Im Wortlaut
in Berlin
- Mitschrift Pressekonferenz
- Donnerstag, 15. Juni 2023
BK Scholz: Meine Damen und Herren, wir hatten heute eine sehr konstruktive und ja auch zügig voranschreitende gemeinsame Zusammenkunft, obwohl wir eine ganze Reihe sehr unterschiedlicher Themen besprochen haben. Das, fand ich, war auch notwendig und wichtig, weil es sich gehört, dass wir auf den regulären Zusammenkünften, die wir haben, das ganze Themenspektrum unserer gemeinsamen Aufgabenverantwortung im föderalen Staat auch weiter voran bewegen.
Konkret haben wir natürlich auch über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gesprochen. Wir hatten und haben uns vorgenommen, dass wir das regelmäßig tun wollen; denn das ist etwas, das in Europa geschieht, das den Bürgerinnen und Bürgern Angst und Sorge macht und das auch mit großen Herausforderungen verknüpft ist, die sich hier in unserem Land stellen. Deshalb war es notwendig und wichtig, das einmal vertieft zu tun.
Wir haben uns über die Nationale Sicherheitsstrategie unterhalten, die wir ja gestern vorgestellt haben, und miteinander auch den Prozess festgelegt, wie das jetzt im Einzelnen weiter miteinander bearbeitet und vorangebracht wird; denn auch hier gilt ja, dass, gerade wenn wir einen integrierten Sicherheitsbegriff zugrunde legen, wenn wir nicht mehr die Weißbuchstrategie der letzten Jahre und Jahrzehnte verfolgen, bei der dann aus der Perspektive der Bundeswehr über Sicherheit gesprochen wird, sondern alles in den Blick nehmen, was damit zusammenhängt, wir das dann am besten auch gemeinsam tun - in unserer täglichen Praxis, aber auch in den Verständigungsprozessen, die damit verbunden sind.
Einen großen Teil unserer Diskussionszeit hat die Frage der Energiewende beansprucht, die Frage, wie wir Sicherheit gewährleisten können. Ich will noch einmal in Erinnerung rufen, dass es unverändert eine große Leistung des deutschen Staates ist, dass wir es geschafft haben, die Energieversorgungssicherheit in Deutschland im letzten Winter und auch bis heute zu garantieren. Wir haben innerhalb kürzester Zeit neue Versorgungsquellen für Gas, Kohle und Öl aufgetan, nachdem die Zwischenlieferungen ausgeblieben sind, und haben das, was uns vorhergesagt wurde, abgewendet, nämlich einen kalten Winter und eine ökonomische Depression, die der Sache folgt. Wir haben mit großem finanziellen Aufwand dazu beigetragen, dass die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen mit den gestiegenen Preisen, die sich insbesondere im Energiesektor ergeben haben, zurechtkommen können - besser zurechtkommen können, muss man genau sagen -, und sind ja noch dabei, diese Unterstützung zu gewährleisten, wissend, dass wir allerdings durch all das, was geschehen ist, auch gegenwärtig sehen, dass die Preise auf den Großhandelsmärkten wieder sinken und sich das auch schon Stück für Stück auf die Verbraucherinnen und Verbraucher niederschlägt. Trotzdem bleiben die Preissteigerungen und die Inflation natürlich ein Thema, und deshalb ist Energieversorgungssicherheit auch weiter ein zentrales Thema unserer gemeinsamen Anstrengungen.
Wir haben uns im Hinblick auf die Zukunft mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien beschäftigt, also der Windkraft auf hoher See, der Windkraft an Land und der Solarenergie, und auch mit dem Ausbau und der Ausbaugeschwindigkeit des Stromnetzes. Darüber ist sehr sorgfältig und intensiv diskutiert worden. Wir haben im Hinblick auf den Ausbau von Solarenergie, Windkraft an Land, Windkraft auf hoher See und der Stromnetze einen gemeinsamen Monitoringprozess vereinbart, im Rahmen dessen jeweils Stück für Stück beschrieben wird, wie weit wir sind. Denn wenn es uns gelingen soll, dass wir 2030 80 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen, dann wird es notwendig sein, dass wir das mit größerer Geschwindigkeit als heute vorantreiben. Das bedeutet, dass viel mehr Genehmigungen erteilt werden müssen, dass viel gebaut werden muss, was ja auch nicht schlecht für die wirtschaftliche Konjunktur unseres Landes ist. Dies voranzubringen, ist hier auch miteinander verabredet worden, das Monitoring, aber auch die gemeinsamen Bemühungen dafür, dass das gelingt.
Wir werden, was die Strompreise betrifft, auch Entlastungen bekommen, wenn es uns gelingt, nicht nur auf die billigeren erneuerbaren Energien anstatt fossiler Ressourcen zurückgreifen zu können, sondern auch das Stromnetz so zu ertüchtigen, wie wir uns das vorgenommen haben. Deshalb sind die Planungsbeschleunigungen, die wir dort vereinbart haben, von so großer Bedeutung. Es ist ja in der Tat so, dass wir heute im Norden und Osten der Republik vor allem Windkraftanlagen nicht zuschalten beziehungsweise abschalten, den nicht produzierten Strom bezahlen und dann im Süden und Südwesten der Republik Strom produzieren müssen, damit dieser Mangel ausgeglichen wird. Wenn die Leitungen fertig sind, entfällt das alles. Das sind dann Milliardenentlastungen für die Kundinnen und Kunden des Stromnetzes, aber das ist dann natürlich auch ein sofort wirksamer Beitrag für den Klimaschutz. Darum bemühen wir uns auch alle, das alles viel schneller hinzubekommen - mit den Gesetzen, die wir machen, aber auch mit neuen praktischen Kooperationsformen, mit denen wir diese Beschleunigung durchsetzen wollen.
