächsten Wochen und Monaten große Fortschritte machen werden, dass wir nach den großen Ferien ein gutes und sicheres Schuljahr planen können, aber dass wir auch weiter mit den vorhandenen Instrumenten und Kapazitäten arbeiten müssen.

Abschließend von meiner Seite auch noch einmal ein großes Dankeschön an alle, die diesen schweren Weg der letzten Monate mitgetragen haben. Alles, was wir erreicht haben - die bundesweiten niedrigen Inzidenzen -, all diese Erfolge sind nicht von alleine gekommen. Sie sind durch ein verstärktes Impfen zustande gekommen - hier sind wir deutlich und schneller vorangekommen, als es wahrscheinlich viele erwartet haben -, aber auch durch die Maßnahmen, die wir gemeinsam auf Bundes- und Länderebene ergriffen haben. Sie sind auch zustande gekommen, weil so viele Menschen die Maßnahmen über so einen langen Zeitraum solidarisch mitgetragen haben.

Als wir angefangen haben, uns mit dieser Pandemie auseinanderzusetzen, haben wahrscheinlich viele von uns - ich auch - gedacht: Das ist etwas, was uns einige Wochen oder Monate beschäftigen wird. Inzwischen ist das über ein Jahr der Fall. Dass über ein Jahr die Maßnahmen mit so großer Solidarität mitgetragen werden, ist keine Selbstverständlichkeit. Das ist aber der Schlüssel des Erfolges, dass wir eben nicht Intensivstationen haben, wo wir die Lage nicht mehr bewältigen, sondern dass wir Intensivstationen haben, wo wir nach wie vor vielen Menschen sehr gut helfen können.

Dass wir jetzt eine Perspektive für die Familien, für die Hotellerie und Gastronomie, für den Bereich Tourismus und für die Studierenden in den Hochschulen haben, wo es nach anderthalb Jahren endlich wieder losgeht, die auch wirklich ein Campus- und Universitätsleben erfahren werden, dass wir viele Ältere so gut schützen konnten, das ist, wie gesagt, ein großer gemeinsamer Erfolg, den man hier an dieser Stelle auch einmal würdigen kann. Darauf aufbauend werden wir in den nächsten Monaten noch deutlicher vorankommen und noch mehr Menschen helfen können. - Danke.

MP Söder: Ein herzliches Dankeschön. Von meiner Seite einige Bemerkungen, wie wir das einzuschätzen haben:

Erst einmal ist es tatsächlich so: Dieser Gipfel hat schon mit den Debatten der letzten Tage ziemlich viel Klärung gebracht. Diese Klärung muss man jetzt noch einmal deutlich formulieren. Das Wichtigste ist: Es gibt keinen unendlichen Impfstoff. Wir hatten ja immer die Hoffnung, dass es irgendwann einen Zeitpunkt gibt, an dem wir Impfstoff im Überfluss haben und fast überlegen müssen, wer noch zusätzlich verimpfen kann, um die Impfgeschwindigkeit tatsächlich noch aufrechtzuerhalten.

Es hat sich jetzt herausgestellt – auch, was internationale Zusagen betrifft -, dass es eben keinen Überfluss gibt, dass sogar einige Lieferungen - sagen wir es einmal so - wackelig sind und dass wir deswegen mit dem vorhandenen Impfstoff auch sehr klug haushalten müssen. Das heißt: Wir sind über den Impfberg. Wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg. Wir müssen aber nach wie vor schauen, dass die Verimpfung klappt, dass Erst- und Zweitimpfungen in einem guten Rhythmus bleiben, dass es keine zu langen Pausen gibt und dass der Impfmotor nicht stoppt.

Ich glaube, es war eine kluge und wichtige Entscheidung, die Ärzte mit einzubeziehen, denn die Ärzte haben neben den Impfzentren generell für eine Beschleunigung des Impfens durch geringe Bürokratie und auch durch die entsprechenden Möglichkeiten gesorgt. Es ist auch richtig, dass jetzt die Freigabe der Priorisierung erfolgt ist. Das gibt noch mehr Optionen. Insofern aufpassen und in den nächsten Wochen klug haushalten. Das war übrigens auch der Hintergrund der Debatte mit Schülerinnen und Schülern.

