Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem Präsidenten der Republik Kolumbien, Gustavo Francisco Petro Urrego, am 16. Juni 2023 in Berlin

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BK Scholz: Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Gustavo, herzlich willkommen in Berlin! Ich freue mich, dass wir nun hier in Deutschland zusammenkommen und uns miteinander besprechen können. Unsere Länder sind weit voneinander entfernt. Aber uns verbindet eine enge Partnerschaft und ein fester Wille, globale Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen.

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zunächst auf ein kleines Wunder hinweisen. Nach 40 Tagen Suche sind nach dem Absturz eines Flugzeuges im kolumbianischen Regenwald vier Kinder lebend aufgefunden worden. Sie haben sich mehr als einen Monat lang im Regenwald allein zurechtgefunden, während Retter fieberhaft nach ihnen suchten. Auch in Deutschland haben wir diese bewegende Geschichte, dieses Ereignis eng verfolgt. Ich möchte sagen, wie glücklich wir alle über den Ausgang dieser Geschichte sind. Er zeigt eindrucksvoll, wie sehr es sich lohnen kann, eine Sache mit Beharrlichkeit und Mut zu verfolgen, selbst wenn die Erfolgsaussichten unklar zu sein scheinen mögen.

Ein wichtiges Ziel deiner Regierung ist es, nach dem jahrzehntelangen Konflikt in Kolumbien endlich zu einem umfassenden Frieden zu kommen. Auch darüber haben wir uns heute ausgetauscht. Die jüngsten guten Nachrichten eines Waffenstillstandes, der zwischen der Regierung und der ELN-Guerillagruppe zustande kommen kann, stimmen hoffnungsfroh. Natürlich ist der Friedensprozess noch lange nicht am Ziel, aber eben auf gutem Weg. Wie gesagt, kann sich ein langer Atem auszahlen.

Die Bundesregierung ist sehr stolz, dass wir den Friedensprozess in Kolumbien seit Langem intensiv unterstützen können. Auf unsere Hilfe kann auch in Zukunft gezählt werden.

Beim Erhalt der biologischen Vielfalt und beim Klimaschutz ist Kolumbien für uns ein wichtiger Partner und ein bemerkenswerter Vorreiter. Dafür danken wir ganz ausdrücklich. Die Zusammenarbeit werden wir weiter vertiefen.

Heute wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet, um eine bilaterale Klima- und Energiepartnerschaft zwischen Deutschland und Kolumbien zu gründen, und zwar für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Damit werden wir den Dialog zu den Themen von Klimaschutz und Energieversorgung noch intensiver führen. Gemeinsam wollen wir uns für Biodiversität und Waldschutz und für ambitionierte Klimaziele einsetzen. Wir wollen den Ausbau von Windkraft und Solarenergie voranbringen, die Energieeffizienz steigern und uns darüber austauschen, wie ein sozial gerechter Ausstieg aus der Kohlenutzung in Kolumbien gelingen kann.

Wir haben uns im Übrigen auch darüber verständigt, dass wir insbesondere in einem Bereich eng zusammenarbeiten wollen, auch unsere Arbeitsbeziehungen intensiv ausgestalten wollen. Das betrifft die Nutzung von Wasserstoff. Deutschlands Weg, schon 2045 klimaneutral zu wirtschaften, setzt voraus, dass wir die Stromproduktion ausbauen, und zwar mit Windkraft auf hoher See und an Land sowie mit Solarenergie. Aber sie setzt auch voraus, dass wir da, wo wir unvermeidbar Gase nutzen müssen, statt Gas Wasserstoff einsetzen können. Das wollen wir tun, und dafür brauchen wir große Partner in der Welt, die das mit uns gemeinsam vorantreiben wollen. Kolumbien soll einer dieser Partner sein.

Ausdrücklich Danke sagen möchte ich auch dafür, dass Kolumbien dem Klimaclub beigetreten ist, der initiiert wurde, um eine gute Zusammenarbeit beim Klimaschutz und bei der Bekämpfung des Klimawandels zu erreichen, damit nicht alle Länder gegeneinander, sondern miteinander zusammen arbeiten.