Wir haben auch über die Weiterentwicklung unseres Gasnetzes gesprochen. Das wird ja noch notwendig sein; denn wir sind mit dem Prozess in Bezug auf neue LNG-Terminals noch nicht am Ende. Die müssen ja auch die Verknüpfung mit den Niederlanden und mit Belgien ausbauen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Gasautobahnen in Deutschland gut funktionieren, damit alles, was transportiert werden muss, in genügender Geschwindigkeit und Größenordnung transportiert werden kann.
Gleichzeitig haben wir uns mit der Frage des Wasserstoffnetzes beschäftigt, das wir aufbauen wollen. Noch in diesem Jahr werden die notwendigen Entscheidungen getroffen, damit wir ein Kernnetz für den Wasserstoff in Deutschland haben. Das wird sehr ambitioniert sein. Das ist ein großes wirtschaftliches Projekt. Wir bauen Leitungen, die noch nicht ausgelastet sein werden. Aber wenn wir sie nicht dann bauen, wenn sie noch gering ausgelastet sind, wird es den Zustand der großen Auslastung nicht geben. Also geht es darum, jetzt dieses Kernnetz zustande zu bringen, damit Unternehmen die Entscheidung treffen können, dass sie auf Wasserstoff setzen, weil sie wissen, dass sie ihn haben werden, wenn sie ihn brauchen. Das werden wir jetzt auch zügig gemeinsam voranbringen, damit das tatsächlich gelingt. Das ist also ein großes Thema, das uns auch weiter begleiten wird.
Wir haben uns auch über Netzentgelte und die Frage unterhalten, wie die sich weiterentwickeln. Da hatte ich den Eindruck, dass die Diskussion - ganz anders, als es zeitweilig den Eindruck machte - zwischen den Ländern gar nicht aufgeregt geführt wird, sondern dass dort schon ein Verständnis dafür existiert, dass man das partnerschaftlich lösen kann und auch will.
Wir haben uns über Planungsbeschleunigung im Allgemeinen unterhalten, also nicht nur auf die Energiewende bezogen. Dafür werden wir zügig eine Arbeitsgruppe einsetzen. Der Bund wird seine Vorschläge und die der Länder zusammenführen, und dann werden wir schauen, wie viel wir dabei erreichen können. Es ist jedenfalls gemeinsamer Wille der Länder und des Bundes, dass wir die ganzen Entscheidungsprozesse in Deutschland straffen, dass wir schneller zu Ergebnissen kommen. Das Deutschlandtempo, das wir bei den LNG-Terminals an den deutschen Küsten an den Tag gelegt haben, soll ein Deutschlandtempo sein, das bei allem gilt, was wir hierzulande machen. Dabei werden wir uns auch von mancher lieb gewonnenen Gewohnheit verabschieden müssen. Insofern bin ich über diese gemeinsame Zielsetzung bei der Planungsbeschleunigung sehr, sehr glücklich und froh.
Dem Auftrag der letzten Zusammenkunft folgend, haben wir uns auch erneut mit der Frage der Fluchtmigration beschäftigt. Ich will vorweg sagen, dass das natürlich in einer Situation geschieht, die sehr bedrückend ist. Wir haben von dem Unfall und dem Tod so vieler Menschen gehört, die im Mittelmeer ertrunken sind. Das ist bedrückend und ruft uns alle einmal mehr dazu auf, alles dafür zu tun, dass das vermieden wird, dass Menschen nicht diese gefährlichen Fluchtrouten wählen und dass wir das auch dadurch schaffen, dass wir ein gemeinsames und solidarisches System des Umgangs mit der Fluchtmigration in Europa entwickeln. Gemeinsam und einvernehmlich ist bewertet worden, dass die Ergebnisse der Innenminister in Europa sehr zu begrüßen sind. Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist dringend notwendig. Dass es nach vielen, vielen Jahren Bundesinnenministerin Faeser gelungen ist, hier einen Kompromiss in Europa zu erreichen, der das Solidaritätsprinzip verankert, haben alle Länder und der Bund gemeinsam richtig gefunden. Ich finde, das ist ein guter Fortschritt, weil wir darauf für die Aufgaben, die wir hier haben, aufbauen können.
Wir haben uns noch einmal versichert, dass wir die verschiedenen Entscheidungen, die wir beim letzten Mal getroffen haben, jetzt umsetzen. Wir haben berichtet, dass wir mit den Gesetzgebungsvorhaben in der Arbeit sind, was die Frage Moldaus und Georgiens betrifft, aber auch, was die anderen einzelnen Schritte zur Erhöhung der Effizienz des Asylverfahrens betrifft. Das wird dann Stück für Stück gemeinsam umgesetzt werden.
Ein Thema, das wir beredet haben, war, wie die Situation der Finanzierung ist, der Kosten, die in diesem Zusammenhang in Deutschland in den Gemeinden, in den Ländern und beim Bund anfallen. Dazu haben wir letztes Mal eine kleine Arbeitsgruppe eingerichtet. Der Sachstand ist hier berichtet worden. Im November werden wir dann wieder zusammenkommen, um gemeinsame Ergebnisse zu erarbeiten und zu beschließen.
Wir haben uns über das Thema der Digitalisierung der Ausländerbehörden in Deutschland unterhalten und einen sehr intensiven, sorgfältigen gemeinsamen Beschluss dazu gefasst. Das ist etwas, wofür ich mich sehr bedanken möchte, ganz besonders bei den beiden hier versammelten Ministerpräsidenten, aber auch bei allen anderen; denn es ist schon ein Ruck, den sich alle geben müssen. Das ist eine gigantische Modernisierungsaufgabe, die auch mit Investitionen und viel, viel Arbeit verbunden ist. Aber wir werden alle davon profitieren, wenn es uns dann gelingt, innerhalb eines absehbaren Zeitraums alle Ausländerbehörden in Deutschland zu digitalisieren, die Daten miteinander austauschbar zu machen und deshalb natürlich auch eine gute Möglichkeit zu haben, die Fluchtmigration zu steuern, immer den Überblick über die Dinge zu behalten, die geschehen, und gleichzeitig zu gewährleisten, dass alle Entscheidungsprozesse so schnell wie möglich stattfinden können. Das ist ja das, was wir uns da vorgenommen haben.