Das Wichtige ist zunächst einmal: Wir wollen Impfangebote machen. Es gibt aber keine Impfpflicht. Das ist ganz wichtig. Das heißt: Da die Voraussetzung für Schule eben nicht Impfen ist, es keine Impfpflicht gibt und wir auch fest davon ausgehen, dass auch Schule mit anderen Optionen möglich ist, ist es wichtig klarzumachen: Keiner muss geimpft werden. Wir wollen aber Angebote machen.

Wir in Bayern wollen bereits versuchen, für Jugendliche ab 16, für die also eine Impfung ohnehin schon möglich ist, eine Verimpfung zu erreichen, sodass wir im Juni den Abschlussklassen ein Angebot machen. Wir haben heute bereits über die Frage diskutiert: Wie geht es bei den 12- bis 16-Jährigen weiter?

Die STIKO - die Bundeskanzlerin hat es angesprochen - hat heute schon sehr deutlich argumentiert. Dort gibt es an der Stelle eine große Reserviertheit gegenüber einer Empfehlung. Wenn, dann nur für bestimmte Risikogruppen und auch vor allen Dingen nur nach Rücksprache mit den Kindern- und Jugendärzten oder den Ärzten, die Familien und Kinder betreuen. Deswegen haben wir uns sehr deutlich in der Frage positioniert und haben gesagt: Okay, im Rahmen der normalen Freigabe der Priorisierung und dann einer möglichen Zulassung durch die EMA ist das dann möglich, aber - und das wäre auch die Empfehlung, die wir gerade in Bayern abgeben würden - eben nur tatsächlich nach Rücksprache mit dem zuständigen Arzt, der auch beurteilen kann, ob das einen Sinn macht oder nicht und wie das stattfindet.

Deswegen gibt es auch entgegen der Meldungen in den letzten Tagen kein Abzweigen von vorhandenem Impfstoff und auch kein Zurücklegen von Impfstoff. Es gibt aber auch leider keinen neuen und auch kein Umverteilen. Das bewegt sich im Rahmen der Impfstoffbasis. Das war heute die entscheidende Klärung, die stattgefunden hat. Aber - und das ist entscheidend - Schule ist trotzdem möglich.

Für Bayern kann ich sagen - wir sind ja mitten in den Pfingstferien, was Sie ja auch an meinem Hintergrund und auch anhand der Tatsache sehen, dass ich heute nicht in Berlin bin -, was für uns ganz klar ist: Wir haben jetzt noch eine Woche Pfingstferien, und dann startet unser Unterricht. Wir haben bislang eine Regelung gefunden, nach der wir unter einer Inzidenz von 50 Präsenzunterricht und bei einer Inzidenz von 50 bis 165 Wechselunterricht haben. Wir haben im Moment nur noch zwei Gebietskörperschaften mit einer Inzidenz von über 100. Wir haben, was die Inzidenzen angeht, eine sehr fallende Tendenz. Deswegen werde ich bei uns in Bayern vorschlagen, dass wir nach den Pfingstferien zur Sicherheit noch zwei Wochen Wechselunterricht machen, danach aber überall dort, wo die Inzidenz unter 100 liegt, tatsächlich in den kompletten Präsenzunterricht einsteigen, weil wir Schule ermöglichen wollen. Das Konzept mit dem Testen und den bereits geimpften Lehrern hat sich sehr, sehr gut bewährt, sodass wir auch ein Signal der Perspektive setzen.

Für Bayern bedeutet das, dass wir noch fast sieben Wochen Schule haben - zwei Wochen Wechselunterricht und dann tatsächlich noch fünf Wochen Präsenzunterricht -, was für viele Schülerinnen und Schüler dann einfach eine Riesenchance ist, in den Schulalltag zurückzukehren und sich wieder an das Konzept Schule zu gewöhnen.

Deswegen unsere Idee heute: Ja, Impfangebote da machen, wo möglich und auch nötig. Beispielsweise in Risikosituationen macht es für die Kinder besonderen Sinn. Ansonsten spürte man geradezu die Zurückhaltung der STIKO. Ich fand gut, dass die Bundeskanzlerin das bewusst aufgegriffen hat und so in das Konzept integriert hat.


Aus meiner Sicht ist es so: Es wird in Deutschland jeden Tag besser. Es wird besser und die Inzidenzen fallen. Das heißt, die Grundkonzepte sowohl in Bezug auf Vorsicht als auch in Bezug auf das Impfen haben funktioniert.