Wir haben auch über den russischen Überfall auf die Ukraine gesprochen. Wie sollte es auch anders sein. Kolumbien hat dazu in den Vereinten Nationen eine sehr klare Haltung formuliert, was mich beeindruckt und gefreut hat. Der russische Angriffskrieg verursacht furchtbares Leid in der Ukraine mit Hunderttausenden von Toten und Millionen Verletzter und Geflüchteter. Seine Folgen wirken sich weltweit negativ aus, beispielsweise durch gestiegene Preise für Nahrungsmittel, für Dünger oder für Erdöl und Erdgas. Um diesen Preisanstieg abzumildern, hat sich Deutschland für das Getreideexportabkommen der Vereinten Nationen eingesetzt und unterstützt Lebensmittelsicherheit weltweit.

Niemand sehnt sich mehr nach Frieden als die Bürgerinnen und Bürger in der Ukraine. Das ist klar. Russland muss erkennen, dass der Angriff enden muss, und Truppen zurückziehen. Das ist die Grundlage für Frieden.

Auch über das Gipfeltreffen der Europäischen Union mit den CELAC-Staaten, also den Staaten Lateinamerikas und der Karibik, Mitte Juli in Brüssel haben wir gesprochen. Es ist das erste Treffen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs seit acht Jahren. Es wird darum gehen, Fragen des Klimaschutzes und Handelsfragen miteinander zu erörtern. Das Gipfeltreffen bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit, unsere beiden Regionen noch enger zueinander zu führen. Ich freue mich, dass wir uns dann auch schon wieder sehen werden.

Also schönen Dank fürs Kommen! Alles Gute!

P Petro: … (Eine Dolmetschung des Beginns des Wortbeitrages liegt nicht vor.) Deutschland hat schon vor langer Zeit beschlossen, die Bemühungen für den Frieden im Land zu unterstützen. Schon mehr als ein Jahrzehnt lang steht Deutschland diesem kolumbianischen Projekt zur Seite, um die ewige Gewalt zu überwinden. Kolumbien hat langfristig einen Ausweg aus der Gewalt vor Augen. Wir stehen nicht am Ende der 80er-Jahre oder am Ende des letzten Jahrhunderts. Städte in Kolumbien haben ihre Tötungsdeliktrate erheblich verringert. Es gibt sogar spezifische Studien darüber. Aber es fehlt natürlich ein Stück Weges, das zurückgelegt werden muss. Es geht darum, eine Ära der Gewalt zu verlassen und zu einer Ära des Friedens überzugehen. Dafür brauchen wir den Willen und auch Unterstützung. Wir danken Deutschland für seine Rolle in den internen Prozessen zur Befriedung in Kolumbien.

Wir stehen auf der Seite keiner Invasion. Lateinamerika war in seinen Ländern oft von Invasionen betroffen. Deswegen wollen wir keine Invasionen. Sie müssten in der internationalen Gesetzgebung verboten werden. So haben wir es im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vorgeschlagen.

Der Friede ist wichtig, denn wir brauchen die Zeit, um das größte Problem der Menschheit zu lösen, nämlich die Klimakrise. Wie Sie wissen, kann sie unser Leben auf der Erde zugrunde richten. Auch über dieses Thema haben wir gesprochen. Wir hatten ein langes Gespräch über die Möglichkeiten, wie man sozusagen Umweltschutz und Schuldenerlass miteinander verbinden kann. Wir haben einen Schuldenswap vorgeschlagen. Der Bundeskanzler hat angekündigt, diesen Vorschlag zu prüfen.

In Paris wird kommende Woche ein Gipfeltreffen stattfinden, das mit der Finanzarchitektur für die Bekämpfung der Klimakrise zu tun hat. Es wäre gut, eine Expertengruppe einzurichten, die vor der COP29 einen ernsthaften, konkreten Vorschlag erarbeitet und alle Aspekte betrachtet, die diese Möglichkeit auf weltweiter Ebene bedeutet. Südamerika hat bereits beschlossen, das gemeinsam zu unterstützen. Es gab Gespräche mit Präsident Biden. Afrika diskutiert es. Wir bringen diesen Vorschlag in der nächsten Woche nach Paris, und sähen es gern, wenn uns Deutschland dabei begleiten würde, bei etwas, was der erste große Sprung der Menschheit nach vorn sein könnte, um ihr größtes Problem anzugehen.

