Im Wortlaut
in Berlin
- Mitschrift Pressekonferenz
- Montag, 29. April 2024
(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)
BK Scholz: Sehr geehrter Herr Premierminister, ich freue mich, Sie so früh nach Ihrem Amtsantritt hier in Berlin zu begrüßen. Das unterstreicht die Wertschätzung für einen engen Partner. Unsere Staaten teilen gemeinsame Werte und auch Interessen.
Als Bundeskanzler engagiere ich mich sehr dafür, dass die Länder des westlichen Balkans eine Zukunft in der Europäischen Union erhalten. Der Beitritt ist überfällig. Denn das Versprechen für eine Mitgliedschaft liegt nun schon mehr als 20 Jahre zurück. Das war in Thessaloniki. Seither ist nicht so viel Fortschritt passiert. Insofern ist es wichtig, dass er jetzt bald zu sehen sein wird.
Die Chancen für Montenegro sind aus meiner Sicht groß. Kein Land in der Region schreitet aktuell entschlossener voran, um die nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Montenegro hat zuletzt eine Reihe von Reformanstrengungen unternommen, insbesondere bei Fragen der Rechtsstaatlichkeit. Ich sage klar: Das sind wichtige Bekenntnisse auf dem Weg in die Europäische Union.
Klar ist aber auch: Die Geschwindigkeit des Prozesses liegt vor allem in den Händen von Montenegro selbst. Die Entscheidungen, die zu treffen sind, sind im Land zu treffen. Das gilt natürlich für die weiteren Reformen, etwa im Bereich der Justiz, die nun rasch erfolgen sollten.
Ich habe dem Ministerpräsidenten die Unterstützung Deutschlands für diesen Weg zugesagt, so, wie wir auch damals die zehn mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten unterstützt haben, die vor fast genau 20 Jahren, am 1. Mai 2004, der Europäischen Union beigetreten sind. An dieser Stelle daher herzlichen Glückwunsch zu 20 Jahren Mitgliedschaft in der Europäischen Union an alle zehn!
Wir wollen mit all den Aktivitäten, die wir unternehmen, regionale Zusammenarbeit auf dem westlichen Balkan ausbauen und stärken. Dazu gehört ganz besonders der sogenannte Berlin-Prozess, der in diesem Jahr zum zehnten Mal stattfindet. Das ist das Instrument für die regionale Zusammenarbeit. Wir wollen es weiter ausbauen, vertiefen und stärken. Das gilt insbesondere auch für die Weiterentwicklung des gemeinsamen regionalen Marktes. Ich freue mich sehr, dass Milojko Spajić dann erneut in Berlin sein wird und wir uns über die Fragen unterhalten können, die wir heute schon besprochen haben, aber gemeinsam einen großen Fortschritt für unser Europa erreichen, indem wir den Beitrittsprozess der Balkanländer erleichtern.
Montenegro ist ein wichtiger Faktor der Stabilität im westlichen Balkan und hat sehr gute Beziehung zu all seinen Nachbarn. Dass sich Montenegro auch als Brückenbauer versteht, ist wichtig. Wir jedenfalls wollen ‑ das kann ich versichern ‑ ein sehr großer Unterstützer beim Bau dieser Brücken sein. Das gilt insbesondere für die Beziehung zwischen Kosovo und Serbien. Das gilt für die komplizierte Lage in Bosnien-Herzegowina. Es ist wichtig, dass wir uns auch um diese Fragen kümmern, weil sie am Ende des Tages doch eine große Bedeutung für die Chancen des Beitritts haben.
Ein wichtiges Thema, das uns bewegt hat, ist unverändert der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ich will deshalb hier an dieser Stelle noch einmal sagen: Ohne Sicherheit ist alles andere nichts. Deshalb müssen wir unsere Unterstützung fortsetzen. Das müssen wir nicht alleine, sondern in enger Abstimmung mit unseren Partnern tun. Das bleibt gerade jetzt in dieser Situation von größter Bedeutung.
Ich bin deshalb aber auch sehr dankbar für die Solidarität Montenegros mit der Ukraine und die klare Positionierung. Montenegro hat sich im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik immer vollständig im Rahmen der Beschlüsse der Europäischen Union bewegt. Das gilt natürlich auch für die Russlandsanktionen.