Ich sage noch einmal für den Freistaat: Ich bedanke mich, dass wir in einer ganz schlimmen Krisensituation, als wir ein großer Hotspot waren, zusätzliche Impfdosen bekommen haben. Herr Müller sprach von einem Ausgleich. Das wird jetzt alles Stück für Stück gemacht. Aber uns hat das damals sehr, sehr geholfen. Dafür bedanken wir uns noch einmal bei den anderen Bundesländern und vor allem beim Bund, der mitgeholfen hat, diese Impfdosen zu besorgen.

Ich glaube, es wird jeden Tag besser. Aber es ist noch nicht so, dass wir Impfstoff im Überfluss haben. Da darf sich keiner täuschen. Wir haben eine Menge Arbeit vor uns – sowohl in Bezug auf die Impfzentren als auch in Bezug auf die Ärzte. Aber wie gesagt: Es wird jeden Tag besser. Es gibt weiter Anlass zu Optimismus und Hoffnung, aber nicht zu Übermut und Euphorie.

Frage: Guten Abend, Frau Bundeskanzlerin, guten Abend an beide Ministerpräsidenten! Die Kinder und Jugendlichen haben über ein Jahr zugunsten der Älteren zurückgesteckt. Sie haben zwar die Zweifel der STIKO wiedergegeben. Aber wäre es nicht an der Zeit gewesen, jetzt doch für eine Priorisierung für Kinder und Jugendliche zu sorgen und den Schwerpunkt darauf zu legen, dass deren Leben wieder normal wird?

Frau Bundeskanzlerin, wird es eigentlich bei der Notbremse bis zum 30. Juni bleiben oder muss sie noch einmal verlängert werden?

BK’in Merkel: Über den zweiten Punkt müssen wir noch mit dem Parlament diskutieren. Darüber gibt es noch keine Entscheidung. Die Befristung ist erst einmal da. Die Entwicklung ist ja auch so erfreulich. Wir haben, glaube ich, im Augenblick gar keine Landkreise mehr mit einer Inzidenz über 200. Die Zahl derer, die zwischen einer Inzidenz von 100 und 200 liegen, nimmt dramatisch ab. Das wird aber, wie gesagt, mit dem Parlament diskutiert.

Zweitens zu der Frage Kinder und Jugendliche: Ich glaube, dass wir Kindern und Jugendlichen vor allen Dingen dadurch helfen, dass die Gesamtinzidenz niedrig ist, dass wieder das, was eben gesagt wurde, möglich ist, nämlich Schulbetrieb bis hin zum Präsenzbetrieb. Je niedriger die Inzidenz ist, umso besser ist das.

Wir müssen bei der Frage „Wann tun wir den Kindern etwas Gutes?“ überlegen - das hat der Chef der STIKO, Herr Mertens, heute noch einmal gesagt -: Ist es für Kinder geboten oder nicht geboten, sich impfen zu lassen? Dabei wird neben der Zulassung der EMA die Empfehlung der Ständigen Impfkommission eine Rolle spielen. Sicherlich wird auch das Gespräch mit den Ärzten eine Rolle spielen. Das heißt, wir wollen - das ist, glaube ich, das Beste für Kinder und Eltern - diese Entscheidung wirklich denjenigen überlassen, die Rat geben. Das ist erst einmal die Empfehlung der Ständigen Impfkommission, und zweitens ist das gegebenenfalls das Gespräch mit dem Arzt.

Es sind ja vor allen Dingen schon Jugendliche ab 12. Wir können ja sowieso für die 0 bis 12-Jährigen kein Angebot machen. Die 16-Jährigen können heute schon geimpft werden, was mit dem Impfstoff von BioNTech auch eine Möglichkeit ist. Dann werden alle die Möglichkeit haben, sich um einen Termin zu bemühen. Wir werden ab dem 7. Juni nicht allen dieses Angebot machen können. Ich glaube aber, den Kindern tun wir das Allerbeste, wenn die gesamte Gesellschaft niedrige Inzidenzen hat und deshalb so weit wie möglich wieder ein normales Leben möglich ist - mit den Einschränkungen der AHA-Regeln, die auch weiterhin beibehalten werden.

Wir dürfen nicht vergessen: Bei allem, was ist, wird die Situation so sein, dass wir weiterhin in der Pandemie leben und wir jetzt nicht sagen können: Die Pandemie ist vorbei. - Das kann man nicht sagen.

BGM Müller: Sie fragen, ob wir nicht gerade den Kindern und Jugendlichen wieder ein normales Leben ermöglichen sollten. Sie haben recht. Das ist natürlich das Ziel. Es tut weh, dass das so selbstverständlich wie in den früheren Jahren noch nicht möglich ist.