Wir haben auch über grünen Wasserstoff als über eine konkrete Option unter mehreren gesprochen, eine Möglichkeit, die beiden Länder in etwas ganz Innovativem zusammenzubringen. Herr Bundeskanzler, unsere beiden Länder waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts schon einmal sehr eng verbunden. Jemand hat sich am Ende des 19. Jahrhunderts darauf verlassen, wahrscheinlich ein Konservativer in Kolumbien, dass die besten Lehrmeister für das Heer in Kolumbien die Preußen wären. Deswegen hatten wir in Kolumbien ganz typisch preußische Uniformen und auch die Waffen. Diese Erinnerung ist noch lebendig. Aber neben der militärischen Allianz, die aufgebaut wurde, kamen viele Familien nach Kolumbien und haben in dieser Zeit gemeinsam mit Kolumbianern eine ganze Reihe von Innovationen eingeführt: Radio, kommerzielle Fluglinien, das Bier, das wir „Bavaria“ nannten - es war nicht viel anders als das Bier hier -, Straßenbau, Schienenbau usw. Das ist durch die Geschichte selbst verloren gegangen.

Aber jetzt hätten wir eine neue Chance, auch im Bereich der Innovationen. Grüner Wasserstoff, wie Sie richtig gesagt haben, könnte, wenn das erfolgreich ist, vollständig die Erdöl- und Erdgasextraktion auf der Welt ersetzen, und Südamerika hat ein enormes Potenzial für die Produktion von grünem Wasserstoff. Eines der Länder in Südamerika, die die größte Kapazität haben, ist Kolumbien. Also wird hier ein Team gebildet, ein Team zwischen den Energieministerien von Deutschland und Kolumbien, um den Vorschlag auszuarbeiten, der dann durch private und öffentliche Unternehmen aus Kolumbien und Deutschland umgesetzt werden müsste, damit wir wirklich Pioniere sind und Prozesse beginnen, wie wir es zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch getan haben.

Es geht nicht mehr um die Waffen, die uns zusammenbringen, sondern um die Rettung des Lebens auf dem Planeten. In diesem Sinne vielen herzlichen Dank für Ihre Gastfreundschaft!

Frage: Guten Tag, Herr Präsident Gustavo Pedro! Ich möchte Sie nach dem Thema der Staatsbürgerschaft von Kolumbianern in Deutschland fragen. Wurde eine Vereinbarung hinsichtlich dieses Themas erreicht?

P Petro: Deutschland diskutiert eine Gesetzesänderung, und es geht dabei um eine Verfassungsfrage. Es geht darum, ob die Immigranten für die deutsche Staatsbürgerschaft auf ihre eigene verzichten müssen. Hierüber gibt es einen Debattenprozess, der natürlich mit einer Verfassungsreform in der deutschen Gesellschaft zu tun hat. Die bestimmt das. Wir würden uns natürlich sehr freuen, wenn im Ergebnis dieser Debatte herauskommt, dass man die ursprüngliche Staatsbürgerschaft nicht abgeben muss, um die deutsche entsprechend den deutschen Normen anzunehmen.

BK Scholz: Wir sind dabei, eine Gesetzgebung vorzubereiten, bei der genau das herauskommt, nämlich dass wir die Hinnahme der Mehrstaatigkeit akzeptieren, das heißt, dass der, der die deutsche Staatsbürgerschaft erwirbt, seine Herkunftsstaatsangehörigkeit behalten kann. Übrigens ist das heute schon für mehr als 50 Prozent derjenigen, die sich in Deutschland einbürgern lassen, der Fall, zum Beispiel bei Bürgern aus der EU und manch anderen Ländern, bei denen das auch so ist. Deshalb ist das eine notwendige Reform. Wir sind auf der Zielgeraden, und das wird noch dieses Jahr realisiert werden.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben die Klimapartnerschaft und Energiepartnerschaft mit Kolumbien erwähnt. Nun hat Deutschland den Bezug von Kohle aus Kolumbien nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ja erhöht, um russisches Gas zu ersetzen. Ich hätte ganz gerne von Ihnen gewusst, ob Sie ein Ausstiegsdatum aus der Nutzung kolumbianischer Kohle nennen können, was ja auch in dem Land relativ umstritten war, also die Frage, ob man wieder verstärkt in die Kohleförderung einsteigt.