Montenegro ist auch ein wichtiger Verbündeter in der NATO. Das ist umso bedeutender, als wir bald den Jubiläumsgipfel in Washington haben werden, der wichtige Wegmarken setzen muss, der aber auch gleichzeitig die Einheit des Bündnisses noch einmal unterstreichen soll.
Wir haben dann das Gespräch natürlich genutzt, um viele ganz konkrete Fragen der bilateralen Zusammenarbeit zu vertiefen. Deshalb ist es vielleicht eine gute Botschaft von unserer Seite, dass wir die Anerkennung der Führerscheine bald in trockenen Tüchern haben werden. Das ist ein guter Fortschritt und einer, der ‑ das muss man zugeben ‑ überfällig ist. Gut ist auch, dass unser Kulturabkommen jetzt bald vereinbart und unterzeichnet werden kann. Auch auf diesen Fortschritt haben wir lange hingearbeitet.
Meine Damen und Herren, wir haben gute Beziehungen miteinander. Das hat unser sehr freundliches und intensives Gespräch gezeigt. Wir freuen uns, diese guten Beziehungen auch in der Zukunft fortsetzen zu können.
MP Spajić: Lieber Herr Bundeskanzler, lieber Freund, ich danke für das sehr inhaltsreiche und lange Gespräch, das wir hatten. Wir sind durch eine ganze Reihe von Fragen gegangen. Montenegro sieht in Deutschland einen strategischen Partner auf seinem europäischen Weg, auf seinem Weg zur Fortführung von Rechtsstaatlichkeit, aber auch für die wirtschaftliche Entwicklung. Die große Bedeutung Deutschlands auf dem Westbalkan wird durch den Berlin-Prozess deutlich, durch die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit. Montenegro, das einst auf den hinteren Positionen war, hat jetzt alle vier Mobilitätsabkommen aus dem Berlin-Prozess ratifiziert und ist Spitzenreiter bei der europäischen Integration.
Sehr wichtig ist auch, dass Montenegro im Juni den IBA-Report bekommt. Wir haben die große Unterstützung Deutschlands dafür und sind dankbar. Deutschland versteht die Position Montenegros. Das ist sehr wichtig.
Festgestellt haben wir auch die Ergebnisse im Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität und die Benennung entscheidender Positionen im Justizapparat. Wir sind auch für die deutsche Unterstützung dankbar, durch die wir vermeiden konnten, im Dezember auf die graue Liste von MONEYVAL zu kommen. Diese sehr spürbare Unterstützung Deutschlands merken wir auf unserem Reformweg durch bessere Reformen und durch eine bessere Organisation der Gesellschaft.
Wir sind auch sehr dankbar, dass im Dezember 2023 das Gesetz gegen Geldwäsche verabschiedet worden ist. Es ist eines der fortschrittlichsten in Europa und es ist sehr wichtig für Montenegro, weil es damit auch ein ganz neuer Markt für deutsche Unternehmen wird. Es wird ein Land sein, von dem man genau weiß: Hier kann kein Geld gewaschen werden, hier gelten klare Regeln.
Das ist nicht nur aus fiskalischer Sicht eine große Chance für uns ‑ wir bekommen große Unterstützung und sehr günstige Kredite von der Europäischen Union ‑, sondern wir bekommen auch eine Chance, dem gemeinsamen Markt beizutreten, und das ist das, was wir am meisten schätzen. Das ist wichtig für den Westbalkan, und für das kleine Montenegro allemal. Wir hatten bisher einen Markt von wenigen Millionen Einwohnern, und auf einmal haben wir mit dem europäischen Markt Zugang zu einem viel größeren Markt von drei Trillionen Euro.
Es geht nicht nur um Werte, hinsichtlich derer wir in den letzten zwölf Jahren bewiesen haben, dass wir sie teilen, sondern auch darum, dass wir vollumfänglich die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik unterstützen. Wir haben in den letzten sechs Monaten bewiesen, dass wir dort Fortschritte gemacht haben. Wichtig ist auch der zweite Pfeiler der Europäischen Union, also die Rechtsstaatlichkeit.