Insofern will ich es noch einmal zusammenfassen: Aus meiner Sicht war es eine sehr erfolgreiche, sehr konstruktive, sehr freundliche Zusammenkunft. Schönen Dank dafür!
MP Weil: Guten Abend, meine Damen und Herren! Um an die letzten Worte des Bundeskanzlers anzuknüpfen: Das war wirklich eine gute Sitzung. Es war ein sehr konzentriertes Arbeitstreffen. Es ging sehr sachlich zu, und alle Beteiligten hatten erkennbar auch den Wunsch, dass wir mit Ergebnissen hinausgehen. Da ich ja jetzt auch schon über einen gewissen Erfahrungsschatz mit diesen Sitzungen der MPK habe, kann ich sagen: Das war wirklich eine der guten Sitzungen. Alle sind gut, aber ich meine eine derjenigen, die ich auch ausdrücklich so bezeichnen möchte.
Olaf Scholz hat ja gesagt, dass es in erster Linie um Energie und um Flüchtlinge ging. Beim Thema der Energie ist es vielleicht ganz interessant und durchaus symptomatisch für diese Sitzung - ich habe eben noch einmal darüber nachgedacht, aber ich glaube, so war es -, dass das Stichwort Heizungsgesetz kein einziges Mal gefallen ist. Wir haben jetzt tatsächlich nicht versucht, Schlachten zu schlagen, die entweder in den vergangenen Wochen liegen oder hinsichtlich der man jetzt schlichtweg auch auf einen Gesetzentwurf warten muss, sondern wir haben uns nach vorne orientiert.
Es gibt ein Thema, das alle 16 Länder umtreibt, und das haben wir der Bundesregierung wirklich sehr ernsthaft nahegelegt. Das ist nämlich die Perspektive der Industrieunternehmen, der energieintensiven Industrieunternehmen. Es ist ganz egal, ob es Großbetriebe sind oder ob sie mittelständisch sind. Diejenigen von ihnen, und das sind fast alle, die sich auf dem internationalen Markt ihre Angebote unterbreiten, müssen mit Unternehmen aus anderen Ländern konkurrieren, in denen die Energiepreise wesentlich niedriger als bei uns sind. Das gilt international, das gilt aber auch innerhalb Europas. Wir haben als 16 Länder sehr eindringlich der Bundesregierung nahegelegt, an dieser Stelle sehr schnell auch zu Maßnahmen zu gelangen, weil wir befürchten, dass wir ansonsten tatsächlich wirtschaftliche Substanz verlieren.
Der zweite Punkt ist von Olaf Scholz angesprochen worden: Ja, wir kommen jetzt voran. Ich kann jedenfalls für mein Land sagen: Ich finde, es ist tatsächlich spürbar, dass es jetzt so etwas wie eine neue Dynamik bei den Ausbauvorhaben gibt. Aber wir müssen auch Bescheid wissen, wie es genau läuft, und zwar nicht nur bezogen auf Entscheidungen, die bereits getroffen sind, also zum Beispiel da, wo Genehmigungen erteilt werden, sondern wir müssen auch eine Prognose haben, damit wir sehen, ob wir in etwa auf Kurs sind oder nicht, was die Erreichung unserer Ziele angeht. Das wird zwischen Bund und Ländern aufzubauen sein und ist in jedem Fall ausdrücklich notwendig.
Das Stichwort der Beschleunigung ist wesentlich dafür, dass wir bei den erneuerbaren Energien jetzt wirklich deutlich vorankommen, wie wir alle hoffen. Aber es ist nicht nur bei den erneuerbaren Energien eine echte Staatsaufgabe. Da sind die Dinge - das muss man ehrlich sagen - in Deutschland über die Jahre und Jahrzehnte aus dem Ruder geraten. Schon mittlere Infrastrukturvorhaben wachsen sich zu wahren Generationsaufgaben aus. Das kann nicht gut sein. Wir müssen schneller und einfacher werden. Damit werden wir übrigens auch billiger werden. Dabei geht es um das Stichwort des Pakts zur Beschleunigung. Das meinen wir als Länder sehr ernst. Wir haben uns darüber gefreut, dass der Bund gesagt hat, er sei jetzt parat, wir könnten jetzt loslegen. Wir haben uns gemeinsam vorgenommen, dass wir relativ zügig, so nehme ich an, nach der Sommerpause versuchen wollen, diesen Pakt an einem gesonderten Termin tatsächlich zu Papier zu bringen. Es hat jetzt lange genug gedauert. Jetzt sollten wir tatsächlich beigehen. In der Sache sind sich, denke ich, alle einig. Es ist dringend notwendig, dass wir in dieser Hinsicht wesentlich schneller werden. Das gilt übrigens nicht nur für Infrastrukturvorhaben, sondern auch für vieles andere mehr. Aber jetzt wollen wir erst einmal versuchen, die Regeln für Infrastrukturmaßnahmen so zu gestalten, dass die Umsetzung der Vorhaben wesentlich beschleunigt wird.