Haben Sie konkrete Volumina beim Thema Wasserstoffproduktion vereinbart? Wie groß könnte der Partner Kolumbien also wirklich werden?

Herr Präsident, eine Frage zu Handelsfragen: Wenn die jetzt auch beim Südamerika-EU-Gipfel behandelt werden, streben Sie ein neues, modernisiertes Handelsabkommen mit der EU an? Würden Sie das alleine oder im Verbund mit anderen südamerikanischen Staaten machen?

BK Scholz: Schönen Dank! Deutschland hat per Gesetz festgelegt, dass wir 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen. Das ist das späteste Datum, und wenn die Voraussetzungen dafür stimmen, kann das auch vorher geschehen. Dass wir jetzt in der Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine und wegen des Ausfalls der russischen Kohlelieferungen, aber auch der Notwendigkeit, Gas durch Kohleverstromung zu ersetzen, vorübergehend unsere Importe ausgeweitet haben, ändert nichts daran, dass wir an diesem Ziel weiter festhalten. Deshalb ist es ja auch nur folgerichtig, dass wir uns über eine gemeinsame Zukunft unterhalten, nämlich wie bei uns die industriellen Prozesse gestaltet sein können – ohne Kohle, Gas und Öl. Das geht nur, wenn wir hierzulande auf Strom in großer Menge, der billig produziert werden kann, zurückgreifen können. Das werden wir machen, indem wir die Produktion von Strom mit Windkraft auf hoher See, an Land und mit Solarenergie in großem, großem Tempo ausbauen, aber indem wir auch Wasserstoff einsetzen. Das werden wir zu einem kleineren Teil hierzulande selbst machen, weil Elektrolyseure auch hierzulande errichtet werden und oft auch wegen der Volatilität des Stromnetzes ohnehin gute Möglichkeiten bestehen, dann Strom zu nutzen, um Wasserstoff zu produzieren. Aber wir werden den überwiegenden Teil der gigantischen Energiemenge, die wir gasförmig brauchen, importieren müssen, und das ist das, worüber sich unsere Arbeitsgruppe da unterhalten soll.

P Petro: Es gibt im internationalen Handel zwischen Deutschland und Kolumbien eine Matrix. Wir müssten uns eher die universale Matrix der Exporte Kolumbiens anschauen. Die verbindet Kohle mit einigen Energieerzeugungskonzernen in Deutschland, und das Volumen ist wegen des Krieges gestiegen. Dort, wo in Kolumbien die Kohle liegt, ist ausgerechnet der Ort, an dem einem besonders starke Sonneneinstrahlung herrscht, an dem gleichzeitig aber auch die Winde am konstantesten und schnellsten sind. Mit dieser Situation liegen wir in dieser Region an zweitbester Stelle. La Guajira hat damit ein großartiges Potenzial für saubere Energie. Bis zu 25 Gigawatt könnten dort hergestellt werden.

Es gibt in sozialer Hinsicht einen großen Unterschied zwischen Kohle und sauberen Energien. Kohle, und das ist ein Thema, das die nationale Presse genau studieren muss, kommt an ihr Ende, ob nun 2038 oder 2035. Die Welt gibt die Kohle nach und nach auf. Also ist das natürlich ein Vakuum für uns. Kohle ist eine schlechte Erinnerung für uns. In La Guajira sind Tausende Kinder verdurstet, weil es kein Wasser gibt, während aus der Region Millionen an Exporteinnahmen erwirtschaftet werden. Gleichzeitig sterben dort die Kinder. Wir wollen aber nicht, dass mit den sauberen Energien dasselbe passiert, die auch in der Region erzeugt werden können, sondern dass das auch für die Gemeinschaften, die lokalen indigenen Gemeinschaften, Einkünfte erzeugen kann, die es ermöglichen, ein soziales Gleichgewicht, ein würdiges Leben herzustellen, dass es keine toten Kinder dort gibt und dass die indigenen Gemeinschaften selbst der Welt bei einer Lösung helfen können, die in diesem Territorium möglich ist.