Ein Markt von einer halben Million Menschen oder einer halben Milliarde Menschen, das sind einfach ganz unterschiedliche Hausnummern. Was die SEPA anbelangt, so sind wir derzeit außerhalb des SEPA-Raums. Wir haben den Antrag gestellt, in die SEPA aufgenommen zu werden, und das wird der erste spürbare Schritt zum gemeinsamen europäischen Wirtschaftsmarkt sein.
Zudem sind wir dankbar dafür, dass Deutschland auch weiterhin Unterstützung bieten wird. Diese Unterstützung ist für uns von strategischer Bedeutung.
Wichtig ist auch, bedeutende Investitionen aus wichtigen Ländern wie Deutschland herbeizuführen. Montenegro hat sich bisher vor allem durch Investitionen aus Ländern außerhalb der EU finanziert. Mit der EBRD und der EU kommen jetzt eben auch Investitionen aus anderen Ländern. Auch die meisten Touristen kamen von außerhalb der Europäischen Union. Das ist nicht mehr der Fall, und wir arbeiten daran, dass deutsche Touristen und Touristen aus der Europäischen Union nach Montenegro kommen und dass wir Montenegro auch öffnen gegenüber Touristen aus der Europäischen Union und Deutschland.
Wir arbeiten auch daran, Montenegro gegenüber den Unternehmen zu öffnen. Ein großes Potenzial für Entwicklung sehen wir in erster Linie in den Bereichen Energie und Infrastruktur. In diesen Bereichen wird es in den nächsten sechs, sieben Jahren eine rasante Entwicklung geben, ebenso wie im Tourismusbereich, den ich bereits erwähnt habe.
Wir haben auch große Unterstützung durch Deutschland bei der Reform der Polizei erfahren. Ich habe mit dem Kanzler darüber gesprochen, wie wichtig es für uns ist, Rechtsstaatlichkeit durchzusetzen. Wir wollen nicht, dass das nur ein Papiertiger ist, sondern wir wollen, dass Rechtsstaatlichkeit wirklich gelebt wird. Das wird letztendlich auch deutsche Investoren ins Land holen. Wir teilen die Meinung, dass deutsche Investoren neben dem Profit, der natürlich für jedes private Unternehmen wichtig ist, auch erwarten können, dass sie Rechtsstaatlichkeit, Rechtssicherheit, Sicherheit haben werden.
Vielen Dank!
Frage: Herr Scholz, ist es realistisch zu erwarten, dass Montenegro in vier Jahren Mitglied der Europäischen Union wird? Was sind die Voraussetzungen dafür?
Herr Spajić, was sind die schwierigsten Aufgaben nach dem Erhalt des IBA-Reports? Können wir mit Stabilität im Lande rechnen, um diese Aufgaben zu erfüllen?
BK Scholz: Ich sehe die großen Fortschritte, die Montenegro gemacht hat, und auch das ehrgeizige Bemühen, jetzt in kurzer Zeit die Verständigung über die verschiedenen Verhandlungskapitel zu Ende zu führen. Ich bin beeindruckt von dem Ehrgeiz, in so kurzer Zeit alle offenen Kapitel zu schließen, wie das jetzt hier geplant ist. Natürlich ist das die Grundlage dafür, dass dann auch sehr zügig ein Beitritt gelingen kann; denn der ist ausschließlich an den eigenen Verdiensten orientiert. Es wird bei keinem der vielen Länder eine Entscheidung geben, die der Europäischen Union beitreten wollen, die gewissermaßen rein geopolitisch motiviert ist. Es geht auch um das, was man „merit-based“ nennt, also darum, dass man den entsprechenden Anforderungen, die die Europäische Union im Hinblick auf Rechtsstaatlichkeit, auf Demokratie, auf Marktwirtschaft, auf soziales Zusammenleben stellt, auch entspricht. Der ganze europäische Acquis ist die Voraussetzung dafür.
Ich will Ihnen aber schon sagen: Ich bin beeindruckt von dem Ehrgeiz, von der Geschwindigkeit. Ich halte das für einen realistischen Ehrgeiz, und wir werden alle Unterstützung dafür zur Verfügung stellen.