Aber man muss schon sehen, dass wir alle, alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidentinnen, alles an Angeboten auch für die Kinder und Jugendlichen, denke ich, ausgeschöpft haben, was wir verantworten konnten. Das war für uns im zurückliegenden Jahr oft eine Gratwanderung, wenn manche Erkenntnisse noch nicht hinreichend sicher vorlagen oder wir uns gewünscht hätten, dass eine noch bessere Datenbasis da gewesen wäre, und wenn es schwierig war, allen Wünschen gerecht zu werden, von den einen oder anderen Eltern, die auch unterschiedliche Positionen vertreten haben, von den einen oder anderen Lehrerinnen und Lehrern. Wir alle haben so viel wie möglich umgesetzt, auch an den Schulen und auch in den Kitas.

Ich weiß, dass es immer schwierig und gefährlich ist, die eine und dann die andere Gruppe zu nennen. Aber wir hatten über das ganze Jahr Angebote in Kita und Schule, auch jetzt. Viele sagen, es müsste mehr sein. Aber - ich bleibe einmal bei meiner Stadt - ich biete viel an, etwa für die Abschlussklassen. Ich biete Wechselunterricht an, Kitas - natürlich den entsprechenden Betrieb -, erweiterte Notbetreuung auch an den Schulen usw. Es gibt andere Bereiche, die über anderthalb Jahre gar kein Angebot hatten. Noch einmal: Die Studierenden hatten über anderthalb Jahre gar kein Angebot.

Insofern sieht man daran vielleicht auch, dass wir es uns mit dem Thema nicht leichtmachen und sagen „auf oder zu“, sondern dass wir auch in den Zeiten, in denen wir extrem hohe Inzidenzen hatten, mit Augenmaß gehandelt und - ich denke, ich kann das für alle sagen - für Kita, Schule und die Eltern ausgereizt haben, was nur ging.

Auch jetzt ist das der Fall. Noch einmal: Ich habe in Berlin heute ungefähr eine 35er-Inzidenz. Darüber freue ich mich. Ich habe in der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen eine 64er-Inzidenz. Das kann ich nicht wegdiskutieren. Das heißt, dass ich an der Stelle doch immer noch vorsichtig sein, schützen und mit Maßnahmen arbeiten muss. Ich glaube, dass es vielen anderen auch so geht.

Wir richten uns also darauf ein - ich habe es ja dargestellt, die zusätzlichen Möglichkeiten, die wir haben, und auch den Impffortschritt -: Wir wollen selbstverständlich nach den Ferien wieder ein umfassendes Präsenzangebot machen. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Aber wir sind im Moment noch in einer Phase wie in den zurückliegenden Monaten, in der wir bezüglich der Möglichkeiten, die wir an Kita und Schule bieten, auch besonnen sein mussten.

MP Söder: Noch eine kurze Ergänzung von mir: Natürlich stimmt es, dass wir den Kindern und Jugendlichen in dem Jahr unglaublich viel zugemutet haben. Aber ich gebe jetzt einmal meine Einschätzung aus vielen Gesprächen wieder: Ich bin echt super optimistisch, dass diese Generation das überwinden wird. Wir erleben es jetzt gerade bei Abiturprüfungen nach dem, was ich so höre, mit einem großen Engagement und großer Leistung. Wir müssen schauen, dass wir tatsächlich manche Kollateralschäden ausgleichen, etwa bei denen, die es psychisch sehr belastet hat, und da, wo wir Bildungsnachholbedarf haben, wo die Bildungsschere auch ein bisschen auseinandergegangen ist. Wir müssen uns ganz schön auf die Hinterfüße stellen, um das Ganze auf die Reihe zu bringen. Aber ich habe das Gefühl, dass das eine sehr starke Generation ist, die leider zu früh viel erfahren hat, aber damit besser umgeht, als auch ich es manchmal gedacht hätte. Das ist das eine.

Das andere: Natürlich ist Schule wichtig. Deshalb ist unser Ziel, auch dort mehr zu tun. Ich habe gerade gesagt, was das das für Bayern bedeutet. Übrigens haben sich die Testkonzepte und das Maskentragen bewährt. Auch das machen die Schülerinnen und Schüler echt bravourös und ohne Klagen oder Probleme. Aber wir wollen beides schaffen; wir wollen Schule mit Lernen ermöglichen, aber auch sicher machen. Es ist so, wie es Herr Müller angesprochen hat.