Grüner Wasserstoff bedeutet gleichzeitiges Vorkommen von Wasser, Wind und Sonne. Und wer Kolumbien kennt, weiß, dass dort alles gleichzeitig vorkommt; das Wasser ein bisschen mehr im Süden. Dieses Engagement werden wir zusammen in Angriff nehmen und wollen das mit Deutschland nach vorne bringen.

Frage: Guten Tag, Herr Präsident! Guten Tag, Herr Bundeskanzler! Der Präsident der Republik hat gesagt, dass Deutschland immer ein Freund in Bezug auf die Friedensbemühungen in Kolumbien ist. Der Präsident möchte jetzt den umfassenden Frieden erreichen. Wie wird sich Deutschland bei dieser Suche, diesen Bemühungen um den absoluten Frieden einbringen? Wird Deutschland Ressourcen, Ideen einbringen? Auf welche Art und Weise wird diese Begleitung stattfinden?

Herr Präsident, es wird bezüglich der Schaffung eines multilateralen Fonds für den Frieden in unserem Land spekuliert. Haben Sie dieses Thema besprochen? Wie ist da der Stand? - Vielen Dank.

P Petro: Der multilaterale Fonds ist keine Festlegung. Das ist eine Möglichkeit für die Zukunft. Das hängt von den Vereinbarungen ab. Der Friedensprozess mit dem ELN ist progressiv. Deswegen heißt es auch Prozess, und daher kommt der Begriff Friedensprozess. Es ist natürlich nicht von einem Moment auf den anderen möglich, auch wenn wir das gerne hätte, dass man den Frieden in Kolumbien per Dekret verordnen kann. Es ist ein Prozess, der vorankommt, der komplexer wird, der verschiedene Themen einbezieht und auch damit zu tun hat, dass eine Organisation, die 60 Jahre bewaffnet ist - 1964 ist ihr Ursprung -, eine Geschichte hat, die mehrere Generationen umfasst, die bewaffnet waren. Die Gewalt aufzulösen ist ein Prozess.

Deswegen haben wir einen Punkt erreicht, der schon der Öffentlichkeit bekannt ist. Die Kinder werden aus dem Konflikt herausgehalten, und die Bevölkerung kann sich frei bewegen, also eine ganze Reihe von Rechten, die die Bevölkerung betreffen, die in den Konfliktzonen sind, die vorher nicht vorhanden waren. Jetzt müssen andere Punkte erreicht werden. In der nächsten Verhandlungsrunde muss man einen weiteren Fortschritt erreichen. Aber immer müssen, wie es der Ausgangspunkt des Prozesses besagt, alle Elemente im gegenseitigen Einverständnis vereinbart werden. Ein neues Thema wäre also, wie der ELN finanziert wird, bis wir zum abschließenden Moment kommen oder auch danach, was die Wiedereingliederung, die Einbindung in die Gesellschaft betrifft. Dieser ganze Prozess der Finanzen muss zwischen beiden Seiten vereinbart werden. Darüber gibt es natürlich aktuell in der Presse Spekulationen. Das ist aber der Weg.

Natürlich müssen wir zu einem absoluten Aufhören der Gewalt kommen, nicht nur zwischen ELN und Staat, sondern zu null Gewalt in den Territorien gegenüber der Zivilgesellschaft. Die Freiheiten und die Rechte der Zivilgesellschaft sind am Ende das Ziel des Friedens.

BK Scholz: Schönen Dank für die Frage. Wir haben, wie ja berichtet worden ist, schon sehr lange unsere Unterstützung zur Verfügung gestellt. Das haben wir nie sehr im Vordergrund getan, immer ein bisschen im Hintergrund, weil es eine dienende Aufgabe ist. Deshalb werden wir das, was wir bisher gemacht haben, auch gerne weitermachen, ohne dass wir dabei in den Vordergrund treten.

