Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz, Ministerpräsident Weil und Ministerpräsident Wüst nach der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 2. November 2022

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Im Wortlaut Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz, Ministerpräsident Weil und Ministerpräsident Wüst nach der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 2. November 2022

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Mittwoch, 2. November 2022

BK Scholz: Meine Damen und Herren, wir sind schnell fertig geworden - wie Sie sehen - schneller als angesichts des großen Themenumfangs und der großen Herausforderungen, die wir zu bewältigen haben, hätte erwartet werden können. Das ist aus meiner Sicht, und ich glaube, auch aus unserer gemeinsamen Sicht ein sehr, sehr gutes Zeichen. Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir die heutige Zusammenkunft der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit mir sehr, sehr sorgfältig vorbereitet haben. Es hat sehr, sehr viele Gespräche, sehr viel Arbeit im Vorfeld gegeben. Auch am Sonntag haben wir drei und ein paar andere noch miteinander konferiert, damit das heute gut laufen kann, und so ist es auch gekommen.

Deshalb bedanke ich mich auch stellvertretend für alle anderen bei Herrn Weil und Herrn Wüst dafür, dass das möglich geworden ist und dass wir in einer Zeit, in der die Bürgerinnen und Bürger genau hingucken, was wir machen und ob wir uns unterhaken, gezeigt haben: Wir haken uns unter und wir lösen die Probleme unseres Landes gemeinsam.

Dass wir das tun müssen, hat sehr viel mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu tun. Dieser Krieg findet jeden Tag weiter statt, er kostet jeden Tag Menschenleben, jeden Tag werden Städte, Dörfer, Straßen, Infrastruktur in der Ukraine zerstört. Wenn wir über die Folgen dieses Krieges hier reden, dann dürfen wir nicht vergessen, dass die Ursache für alle diese Folgen und für die großen Herausforderungen, die wir zu bewältigen haben, Putins Krieg ist. Das führt auch dazu, dass wir gemeinsam alles dafür unternehmen müssen, dass Russland seinen Angriffskrieg beendet und seine Truppen zurückzieht, damit wieder Frieden herrschen kann.

Wir sehen, dass der Krieg Konsequenzen hat, zum Beispiel dadurch, dass viele Zuflucht suchen in unserem Land. Es sind über eine Million Bürgerinnen und Bürger der Ukraine in unserem Land registriert und haben hier zeitweilig oder auch dauerhaft für die nächste Zeit Schutz gefunden. Es ist beeindruckend, mit welcher großen Unterstützung aus allen Kreisen der Bevölkerung es uns gemeinsam gelungen ist, das zu organisieren, und dass nach so langer Zeit diese Solidarität und Unterstützung in Deutschland immer noch anhält.

Gleichzeitig ist das natürlich mit großen Aufgaben verbunden, die die Kommunen, Städte, Gemeinden und Dörfer in Deutschland haben, die die Länder haben und die der Bund zu bewältigen hat. Deshalb ist es richtig, dass wir über die Frage, wie wir die Aufgaben miteinander finanzieren, eine Verständigung gesucht haben. Herausgekommen ist, dass wir gesagt haben: Zusätzlich zu den Mitteln, die wir im Hinblick auf die Ukraine bereits den Ländern aus Bundesmitteln zur Verfügung gestellt haben, zusätzlich zu der Entlastung, die dadurch zustande kommt, dass die ukrainischen Flüchtlinge gleich in dem System der Grundsicherung abgesichert werden und deshalb viel weniger, als das anderenfalls der Fall wäre, die Länder und Kommunalhaushalte belasten, ist es so, dass wir auch noch weitere 1,5 Milliarden Euro für dieses Jahr mobilisieren werden, um ukrainische und andere Flüchtlinge vor Ort zu unterstützen und die Aufgaben für Gemeinden, Städte und die Länder leistbar zu machen.

Wir haben uns darüber hinaus darauf verständigt, das für das nächste noch einmal mit 1,5 Milliarden zu machen, und dass wir strukturell für die Flüchtlinge, die nicht aus der Ukraine stammen, sondern die von anderen Orten der Welt kommen und hier Zuflucht suchen, 1,5 Milliarden Euro bereitstellen. Das ist eine gute Verständigung, die uns in die Lage versetzt, die Aufgaben zu bewältigen, vor denen wir alle in dieser Hinsicht stehen.