Aber das eigentliche Problem, um das es heute ging, war die Frage: Ist mehr Impfstoff da, ja oder nein? - Wenn es nicht mehr Impfstoff gibt, dann geht es nur über eine Umverteilung. Es gab ja die Debatte darüber, ob wir umverteilen, ob wir anderen Impfstoff - in Anführungszeichen - wegnehmen. Nachdem wir immer noch viele Menschen haben, die sich in den Priorisierungsgruppen eins bis drei befinden, sich noch nicht geimpft haben und bei denen eine Coronaerkrankung erheblichste gesundheitliche Schäden bedeutet, war es eine Abwägung: Nimmt man Impfstoff weg, oder speist man das sozusagen ein? - Wenn die STIKO heute gesagt hätte, sie empfehle unbedingt, ohne Wenn und Aber, dass wir jetzt sofort alle impfen müssen, dann wäre unsere Entscheidung vielleicht auch etwas anders strukturiert gewesen. Nachdem die STIKO große Zurückhaltung gezeigt und auch gesagt hat „eigentlich nur unter bestimmten Bedingungen“ - das war ja schon im Vorfeld dieser Sitzung klar -, ist das jetzt, denke ich, ein sehr verantwortbarer Prozess, den wir gehen können. Je mehr da ist, desto mehr wird auch geimpft.

Frage: Ich möchte an der Stelle gern nachhaken. Durch die Ankündigung der Aufhebung der Priorisierung zum 7. Juni und die teilweise Aufhebung der Priorisierung in einigen Bundesländern ist es ja schon zu einem Run auf die Arztpraxen und zu teilweise chaotischen Zuständen bei der Terminvergabe gekommen. Die Botschaft, die Sie jetzt an die Kinder senden, ist: Hinten anstellen! - Anders kann man das ja eigentlich nicht formulieren. Würden Sie dem zustimmen?

Ich habe noch eine technische Nachfrage. Wenn nach der Aufhebung der Priorisierung die Kinder an die Reihe kommen, was ist dann, wenn die STIKO in ihrer Empfehlung aber doch sagt: „Chronisch kranke Kinder, besonders gefährdete Kinder sollen bevorzugt werden“? Überlassen Sie das dann den Ärzten?

BK’in Merkel: Es ist ja heute schon so, dass die Ärzte da, wo priorisiert wird - das machen ja auch die Impfzentren -, dann vorzugsweise Termine vergeben. Das würde dann sicherlich auch bei einer Empfehlung für vorerkrankte Kinder so sein. Da würde man überhaupt nicht sagen: „Hinten anstellen!“

Im Übrigen heißt die Aufhebung der Priorisierung ja nicht, dass sich irgendeine Gruppe hinten anstellen muss. Aber die Aufhebung der Priorisierung heißt eben auch nicht, dass jeder am 8. Juni einen Impftermin bekommen kann, sondern unser Versprechen heißt: Bis zum Ende des Sommers hat jeder einen Impftermin. - Aber es heißt eben nicht, dass man warten muss, bis einem ein Brief zugeschickt wird oder bis man eine bestimmte Altersangabe machen kann oder bis einem je nach Bundesland ein QR-Code zugeschickt wird, sondern man kann sich um einen Impftermin bemühen.

Das wird natürlich erst einmal auch dazu führen, dass ein gewisser Andrang da ist, das ist klar. Deshalb ist die Zusage wichtig, dass wir bis zum Ende des Sommers jedem ein Impfangebot machen werden. Deshalb stellt sich niemand in dieser großen Gruppe hinten an. Wenn eine ausdrückliche Empfehlung für vorerkrankte Kinder gegeben wird, dann wird eine ähnliche Priorisierung stattfinden wie für vorerkrankte Erwachsene. Das kann man zusagen.

Frage: Meine Frage geht an Sie, Frau Bundeskanzlerin, und an den bayerischen Ministerpräsidenten. Trotz der jüngsten Impferfolge gibt es offenbar nach wie vor doch noch eine große Unzufriedenheit in Teilen der Bevölkerung. Zum Beispiel plakatiert die AfD in Sachsen-Anhalt „Freiheit statt Corona-Irrsinn“.

Herr Ministerpräsident, was bedeutete es eigentlich für die Union, wenn die AfD dort stärkste Kraft werden sollte? Meinen Sie, dass dann auch noch einmal eine Diskussion über die Kanzlerkandidatur in der Union ausbricht?