MP Spajić: Ich denke, dass die Aufgabe jedes Ministerpräsidenten in Koalitionsregierungen am schwierigsten ist, wenn sie mit den Koalitionspartnern arbeiten müssen und sich darauf fokussieren müssen, trotz allem die Tagesordnung einzuhalten, die auch Teil der Koalitionsvereinbarung ist. Das ist auch in Montenegro der Fall, und das ist nicht anders in Europa und in der Europäischen Union. Ich denke, man versteht in jedem Land, dass wir da die gleichen bzw. ähnliche Probleme haben. Ich freue mich aber, dass alle Koalitionspartner absolut proeuropäisch sind, und zwar nicht nur deklarativ. Wir haben auch bei den Abstimmungen im Parlament gesehen, dass wir da immer die Unterstützung haben und dass es wirklich eine unglaubliche Energie gibt und wir auf dem europäischen Weg vorangehen.
Auch die Tatsache, dass mehr als 80 Prozent unserer Bürger den Beitritt zur Europäischen Union befürworten, ist wichtig. Eine solche Zustimmung ist selten, und ich denke, das sollte auch weiter genutzt werden. Ich denke, dass jeder, der in der Regierung oder auch in der Opposition ist, es sich gut überlegen sollte, bevor er überlegt, hier destruktiv tätig zu werden. Insofern erwarte ich keinerlei Blockaden oder destruktives Verhalten von irgendeiner Seite.
Zudem wird es, abgesehen von den innenpolitischen Fragen, am 15. und 16. Juni ein sehr wichtiges Treffen der Staats- und Regierungschefs des Westbalkans im Zusammenhang mit dem Wachstumsplan geben. Es ist ein sehr wichtiges Treffen; denn es ist das letzte Treffen vor den europäischen Wahlen. Wir wollen dort eine Einigung herbeiführen, was CEFTA, RCC und den gemeinsamen Markt angeht. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun. Montenegro ist da wirklich der konstruktivste Akteur auf dem Westbalkan. Es ist sehr schwierig, mit allen Ländern gute Beziehungen zu haben, aber genau darum bemühen wir uns, vor allem in Bezug auf Länder, die untereinander bilaterale Probleme haben. Es ist schwierig, diese bilaterale Ebene zu verlassen und auf die Ebene der multilateralen Beziehungen zu kommen. Wir werden versuchen, den Fokus des Westbalkans auf die europäische Integration und auch die Wirtschaft zurückzulenken, und das ist die Aufgabe Montenegros. Die haben wir von der Europäischen Kommission und von unseren Partnern in Deutschland übernommen, sodass wir sehr aktiv arbeiten, als wären wir bereits Mitglied der Europäischen Union. So werden wir uns verhalten und auf dem Westbalkan sehr konstruktiv gegenüber der Europäischen Union sein.
Frage: Herr Premierminister, Sie sagen, Sie erwarten keine Blockaden. Aber vielleicht können Sie sagen, ob in der Europäischen Union, in Brüssel, wirklich nichts zu erwarten ist, was Sie zurückhalten könnte.
Was für eine EU wünschen Sie sich eigentlich gegenüber Russland, eine, die womöglich noch entschlossener auftritt, noch entschlossener versucht, Waffen bereitzustellen, oder eine, die gegenüber Russland eher vorsichtig vorgeht?
Herr Bundeskanzler, Sie haben erneut ausgeschlossen, das Waffensystem Taurus zu schicken. Dennoch hat einen Tag später kein anderer als der polnische Außenminister die Hoffnung geäußert, dass die Lieferung amerikanischer ATACMS-Raketen einen Unterschied ausmachen und Sie umstimmen könnte. Vielleicht könnten Sie darauf antworten.
MP Spajić: Was unsere Politik anbelangt, so ist sie absolut mit der Europäischen Union abgestimmt. Es gibt eine hundertprozentige Abstimmung unserer Sicherheits- und Außenpolitik mit der GASP der Europäischen Union, schon seit mehr als zehn Jahren. Diese Regierung ist nicht die einzige, die diese Bedingungen erfüllt hat, und das wird auch weiterhin der Fall sein.
Wir haben bereits vor zwei Jahren Sanktionen gegenüber Russland eingeführt, und unsere europäischen Partner werden mit dieser restriktiven Politik fortfahren. Wir verfolgen diese Politik gemeinsam mit den europäischen Staaten und mit Deutschland.