Der zweite Hauptpunkt ist das Thema von Flucht und Asyl. Ich will hervorheben, was der Bundeskanzler gesagt hat. Wir sind uns darin einig, dass das, was in Brüssel beschlossen worden ist, ein Fortschritt ist. Es ist zum ersten Mal die Perspektive auf eine gemeinsame europäische Asylpolitik. Mit diesem Beschluss, den die Innenministerinnen und Innenminister getroffen haben, sind natürlich noch nicht alle Fragen beantwortet. Es war der erste Schritt, nicht der letzte. Aber dieser erste Schritt hat tatsächlich dazu geführt, dass wir jetzt eine neue Perspektive haben. Wir wissen gerade aus unseren Erfahrungen in Deutschland in den vergangenen Jahren, dass es wichtig ist, dass ein europäisches Problem europäisch angegangen wird. Man kann es nicht gewissermaßen stellvertretend mit einigen wenigen anderen Partnerinnen und Partnern aus der EU machen. Insofern haben wir dafür, dass die Bundesregierung diesen Kurs fortsetzen möge, auch von uns aus Rückenwind gegeben.
In der Sache selbst werden wir uns zum Thema der Kosten geflüchteter Menschen noch weiter auseinandersetzen müssen. Wir haben heute miteinander in - so will ich einmal sagen - ruhigerer Tonart über dieses Thema geredet, als es das letzte Mal der Fall gewesen ist. Aber wir sind uns noch nicht einig geworden. Das war auch nicht anders zu erwarten. Sie wissen, dass in dieser Hinsicht eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden ist. Sie arbeitet auch tatsächlich. Spätestens zum November werden wir fertig sein. Das entspricht also dem Fahrplan, den wir uns beim letzten Mal gegeben haben.
Das Stichwort der Ausländerbehörden ist tatsächlich ein wichtiges Thema, und zwar in zweierlei Hinsicht, erstens so, wie es gesagt worden ist, damit überall die Transparenz und damit auch die Kontrollfähigkeit erhöht wird, zweitens aber auch, weil die Situation in vielen Ausländerbehörden in Deutschland schwierig ist. Das ist wirklich eine undankbare Arbeit. Dort arbeiten Menschen, die hoch belastet sind. Ich finde, ehrlich gesagt, mit einen der besten Teile unserer Beschlüsse heute, dass wir uns ausdrücklich bei den Menschen in diesen Behörden bedanken. Dafür gibt es nämlich wirklich Grund. Außerdem hat der Bund angekündigt, dass er sich daran machen wird, das Ausländergesetz so zu modernisieren, dass auch die Arbeit dort leichter werden kann. Wir haben uns zudem auf einen Fahrplan in Sachen der Digitalisierung von Ausländerbehörden verständigt. Das war nicht ganz leicht, weil wir vorher durchaus sehr intensiv die Hinweise aus unserer Praxis aufgenommen haben. Aber am Ende ist es gelungen, zu einem entsprechenden Fahrplan zu gelangen, der von allen Beteiligten ernst gemeint wird. Das ist vielleicht ein schönes Beispiel für das, was ich meinte. Heute hatten wir in erster Linie Interesse daran, zu Verständigung zu kommen. Es ging nicht in erster Linie darum, recht zu behalten.
Ebenso wenig, wie heute klar war, ob wir heute einen Beschluss dazu fassen würden, es aber geschafft haben - das will ich abschließend sagen -, hatten wir alle miteinander, denke ich, mit einem Beschluss gerechnet, der noch dazugekommen ist. Es ging um die Frage der Elementarschadensversicherung. Wir erleben gerade wieder eine Dürre. Leider ist unsere Erfahrung in den letzten Jahren gewesen: Auf die Dürre folgen sehr schwere Regenfälle. - Damit sind wir wieder bei Beispielen, die uns in der Vergangenheit wirklich große Sorgen bereitet haben. Wir waren diesbezüglich in der Sackgasse. Die Diskussion heute, die sehr gut geführt worden ist, hat dazu geführt, dass wir uns gesagt haben: Nein, dass wir einfach unterschiedlicher Auffassung sind, das kann es noch nicht gewesen sein; wir machen einen neuen Anlauf. - Sämtliche Optionen, wie wir die Elementarschadensversicherung verbreitern und gängig machen können, übrigens inklusive der Prüfung einer Pflichtversicherung, sollen noch einmal aufgegriffen werden. Wir hoffen, dass wir diesbezüglich sehr zügig zu Ergebnissen kommen werden.
Langer Rede kurzer Sinn: Natürlich sind wir nicht in allen Fragen zu hundert Prozent einig. Wir sehen zum Beispiel mit Bedenken auf das, was sich in der Haushaltsdiskussion des Bundes auch für die Länder und für gemeinsame Aufgaben ergibt. Aber wir wissen auch, dass es aufseiten des Bundes in der Tat auch Grund gibt, solche Diskussionen zu führen. Das haben wir heute nicht im Detail zu vertiefen gehabt. Für heute kann man sagen: Es war eine sehr sinnvolle, produktive Zusammenkunft. Vielleicht hat es sich gelohnt, dass die Länder dem Bundeskanzler zu seinem gestrigen Geburtstag einen großen Präsentkorb mit Spezialitäten aus 16 Ländern überreicht haben und dem Hinweis: Liebe geht durch den Magen. - Wir hoffen also, dass nach dem Genuss dieser Lebensmittel die föderalen Interessen hier im Kanzleramt noch sehr viel populärer sind als vorher.
BK Scholz: Sicher.
MP Wüst: Herzlichen Dank für das Wort. Die Menschen erwarten zu Recht Handlungsfähigkeit und Verlässlichkeit von ihrem Staat. Das heißt, dass man in schwierigen Zeiten über alle beteiligten Ebenen hinweg eng zusammenarbeiten muss, und zwar nicht nur Bund und Länder, sondern man muss auch die Interessen der Kommunen im Blick haben und die europäische Ebene fest einbinden. Deswegen war es gut und richtig, dass wir heute konstruktiv und konzentriert an wesentlichen Punkten gearbeitet haben.