Frau Bundeskanzlerin, hoffen Sie, dass Sie mit dem Versprechen, bis zum Ende des Sommers jedem ein Impfangebot machen zu können, bis zur Bundestagswahl auch den rechten Populisten den Wind aus den Segeln nehmen?

MP Söder: Soll ich anfangen?

BK’in Merkel: Ja.

MP Söder: Gut. - Ja, das ist natürlich eine sehr spannende Frage. Ich habe gerade gelesen, dass es eine neue Umfrage in der ARD gibt, nach der die Union dort deutlich vor der AfD liegt. Davon gehe ich auch aus, weil Reiner Haseloff ein exzellenter Ministerpräsident ist, der auch meine volle Unterstützung hat, so, wie wir alle dafür kämpfen, dass in Sachsen-Anhalt die Union vorn liegt und eine stabile Regierung bilden kann. Davon gehe ich fest aus. Alle anderen Fragen halte ich für absurd.

BK’in Merkel: Ich will ausdrücklich bestätigen, dass Reiner Haseloff mit seiner Koalition ausgezeichnete Arbeit in Sachsen-Anhalt macht.

Was die Frage, jedem ein Impfangebot zu machen, anbelangt, so ist das für mich eine Freude aus der Sache heraus. Ich denke, wir sollten dabei nicht so parteipolitisch denken. Dass ich für die Union kämpfe und dass Herr Müller für die SPD kämpft, das ist unbestritten. Aber bei der Bekämpfung der Pandemie geht es um eine so ernsthafte Sache, dass wir zusammenarbeiten und dass wir uns freuen, wenn wir den Menschen etwas anbieten können, was Sie vor dieser Pandemie wirklich schützt. Gerade was die mRNA-Impfstoffe angeht, haben wir ja die Hoffnung, dass wir selbst dann, wenn Mutationen auftreten, sehr schnell wieder einen neuen Impfstoff haben werden, der eine Antwort darauf gibt.

Im Übrigen können wir uns hier sowieso nur sekundär mit etwas - in Anführungszeichen - schmücken. Die Impfstoffentwicklung ist eine wissenschaftlich-technische Großleistung. Dass Deutschland ein Unternehmen hat, dass dabei mit an der Spitze steht, erfüllt uns mit Freude und wird uns darin bestärken, dass wir Wissenschaft, Forschung und Entwicklung mit unserer Politik weiterhin gut unterstützen.

Frage: Frau Merkel, heute wurde mehrfach angesprochen, dass die Tatsache, dass die EMA die Zulassung wohl erteilen und die STIKO wahrscheinlich keine pauschale Empfehlung für Impfungen für Kinder zwischen 12 und 15 Jahren aussprechen wird, zu maximaler Verunsicherung bei den Eltern führen wird. Schleicht sich die Regierung nicht ein bisschen aus der Verantwortung, wenn sie sagt: „Das können Eltern jetzt individuell entscheiden; dann kann man das mit den Hausärzten abklären“?

Eine ganz kurze Frage an Herrn Söder: Sie haben davon gesprochen, dass es ein Impfangebot bei Risikosituationen geben solle. Verstehe ich Sie richtig, dass eine vollbesetzte Schulklasse in Ihren Augen keine Risikosituation mehr darstellt?

BK’in Merkel: Also noch einmal: Es ist ganz selbstverständlich, dass die Ständige Impfkommission Empfehlungen für sehr viele Impfsituationen abgibt. Das war schon vor Corona so. Denken Sie etwa daran, dass bei Grippeimpfungen gesagt wird: Besonders Ältere sollen sich impfen lassen. - Das heißt nicht, dass sich Jüngere nicht impfen lassen können.

Herr Mertens hat heute noch einmal darauf hingewiesen, dass die Impfung von Kindern ein sehr sensibler Akt ist. Ich denke, das teilen alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten; auch ich teile das. Jede Impfung ist ein Eingriff in die Gesundheit. Man muss jetzt fragen: Wie hoch ist der Nutzen, und wie stark ist der Eingriff? - Genau dies tut die Ständige Impfkommission. Die Ständige Impfkommission - das finde ich auch richtig - wird sich nur von der Frage leiten lassen: Was bedeutet das für das einzelne Kind; welche Gefährdungen und welche Chancen sind damit verbunden?