Zudem sind wir, abgesehen von der Geopolitik, absolut auf dem europäischen Weg und schauen nur nach Brüssel. Wichtig ist auch in wirtschaftlicher Hinsicht, dass wir näher an die Europäische Union heranrücken. Erst kürzlich bzw. vor vier Jahren war Montenegro abhängig vom Eintreffen von Touristen außerhalb der Europäischen Union und des Westbalkans, und das ist jetzt nicht mehr der Fall. Montenegro hat seine Infrastruktur völlig aus Mitteln finanziert, die nicht aus der Europäischen Union und nicht aus NATO-Staaten kamen. Die Investoren, die gekommen sind, stammten auch aus Ländern, die weder der Europäischen Union noch der NATO angehörten. Das ist nicht mehr der Fall. Wir wollen, dass mehr Investoren aus befreundeten und Partnerländern nach Montenegro kommen. Diese Konvergenz ist uns wichtig.
Die Unterstützung für die Ukraine ist absolut und in jeglicher Hinsicht wichtig. Ich habe auch dem Bundeskanzler gesagt, dass wir die Ukraine als östlichstes Mitglied oder als östlichstes Land des Westbalkans verstehen. Wir sind da überhaupt nicht eifersüchtig. Wir werden oft gefragt, ob wir aufgrund des Fortschritts der Ukraine eifersüchtig seien. Nein, wir wollen, dass die Ukraine Fortschritte macht. Wir wollen, dass jedes Land auf dem Westbalkan, aber auch außerhalb des Westbalkans, das der Europäischen Union beitreten will, dies tun kann. Wir sind ja auch in der NATO verankert, in der wir durch die Mitarbeit und die Zusammenarbeit mit unseren Partnern sehr aktiv sind.
BK Scholz: Ich will gerne unterstreichen, dass wir die Unterstützung Montenegros für die Ukraine sehen. Sie ist sehr umfassend und auch sehr klar und unbezweifelbar. Das ist sehr gut, weil das natürlich eine der gemeinsamen Entscheidungen ist, die wir in Europa getroffen haben.
Was Deutschland betrifft, ist es unverändert so, dass wir mit weitem Abstand ‑ mit weitem Abstand! ‑ der größte Unterstützer der Ukraine in Europa sind, auch, was die militärische Unterstützung und die Unterstützung mit Waffen betrifft. Gerade haben wir entschieden, nach zwei Patriot-Batterien, die wir geliefert haben, eine weitere zu liefern, und wir hoffen sehr, dass viele andere europäische Staaten eine entsprechende Entscheidung treffen werden, die für die Verteidigung der Ukraine natürlich von allergrößter Bedeutung ist.
Auch in der Vergangenheit war es so, dass Deutschland im europäischen und internationalen Vergleich oft viele der benötigten Verteidigungsmittel, Waffen und Munition als Allererster geliefert hat. Ich erinnere noch einmal an den Beginn der Verteidigungsnotwendigkeiten für die Ukraine nach dem russischen Überfall, als Deutschland zusammen mit Großbritannien und den USA Mehrfachraketenwerfer zur Verfügung gestellt hat, die bis heute einen ganz wichtigen Dienst leisten.
In dem Sinne freue ich mich über wachsende Unterstützung auch anderswo, ganz besonders natürlich darüber, dass jetzt mit der Entscheidung des amerikanischen Kongresses auch die Finanzmittel und die Rahmenbedingungen dafür geschaffen worden sind, dass die USA ihre spezifischen Möglichkeiten zur Verfügung stellen können. Es bleibt aber dabei, dass wir ‑ auch als größter Unterstützer der Ukraine, auch als das Land, das die meisten der benötigten Verteidigungs- und Waffensysteme als Allererstes bzw. mit als Allererstes geliefert hat, und als das Land, das sehr viel und entscheidend zur Luftverteidigung der Ukraine beiträgt, gerade mit den Patriot-Entscheidungen, die getroffen worden sind, die aber konkret auch ein Symbol sind, weil sie andere ermuntern sollen, das Gleiche zu tun ‑ bei unseren Abwägungen immer besonnen bleiben. Deshalb ist meine Entscheidung in der konkret von Ihnen gestellten Frage unverändert.