Wir sind uns darin einig, dass es an einigen Stellen flotter gehen muss. Gerade beim Thema der Planungsbeschleunigung muss es flotter gehen. Dabei geht es um die Handlungsfähigkeit unseres Staates. Wir waren uns im Länderkreis und auch mit dem Bund darüber einig, dass der Bund jetzt am Zug ist, am Pakt für Planungsbeschleunigung weiterzuarbeiten. Vor einem Jahr gab es sozusagen einen ersten Eröffnungszug. Es gab Vorschläge der Länder, eine Arbeitsgruppe, die aber nicht getagt hat. Jetzt soll Tempo auf das Thema. Gerade bei diesem Thema ist, denke ich, Tempo wichtig.
Damit Sie eine Idee davon haben, wovon wir sprechen: Worum geht es? - Es geht darum, Planungsverfahren schneller zu machen, Verkehrsinfrastruktur, Leitungsbau - das war schon ein großes Thema; da ist auch etwas passiert -, auch die Genehmigung von Anlagen. Wir stehen vor einer großen Transformationsaufgabe der Industrie. Wir brauchen neue Kraftwerke, Gaskraftwerke, die wasserstofffähig sind, und zwar in kurzer Zeit.
Wie wollen wir das schneller machen? - Stichtagsregelungen, vorzeitige Projektstarts, spürbare Verschlankung von Genehmigungen, Fristverkürzungen. Es sind viele Dinge, die wir nur als Länder und Bund gemeinsam regeln können und bezüglich derer wir deshalb auch gemeinsam agieren müssen, um die üblichen Reflexe, die es bei diesem Thema immer gibt, weil an jeder Norm irgendjemand ein verborgenes Interesse hat, brechen und alle hinter diesem Ziel versammeln zu können.
Wir haben deshalb vorgeschlagen, eine Sonderministerpräsidentenkonferenz zu dem Thema zu machen. Stephan Weil hat es angesprochen. Der Bund hat mitgeteilt, dass die regierungsinterne Abstimmung darüber bald abgeschlossen sein wird und diesem Wunsch entsprochen und zugestimmt. Ja, wir kommen dazu in besonderer Form zu einem gesonderten Termin zusammen. Das ist gut und dem Thema angemessen. Das wird den Schub entwickeln, der wir bei diesem Thema brauchen, um den Staat handlungsfähiger zu machen und damit auch ein Stück weit Zustimmung zu unseren demokratischen Spielregeln zu bewahren und an manchen Stellen auch zurückzugewinnen. Ein Staat, der seine Projekte zügig umsetzt, hat mehr Vertrauen der Bürger als ein Staat, der für viele kleine Dinge sehr, sehr lange braucht.
Die Migrationspolitik war ein Thema. Ja, es ist gut, dass auf europäischer Ebene eine Basis für eine deutliche Verbesserung in der europäischen Asylpolitik gelegt worden ist. Das ist ein enormer Fortschritt, den man nicht hoch genug einschätzen kann. Entscheidend ist jetzt die Umsetzung. Man muss es sich vorstellen: Asylverfahren an den Außengrenzen. - Es ist auch keine Banalität, was man dann in den Ländern dort an den Außengrenzen umsetzen muss. Dort werden große Einrichtungen entstehen müssen. Die Umsetzung wird eine große Aufgabe sein und auch ein Stück Zeit in Anspruch nehmen.
Das heißt im Umkehrschluss: In diesem Sommer und vielleicht auch noch im kommenden Sommer wird es darüber die Entlastung, die wir dringend brauchen, noch nicht geben. Das heißt: Unterbringung, Kita, Schule, Integration werden weiterhin sehr, sehr stark belastet, an einigen Stellen überlastet sein. Wir reden von einer Daueraufgabe. Deswegen war auch Geld noch einmal ein Thema. Wir haben am 10. Mai beschlossen, in einer Arbeitsgruppe zu arbeiten, und da wird gearbeitet. Ich will es ausdrücklich sagen. Nach dem, was ich höre, wird da auch gut gearbeitet. Es ist kein Arbeitskreis, in dem man irgendetwas schiebt und nie wieder etwas davon hört, sondern es wird konstruktiv miteinander gearbeitet, in einem atmenden System. Das hat der Bund anerkannt.
Es ist auch klar geworden, dass die prognostizierte Zahl von 250 000 in diesem Jahr überschritten wird. Wenn man eine solche gemeinsame Sicht auf einen Teil eines Ziels - atmendes System - und gleichzeitig einen gleichen Blick auf die Realität hat, dann kann es etwas werden. Alles Weitere werden wir bis zum November gemeinsam erarbeiten müssen. Wichtig ist, weil es eine Daueraufgabe ist und bleibt, dass wir den Kommunen wirklich Verlässlichkeit geben mit einem System, in dem sich der Bund stärker an den Kosten der Kommunen beteiligt.
Aber Geld ist nicht alles. Deswegen haben wir auch über weitere Themen gesprochen, um Druck herunterzubekommen, um die Zahlen herunterzubekommen, jenseits des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, Stichwort „neue Migrationsabkommen“. Frau Innenministerin hat beschrieben, wie die weiteren Schritte sein werden, an welchen Themen man sehr, sehr konkret arbeitet: Verlängerung der Höchstdauer des Ausreisegewahrsams, Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten, Georgien, Moldau. Das alles sei, so ist mitgeteilt worden, in Bearbeitung. Das ist so auch notwendig.