Deshalb wird sich die Ständige Impfkommission - so hat er es uns heute dargelegt; das darf ich soweit sagen - genau anschauen, wie viele schwere Verläuft wir unter den bisher infizierten Kindern haben und was man dem entnehmen kann. Danach wird dann die Ständige Impfkommission ihre Aussage machen. Sie wird sich auch das pandemische Geschehen und den Einfluss der Kinder auf dieses pandemische Geschehen anschauen, und sie wird sich natürlich auch immer anschauen, wie das ist, wenn Erwachsene geimpft sind und wenn Kinder geimpft sind. Daraus wird die Empfehlung entwickelt. Die Empfehlung muss ja nicht heißen „entweder so oder so“, sondern sie wird Prioritäten setzen. Wir haben das jetzt ja zum Beispiel bei dem Impfstoff von AstraZeneca erlebt. Da sagt man: vorzugsweise über 60-Jährige, aber auf Empfehlung des Arztes kann es auch anders sein.

Die Politik kann nicht eine Nebenempfehlung der Ständigen Impfkommission geben, sondern die Politik kann nur ermöglichen. Da spielen die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission eine große Rolle. Wenn die Ständige Impfkommission sagt, dass die Gefährdungen für Menschen eines höheren Alters sehr viel größer sind, dann wäre es ja nicht verantwortbar, wenn wir sagen: Die Eltern impfen wir aber nach den Kindern, obwohl die Eltern viel gefährdeter sind als die Kinder. Deshalb haben wir heute gesagt: Kinder werden behandelt wie alle, die nicht priorisiert sind - außer denen, die vielleicht als Kinder von der STIKO priorisiert werden; das werden wir ja sehen. Die werden dann natürlich vorgezogen, und ansonsten ordnen wir das in den gesamten Bereich des Nichtpriorisierens mit ein.

Die wichtige Botschaft an alle Eltern ist: Schule hängt nicht von der Frage des Geimpftseins ab. Es soll auch kein indirekter Zwang für Eltern entstehen. Wir haben keine Impfpflicht, und wir haben auch in der Schule keine Impfpflicht. Dieser Eindruck darf auch nicht entstehen, und es darf auch nicht der Eindruck entstehen, ich könne nur Urlaub machen, wenn ich ein geimpftes Kind habe. Das wäre vollkommen falsch.

MP Söder: „Risiko“ bezieht sich auf Risikopatient. Das heißt, es geht beispielsweise um Kinder mit einer Vorerkrankung. Das hat die STIKO gesagt und das hat auch Jens Spahn heute schon einmal gesagt. Darin besteht die eigentliche Herausforderung, denn bei solchen Risikopatienten kann die Erkrankung eine ganz andere Wirkung haben. Wir wissen ja, dass Kinder eine hohe Inzidenz haben beziehungsweise dass es in der Gruppe der 10- bis 19-Jährigen eine hohe Inzidenz gibt - meistens überdurchschnittlich -, aber dass eben der Krankheitsverlauf anders ist als bei anderen Altersgruppen. Bei bestimmten Kindern mit einer Vorerkrankung ist das aber möglicherweise ganz anders, deswegen ist die STIKO da offener für eine Empfehlung.

Die Beurteilung, ob es Sinn macht, kann aber eben nur der Arzt abgeben, denn die Impfzentren haben keinerlei und dürfen auch keine Hinweise auf Vorerkrankungen haben. Deswegen macht es auch mehr Sinn, das über die Ärzte - die Kinderärzte, die Jugendärzte - zu machen als über die Impfzentren. Das war der Hintergrund.

Frage: Ich möchte wissen, wie es eigentlich dazu kam, dass es jetzt keinen extra Impfstoff für Kinder gibt, dass also auch nicht vorbereitet wird, noch zusätzlichen Impfstoff zu beschaffen - es sei denn, ich habe Herrn Söder falsch verstanden. Sie haben ja in Ihrer einen Antwort gesagt, dass man, wenn die STIKO sich da offener gezeigt hätte, heute vielleicht anders entschieden hätte. Das klang für mich so, als überlege man, da vielleicht noch etwas nachzubesorgen. Das Thema scheint in Ihrer Runde ja auch irgendwie für Friktion gesorgt zu haben. Hat Herr Spahn da ursprünglich zu viel versprochen oder haben die Länder das falsch verstanden? Vielleicht können Sie da noch für etwas Klarheit sorgen.