Frage: Erlauben Sie eine innenpolitische Frage, Herr Scholz. Am Wochenende gab es in Hamburg eine Islamistendemonstration, wo unter anderem israelfeindliche Parolen skandiert wurden und auch die Errichtung eines Kalifats gefordert wurde. Teilen Sie die Forderungen nach einem härteren Durchgreifen der Sicherheitsbehörden gegen solche Islamistenkundgebungen? Konkret zum Fall von Hamburg: Sind dort eventuell auch Fehler gemacht worden, diese Kundgebung überhaupt zuzulassen?
An den Herrn Ministerpräsidenten: Sie haben ja schon in Montenegro die Bedenken über die wachsende russische Einflussnahme im Privatsektor angesprochen. Vielleicht können Sie konkret erläutern, was Sie gegen diese russische Einflussnahme im Privatsektor unternehmen wollen, zum Beispiel im Immobiliensektor?
BK Scholz: Es ist ganz klar. Gegen all das, was an islamistischen Aktivitäten stattfindet, muss mit den Möglichkeiten und Handlungsoptionen unseres Rechtsstaates vorgegangen werden. Deshalb hat die Innenministerin mit ihren Aussagen, die sie insoweit getroffen hat, meine volle Unterstützung. Das ist notwendig. Ich glaube, dass wir deshalb auch genau schauen müssen, welche Konsequenzen jetzt konkret aus den Dingen, die wir dort gesehen haben, zu ziehen sind. Eins muss klar sein: Alle Straftaten müssen, wo immer gegen Gesetze der Bundesrepublik Deutschland verstoßen worden ist, verfolgt werden.
MP Spajić: Was den russischen Einfluss in Montenegro anbelangt, geht er Hand in Hand mit dem Gefühl von Gefährdung von ethnischen Gemeinschaften. Es ist wichtig, dass wir Ende 2023 den Zensus, also die Volkszählung, durchgeführt haben, sodass sich niemand bedroht fühlt. Wir haben die Gemeinschaft der Kroaten, der Bosniaken, der Albaner, der Montenegriner. Diese Verschiedenheit war mitunter ein Problem. Aber jetzt ist es ein großer Vorteil für Montenegro. Warum war es ein Problem? Das war es wegen Polarisierung und Spaltungsbemühungen. Das hat Montenegro jetzt überwunden und den Boden dafür geschaffen, schlechten Einfluss zu liquidieren und zu marginalisieren.
Wir arbeiten natürlich auch an den Mediengesetzen, zusammen mit unseren Partnern aus der Europäischen Kommission. Es sind drei wichtige Gesetze, die verabschiedet werden. Es geht zum Beispiel darum: Wer finanziert bestimmte Medieneigentümer, was in der Vergangenheit nicht der Fall war?
Sie haben den Privatsektor und den Einfluss der russischen Investoren erwähnt. Wir arbeiten mit den Amerikanern zusammen an einem Programm EDGE. Damit werden Unternehmer in Montenegro so registriert, dass wir ein klares Bild darüber haben, wer wirklich hinter den Unternehmen steht, wer wirklich Kreditgeber ist. Das ist wichtig, wenn es darum geht, Vermögen sicherzustellen ‑ wer auch immer auf kriminellem Weg oder auf illegale Art und Weise Vermögen angehäuft hat ‑, aber auch, um terroristische Finanzierung einzudämmen. Es ist natürlich auch wichtig, wenn Hintermänner unter die Sanktionen fallen, zum Beispiel Personen aus der Russischen Föderation. Das ist eine der wichtigsten Reformen, die wir gerade umsetzen.
In Zusammenarbeit mit unseren amerikanischen und unseren italienischen Partnern arbeiten wir gemeinsam an der Reform des Steuerwesens, sodass es eine Art Steuer- oder Finanzpolizei gibt. Soweit ich es verstanden habe, ist das in Deutschland auf bundesstaatlicher Ebene nicht gegeben, sondern auf Ebene der Länder. Italien ist sehr interessiert daran, uns Unterstützung zu leisten. Denn gerade durch die Steuern können sie Geldläufe besser kontrollieren und beobachten und sehen, wer zum Beispiel aus Russland oder anderen Ländern unter die Sanktionen der Europäischen Union fällt.