Die Digitalisierung der Ausländerbehörden wird das Problem am Ende nicht lösen, aber bei einer Problemlösung doch deutlich helfen. Es ist ein wichtiges Thema. Es wird eine Riesenkraftanstrengung für viele Kommunen werden. Wir reden immer dann über die Digitalisierung einzelner Aufgaben in Kommunen, wenn es gerade brennt. Dann ist das erste Argument: Aber hier brennt es doch gerade! Das können wir jetzt nicht auch noch machen! - Deswegen haben wir bei den Fristen darauf geachtet, dass wir das Machbare im Blick halten und trotzdem zügig vorankommen. Darüber werden wir jetzt mit den Kommunen sprechen, wohl wissend, dass das eine Kraftanstrengung ist. Wir werden helfen, wo immer es möglich ist.
Sicherheitspolitik, Nationale Sicherheitsstrategie: Es ist verdienstvoll, dass es sie gibt. Deutschland muss in dem Bereich strategiefähiger werden. Die Länder sind für innere Sicherheit, für Cybersicherheit, für Zivilschutz, Katastrophenschutz zuständig. An vielen Stellen im gesamten Themenspektrum der Sicherheit im gesamten Sinne gibt es eine Länderzuständigkeit. Deswegen wäre es gut gewesen, hätte man die Länder früher einbezogen. Das wäre ein guter Beitrag gewesen, um heute schon eine Nationale Sicherheitsstrategie zu haben, die das Thema der Sicherheit komplett abdeckt. So braucht es jetzt die Ergänzung um den Teil, für den die Länder zuständig sind. Es ist zugesagt worden, dass man die Länder nun in der Umsetzung der Bundesstrategie eng einbindet. Das ist heute signalisiert worden. Wir nutzen gern die Chance, uns dabei einzubringen.
Frage: Herr Bundeskanzler, ich möchte Sie zu den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen fragen, die - - -
BK Scholz: Die haben wir heute nicht besprochen.
Frage : - Sie haben sie nicht besprochen? Aber sie stehen ja vor der Tür. Ich hatte gehört, der chinesische Ministerpräsident werde sogar noch nach Bayern fahren. Insofern betrifft es zum Teil die Länder. Erwarten Sie eigentlich konkrete Ergebnisse von diesen Konsultationen? Bei ähnlichen Veranstaltungen in der Vergangenheit wurden zum Beispiel Milliardenaufträge abgeschlossen oder am Ende standen konkrete Ergebnisse. Oder verläuft es eher gemäß dem Motto, wie das Experten nennen, „the meeting is the message“, dass man sich also jetzt einfach mal in diesem Rahmen trifft, aber im Grunde genommen darüber hinaus praktisch nichts passiert?
BK Scholz: Zunächst einmal ist es eine langjährige Tradition, dass wir diese Konsultationen haben. Sie finden jetzt mit der neu bestimmten Regierung in China nach der intensiven Diskussion statt, die ich, aber auch die Außenministerin und andere seither in China hatten. Insofern ist das der richtige Zeitpunkt und auch natürlich eine Weltlage, in der es besonderen Sinn macht, sich miteinander auszutauschen.
Wir werden viele Fragen besprechen, auch konkrete Ergebnisse erzielen, uns dann aber natürlich auch über die Themen unterhalten, bei denen wir uns noch zusammenfinden müssen. Das wird ein ganz wichtiges Arbeitstreffen.
Frage: Herr Bundeskanzler, zuletzt haben Sie davon gesprochen, dass in Deutschland im Verhältnis zum vergangenen Jahr immer mehr Geflüchtete in ankommen und auch in den vergangenen Monaten wesentlich mehr Menschen hier angekommen sind. Auch wenn wir uns bei der Kostenfrage, wie Sie schon erwähnt haben, bis zum Herbst gedulden, hat beispielsweise Manuela Schwesig eine 50:50-Aufteilung in Bezug auf die Kosten vorgeschlagen und gefordert. Mich würde interessieren, inwieweit Sie auch da schon eine gewisse Annäherung zwischen Bund und Ländern verzeichnen können.
BK Scholz: Sie kennen die Diskussion, die wir das letzte Mal geführt haben. Wir haben eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die auch schon getagt hat und sich weiter zusammensetzen wird. Wir haben heute ein bisschen einen Zwischenstand gehört. Im Wesentlichen ist berichtet worden, dass man tagt und dass es konstruktiv vorangeht. Wir werden dann im November Entscheidungen treffen.
Frage: Bei Ihrem letzten Treffen haben Sie vereinbart, dass Grenzkontrollen je nach Lage und in Absprache mit den Ländern auch an anderen Grenzen möglich sein sollen. Jetzt fordern Sachsen und Brandenburg relativ eindringlich genau die Einführung solcher Grenzkontrollen an der Grenze zu Polen. Was sind die Gründe, dass das bisher nicht passiert?
Eine zweite Frage. Herr Weil, Sie haben es angesprochen: Es gab zuletzt Alarmrufe aus mehreren Ländern wegen drohender Kürzungen bei Bund-Länder-Programmen für den ländlichen Raum für die Städtebauförderung. Gibt es da einen neuen Stand? Was droht denn in den Ländern bei so einer Streichung?
BK Scholz: Wir haben in der Tat das letzte Mal verabredet - übrigens auf Vorschlag des Bundes; das ist eins zu eins die Formulierung, die wir für die Runde vorgesehen hatten -, dass wir natürlich die Möglichkeiten nutzen, die wir haben. Wir haben ein intensives Kontrollregime an der deutsch-österreichischen Grenze; wir haben ein spezielles an der Grenze zur Schweiz, das anders ausgerichtet ist, auch in Kooperation mit der Schweiz; wir haben mit Tschechien Vereinbarungen, wie wir das machen, und auch an der deutsch-polnischen Grenze. Dort sind wir mit mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort unterwegs, aber nicht in dem Sinne, dass wir das überall auf die Weise tun, dass dort unmittelbar an den Grenzen Kontrollen stattfinden.