BK’in Merkel: Es gab einen Gesundheitsministerbeschluss, in dem das Wort „zusätzlich“ stand. Darüber gab es offensichtlich Missverständnisse. Es war vonseiten des Bundes nie in Rede, dass wir von den Lieferanten, also von den Firmen, zusätzlichen Impfstoff für Kinder bekommen könnten. Die Frage war vielmehr: Wird aus dem Kontingent, das in Deutschland ankommt, etwas genommen, um es nur für Kinder zu reservieren, dafür dann aber weniger an die Hausärzte zu liefern - an die Impfzentren wird ja immer gleich viel geliefert - und eine gesonderte Kinderimpfkampagne zu machen. Teilweise ist der Eindruck entstanden, wenn man Kinder impft, würde man vielleicht mehr Impfstoff haben als das, was jetzt in den Lieferungen steht. Das ist aber überhaupt nicht der Fall.

Nachdem das klar war und nachdem wir Herrn Mertens von der Ständigen Impfkommission zugehört haben, haben wir uns entschieden, die Kinder ganz normal in die nicht priorisierte Gruppe mit hineinzunehmen, gleichzeitig aber dann, wenn es Vorerkrankungen gibt, die betreffenden Kinder so zu behandeln, als wären es Erwachsene mit Vorerkrankungen. Dazu brauche ich aber nicht erst einmal ein Wegnehmen von Impfstoff, um diesen dann gezielt an Kinder weiterzugeben. Das ist der Punkt gewesen. Dadurch wird also niemand schlechter gestellt.

Dann hat Herr Mertens noch sehr dafür geworben, dass die besten Ansprechpartner für die Frage „Wie ist das mit der Impfung meines Kindes?“ Kinder- und Jugendärzte sind. Kinder- und Jugendärzte können heute schon Impfstoff bestellen, auch weil die 16-, 17- und 18-Jährigen schon mit BioNTech-Impfstoff geimpft werden können. Das heißt, wir mussten da auch keinen neuen Kreis von Beziehern aufmachen. So können dann entweder die Ärzte bestellen oder aber die Impfzentren, wenn auch in den Impfzentren ein solches Angebot gemacht werden soll, das speziell für Kinder und Jugendliche da ist.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Sie haben es selbst schon gesagt: Es gibt für das dritte Quartal noch keine konkreten Lieferpläne außer für den Impfstoff von Moderna. Was macht Sie so zuversichtlich, dass Sie, wenn jetzt zusätzlich noch Kinder und Jugendliche dazukommen, das Versprechen halten können, bis Ende des Sommers ein Impfangebot für alle zu machen, wenn es noch keine konkreten Lieferpläne gibt?

BK’in Merkel: Zwei Unternehmen haben bis jetzt ja sehr zuverlässig geliefert: Das sind BioNTech/Pfizer und Moderna. Wenn ich die angekündigten Lieferungen für den Juli anschaue - auch wenn wir die noch nicht für die einzelnen Wochen aufgeschlüsselt haben -, dann komme ich für das dritte Quartal auf 40,2 Millionen Dosen von BioNTech/Pfizer und 30,3 Millionen Dosen von Moderna. Wenn ich das zusammenrechne mit den schon verimpften Dosen aus den ersten beiden Quartalen - und bei BioNTech auch dem vierten Quartal 2020 -, dann komme ich insgesamt auf über 140 Millionen Dosen allein von diesen beiden Impfstoffen bis zum Ende des dritten Quartals. Wir haben bis jetzt aber auch schon zwei Millionen Dosen von Johnson & Johnson und Millionen von Dosen von AstraZeneca verimpft.

Das heißt, wenn ich mir das alles anschaue und voraussetze, dass die Impfbereitschaft nicht bei hundert Prozent liegen wird, kann ich also guten Gewissens eine Zusage machen, dass wir insgesamt genügend Impfstoff für die 80 Millionen Menschen haben - minus die 0- bis 11-Jährigen; das sind auch noch einmal ungefähr acht bis neun Millionen Menschen. Das heißt also, wir müssen für etwas mehr als 70 Millionen Menschen ein Angebot machen. Das könnten wir fast allein mit dem mRNA-Impfstoff machen, den wir erwarten. Wir haben aber auch schon Impfstoff von AstraZeneca und Johnson & Johnson verimpft. Insofern, glaube ich, ist das eine Zusage, die ich guten Gewissens machen kann.

StS Seibert: Danke für Ihr Interesse und einen guten Abend!

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