Frage: Ich wollte Herrn Gustavo Petro fragen: Sie waren ja heute Vormittag schon bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der Ihnen zwei rituelle Masken der Kogi zurückgegeben hat. Ich wollte fragen, wann genau Sie planen, diese in Kolumbien an die Kogi zurückzugeben. In welchem Rahmen soll das passieren und wann genau?

An Herrn Scholz die Frage: Heute Vormittag ist bekannt geworden, dass die Gespräche zwischen Intel und der Bundesregierung in die heiße Phase getreten sind und Sie am Montag den Intel-Chef im Kanzleramt zu Gesprächen empfangen werden. Ist da dann schon mit einer Einigung zu rechnen? Es wird da über höhere Subventionen von deutscher Seite gesprochen.

In welchem Zusammenhang ist heute die Ankündigung in Polen zu sehen? Dort hat Intel angekündigt, knapp fünf Milliarden Dollar in eine Fabrik zu investieren. Schmälert das jetzt die Chancen für Magdeburg? - Dankeschön!

P Petro: Nun, das ist ein Dialog, den wir mit den Indigenen der Kogi führen werden. Die Indigenen der Kogi leben in der Sierra Nevada de Santa Marta. Dort gibt es drei Gruppen: Arsarios, Arhuacs und die Kogi. Unsere Botschafterin bei den Vereinten Nationen ist Arhuaco. Uns vertritt bei den Vereinten Nationen eine Indigene der Arhuaco. Sie ist Nachbarin der Kogi. Diese Völker lebten hoch oben in den Bergen der Sierra Nevada und widerstanden den spanischen Eroberern. Und sie haben überlebt. Das nennt sich Sierra Nevada de Santa Marta. Das ist der höchste Gipfel in der Karibikregion. Man kann das zu Fuß zurücklegen. Ich habe das auch schon mal gemacht. Vom Strand aus in der Karibik steigt man mit der Hitze der Karibik hoch bis nach oben. Dort liegt Schnee. 5000 Meter hoch ist der höchste Punkt. Die Indigenen nennen diesen geografischen Komplex das Herz der Welt.

Zweifellos ist es so, dass diese Masken, die seit dem Ende des vergangenen Jahrhunderts in Deutschland waren und die uns jetzt der Bundespräsident im Rahmen einer Zeremonie der Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben hat - - - Wir haben versprochen, dass wir hoffentlich mit Ihnen - - - Der Bundespräsident war ja schon in der Sierra Nevada. Ich war auch einen Monat bei den Kogi, als ich noch sehr jung war und habe sehr viel gelernt. Wir wollen eine Rückgabezeremonie abhalten. Die Kogi-Gemeinschaft wird schon entscheiden, was dann mit den Masken passieren wird. Ich hätte gern ein Museum in Santa Marta. Aber das ist meine Idee. Man muss darauf warten, was sie für eine Idee vorlegen.

In jedem Fall ist das jetzt eine Politik, die von unserem Außenministerium verfolgt wird. Es geht darum, Objekte in der Welt zurückzuerlangen. Dabei geht es um die Objekte von San Agustín. Das ist eine Kultur, deren Ursprünge wir noch nicht kennen. Sie ist sehr alt. Es gibt keine Völker dieser Kultur, die überlebt haben. Es gibt ganz wundervoll ausgestaltete Skulpturen von ihnen. Wir hoffen, dass wir diese auch zurückerhalten können. Das ist ein Prozess, der von vielen Schwierigkeiten begleitet wird. Ich habe schon gesagt, es gibt ungefähr 400 Objekte – ich weiß nicht die genaue Zahl -, die zu den präkolumbianischen Kulturen gehören, die in letzter Zeit zurück nach Kolumbien gebracht wurden.

BK Scholz: Ich bestätige, dass wir uns schon seit Längerem in guten Gesprächen befinden und dass wir diese auch am Montag fortführen.