Es geht ja darum, dass wir, wenn alle ihre Nachbarländer jeweils betrachten, die Möglichkeit des freien Austauschs von Gütern, von Menschen, die sich bewegen können, im Schengenraum nicht beeinträchtigen. Darum ist es auch genau das so wichtig, was in Europa geschieht. Denn unsere Herausforderung ist, dass die Außengrenze, die wir haben, gar nicht unsere eigene ist, sondern das ist eine, die andere Länder haben. Deutschland ist praktisch ein Land ohne Außengrenze. Das ist immer ein EU-Land. In dem Sinne ist es ganz wichtig, dass wir diese Kooperation in Europa zustande bringen und unsere eigenen Möglichkeiten lagegemessen nutzen, ohne dass wir dabei das, was für die Wirtschaft, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die vielen Pendlerinnen und Pendler wichtig ist, kaputtmachen. Das werden wir weiter immer lageangemessen tun.
MP Weil: Zu Ihrer Frage: Ja, natürlich lesen wir auch Zeitung. Deswegen haben wir die Gelegenheit genutzt, darauf aufmerksam zu machen, dass beispielsweise die Gemeinschaftsaufgaben wirklich wichtige Anliegen sind. Sie haben gefragt: Was droht da den Ländern? – Den Ländern droht da nichts. Städtebaumaßnahmen werden beispielsweise in den Kommunen umgesetzt. Oder Küstenschutz, Hochwasserschutz dient den betroffenen Menschen, die ansonsten gefährdet sind. Darum geht es. Wir haben an dieser Stelle unsere Sorgen zum Ausdruck gebracht. Der Bundeskanzler hat gesagt, dass er selber noch nicht genau weiß, was am Ende herauskommen wird, weil die entsprechenden Gespräche stattfinden. Er hat erläutert, warum aus Sicht der Bundesregierung ein deutlicher Handlungsbedarf besteht. Insofern war das ein Austausch von Themen, die uns wechselseitig bewegen, allerdings noch von unterschiedlichen Seiten her.
Vielleicht kann ich noch eines hinzuzufügen: Mitbedacht werden sollte, dass wir insbesondere bei den Gemeinschaftsaufgaben damit häufig auch die Möglichkeit haben, zusätzlich EU-Mittel zu mobilisieren. Das muss einfach in eine Abwägung mit einbezogen werden.
Frage: Ich hätte ganz gerne nach dem Thema Energie gefragt, weil ich die Antworten, die Sie jetzt gegeben haben, noch nicht so richtig zusammenbringe. Alle sind über den Strompreis für energieintensive Industrien besorgt. Sie, Herr Bundeskanzler, haben gesagt, dass man deswegen die Netze ertüchtigt. Aber wenn ich das richtig verstanden habe, auch vonseiten der Ministerpräsidenten, sind Sie besorgt, dass kurzfristig eine Abhilfe da sein muss. Deswegen gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern die Debatte über einen Industriestrompreis und andere Maßnahmen. Deswegen die Frage: Sehen Sie die Notwendigkeit, dass man jetzt kurzfristig, bevor die Netze ertüchtigt werden - das dauert ja noch Zeit -, eine schnelle Maßnahme seitens der Bundesregierung beschließt?
Eine Frage an die Ministerpräsidenten: Sind Sie mit dem zufrieden, was Sie an Zusagen bekommen haben?
Herr Bundeskanzler, noch eine Frage zu Intel. Das amerikanische Halbleiterunternehmen fordert mehr Subventionen für den Bau der Fabrik in Magdeburg. Ist die Bundesregierung dazu bereit, die Summe noch einmal aufzustocken? - Danke.
BK Scholz: Ich hätte beinahe etwas flapsig geantwortet: Ihre Frage ist länger als die Dauer der Debatte, die wir zu diesem Teilthema, nämlich den Industriestrompreis, geführt haben. Das stimmt nicht ganz, aber das ist vielleicht für die Gewichtung wichtig.
Wir haben uns in der Tat sehr ausführlich mit der Notwendigkeit des Ausbaus der Stromerzeugung - Windkraft auf hoher See, an Land, Solarenergie -, dem Ausbau der Stromnetze und damit beschäftigt, wie wir die Beschleunigung zustande bringen. Deutschland wird relativ zügig ein Land sein, das anders als in der Vergangenheit wegen des Verzichts auf fossile Ressourcen und mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien eine Chance hat, Strom auch im globalen Maßstab möglicherweise preiswerter zu produzieren, als das für Deutschland als Wirtschaftsstandort früher der Fall war. Da sind wir noch nicht ganz, weil zum Beispiel das Übertragungsnetz noch nicht so funktioniert, weil der Ausbau von Windkraftanlagen im Süden Deutschlands erst mit einem schnelleren Tempo beginnen soll. Aber all das wird in uns eine Lage bringen, die uns hilft. Das wird auch möglich machen, dass zum Beispiel Unternehmen, die eine Ansiedlungsentscheidung, eine große Investitionsentscheidung treffen, die Möglichkeit haben, eine feste Zusage für einen billigeren Strompreis zu bekommen, weil das dann alles geschehen sein wird, wenn die Fabrik eröffnet wird. Das ist übrigens etwas, was auch jetzt schon oft überall geschieht.
Gleichzeitig ist es so, dass wir natürlich gucken, wie wir die Modernisierung unserer Volkswirtschaft voranbringen. Wir machen das mit den Unterstützungen, die wir für Stahlindustrie, Chemieindustrie und viele andere Wirtschaftszweige gewähren, die CO2-neutral wirtschaften wollen und dabei neue Technologien einsetzen. Natürlich ist es eine ganz besondere gute Botschaft, dass sehr viele Unternehmen sehr weitreichende und sehr große Investitionsentscheidungen in Deutschland treffen, was den Ausbau der Halbleiterproduktion betrifft. Da kommt, wenn alle Pläne etwas werden, ziemlich viel in Deutschland an Produktion zustande. Und wir reden mit allen im Detail.
MP Weil: Zu Ihrer Frage: Wir sind ja Realisten. Deswegen wussten wir, dass wir, wenn wir dieses Thema heute ansprechen, nicht von der Bundesregierung, vom Bundeskanzler eine abschließende Antwort nach dem Motto „Wir machen das so und so“ bekommen.
Wir fanden es allerdings wichtig, dass wir als 16 Länder alle darauf aufmerksam machen: Wir haben hier ein Problem. Das Problem besteht nicht darin, dass wir einen Zweifel daran hätten, dass wir am Ende in Deutschland ein hochwettbewerbsfähiges Energiesystem haben. Nach allem, was wir wissen – das bestätigen beispielsweise auch die neuesten Berichte im Offshore-Bereich -, darf man davon ausgehen, dass die erneuerbaren Energien hochwirtschaftlich sein werden. Sie sind nicht nur sauber und nicht nur sicher, sondern sie sind auch hochwirtschaftlich. Aber bis dahin müssen eben viele Unternehmen durchhalten. Wenn wir beispielsweise heute über einen Offshore-Windpark reden, wissen wir, dass er gegen Ende des Jahrzehnts in Betrieb genommen wird. Was passiert bis dahin? Daraus ergibt sich unsere Sorge, die auch durchaus eine aktuelle ist. Denn viele unserer Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern in den Unternehmen in den Ländern sagen uns, wenn wir bei ihnen unterwegs sind: Die Uhr läuft. – Da gibt es eben Investitionsentscheidungen, die anstehen und die entweder hier oder da stattfinden. Ob Deutschland dann dabei ist oder nicht, ist auch abhängig von der Frage: Wie genau kann man sich eigentlich als Unternehmen seine Situation vorstellen, bevor beispielsweise die ganzen Offshore-Windparks zur Verfügung stehen und genutzt werden können?
Insofern ein extrem wichtiges Thema. Ich hoffe sehr, dass wir sehen werden, dass wir an dieser Stelle auch gute Antworten erhalten werden. Aber noch einmal: Für heute hatten wir das nicht erwartet. Wir hatten nicht gemeint, dass das Geburtstagsgeschenk für den Bundeskanzler ihn so weit bringen würde, gleich an dieser Stelle mit einzuschlagen.
MP Wüst: Schön wäre es trotzdem gewesen. Denn die Feststellung ist richtig, dass die Zeit drängt. Den Zusammenhang hat Kollege Weil ja beschrieben. Wir haben heute sehr ausgiebig über die verschiedenen Themen im Bereich Netzausbau - Netzeausbau muss man eigentlich sagen - gesprochen. Da sehen wir ein Tempo, das wir an anderen Stellen noch erreichen müssen. Trotzdem wird es diese Lücke vom heutigen Tag geben, wo die Preise schlicht zu hoch sind, um wettbewerbsfähig zu sein - in manchen Industrien jedenfalls bis zu dem Moment, wo wir mit Offshore insbesondere die Industrie versorgen können. Wir haben heute Offshore-Kapazitäten von 25 Terawattstunden. Wir brauchen 250, um die deutsche Industrie zu versorgen. Jetzt kann man ein bisschen differenzieren, und dann braucht man ein bisschen weniger. Aber das beschreibt die Menge, die wir ausbauen müssen. Das braucht Zeit, und für die Zeit brauchen wir eine Antwort, weil auch in dieser Zeit Investitionsentscheidungen getroffen werden. Und sie werden eben nicht immer zu unseren Gunsten getroffen. Das kann ich hinsichtlich Nordrhein-Westfalen sagen. Dort gibt es viel energieintensive Industrie. Deswegen haben wir ein gemeinsames Interesse, dass wir an dem Thema zügig arbeiten.
Frage: Herr Scholz, Herr Wüst hat eben so schön gesagt, dass Sie jetzt das atmende System der Länder akzeptiert hätten. Sehen Sie das auch so? Schwenken Sie da auf die Länder ein und sagen Sie, dass es dieses atmende System braucht?
Herr Wüst, was macht Sie so sicher, dass die Bundesregierung am Ende tatsächlich auf Sie zugeht und dieses atmende System dann auch nutzt?
BK Scholz: Ich glaube, Sie überinterpretieren die Aussagen, die hier von uns dreien gemacht worden sind.
MP Wüst: Der Bericht, den ich aus der Arbeitsgruppe gehört habe, war, dass man erstens gut arbeitet, dass zweitens die Zahl 250 000 überschritten wird und man das auch nicht diskutiert und beschreitet, sondern zugesteht und dass drittens der Bund bereit ist, an einem atmenden System zu arbeiten. Da ist nicht zugestanden worden. Es gibt ja auch noch nicht dieses eine Papier, dass man dann das Ländersystem nimmt, zu dem der Bund einschlägt. Aber es ist gut, dass man daran gemeinsam arbeitet. Der Bund kann ja auch etwas davon haben, denn atmen heißt ja: Man atmet ein, und man atmet auch mal aus. Wenn man das fair miteinander austariert – ich glaube, es ist bei so großen Herausforderungen wichtig, dass es für alle Seiten fair ist -, dann kann es etwas geben. Ich fand jedenfalls, dass das ein guter Bericht dazu war. Die anderen Kolleginnen und Kollegen hatten das auch so gehört. Jetzt wollen wir hoffen, dass es so konstruktiv weitergeht, dass die Kommunen Verlässlichkeit und Planungssicherheit bekommen, dass sie mit ihren großen Aufwendungen nicht alleine stehen.