Darüber hinaus geht es natürlich um Preise, die die Bürgerinnen und Bürger belasten, Preise, die die Bürgerinnen und Bürger jetzt bezahlen müssen und die viele vor große Herausforderungen stellen, weil ihr eigenes Einkommen oder das Budget der Firma das nicht möglich macht. Manche Strompreise, manche Gaspreise, die für diejenigen, die keine laufenden Verträge haben, neu aufgerufen werden, sind um ein Vielfaches über das gestiegen, was man vor Beginn des Krieges hierzulande gekannt hat. Deshalb war es für uns alle wichtig, dass wir Wege finden, wie wir Bürgerinnen und Bürger, Familien, Ältere und Junge, wie wir soziale Einrichtungen, wie wir Krankenhäuser, wie wir Handwerksbetriebe, kleine und große Unternehmen und die großen Industriebetriebe so entlasten können, dass wir gemeinsam durch diese Zeit kommen.

Dazu sind die wichtigsten Parameter jetzt festgelegt.

Es wird erstens eine Gaspreisbremse geben, die dazu beiträgt, dass die Haushalte nicht mehr als 40 Cent [Korrektur: gemeint 12 Cent, siehe Ausführungen des Bundeskanzlers auf Seite 3] pro Kilowattstunde für den Grundbedarf zahlen müssen, der bei ihnen anfällt. Das ist eine große Erleichterung. Das ist mehr als das, was früher gezahlt wurde, aber das ist viel weniger als das, was manche jetzt als Gasvertrag angeboten bekommen haben - mit einer vier- bis fünffach so hohen Rechnung und all den Steigerungen, die damit verbunden sind.

Zu diesen Unterstützungen im Rahmen der Gaspreisbremse gehören auch Entlastungen für Unternehmen - die kleinen, die mittleren und die großen, jeweils abgestuft -, auch im Rahmen des Beihilferegimes der Europäischen Union. Auch das werden wir finanzieren. Das gilt übrigens nicht nur für die Gaspreise, sondern auch für die Fernwärmepreise. Gleichzeitig ist geregelt, dass die Mieterinnen und Mieter entlastet werden sollen und wir es deshalb möglich machen, dass sie diese Entlastungen möglichst bald bekommen und dass das auch entsprechend umgesetzt werden kann.

Damit es schnell losgeht mit den Gaspreisentlastungen, wird es im Dezember eine große Entlastung geben, die dazu führt, dass die Gasversorger die Rechnungen, die sie im Dezember stellen, nicht stellen müssen, und dass sie die Mittel aus dem Bundeshaushalt überwiesen bekommen. Das Kabinett hat heute die notwendigen Entscheidungen getroffen, damit das auch schon im Dezember klappen kann. Wir werden darüber hinaus Mitte November, zum 18. November, entlang der Ihnen auch bekannt gewordenen Eckpunkte all die anderen Regelungen zur Gaspreisbremse und zur Fernwärmepreisbremse auf den Weg bringen.

Das gilt auch für das dritte Entlastungsprogramm: Das ist die Strompreisbremse. Auch die soll die Bürgerinnen und Bürger entlasten. Wir haben auch hier eine Deckelung vorgenommen. Ich muss mich übrigens korrigieren: Bei den Gaspreisen waren das 12 Cent, bei den Strompreisen sind es die 40 Cent, die ich eben genannt habe. Die Gaspreise sind also geringer und werden auf 12 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt, und bei den Strompreisen ist es so, dass wir die Preise, die für die Verbraucher vor Beginn des russischen Angriffskrieges bei um die 30 Cent pro Kilowattstunde lagen - manchmal ein bisschen darüber, manchmal ein bisschen darunter -, auf 40 Cent pro Kilowattstunde deckeln.

Auch das ist etwas, was jetzt umgesetzt wird, einschließlich verschiedener anderer Regelungen, die dazugehören - zum Beispiel, dass wir einen Teil der Finanzierung über eine Abschöpfung von Zufallsgewinnen vornehmen, die bei bestimmten Stromerzeugern anfallen - Windkraftanlagen, Solaranlagen, Braunkohlekraftwerke, Atomkraftwerke -, und das dazu nutzen, die Strompreise für alle Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Das ist ebenfalls ein ganz, ganz wichtiger Schritt.

Also: Diese drei Entlastungsbremsen - Gas, Fernwärme und Strom - kommen jetzt für die Bürgerinnen und Bürger, für die Verbraucherinnen und Verbraucher, für die Mieterinnen und Mieter, für diejenigen, die ein Haus haben, aber natürlich auch für die Unternehmen, jeweils entsprechend abgestuft. Es ist gut, dass wir dafür jetzt den Rahmen gesteckt haben.

Zu dem Gesamtpaket gehören auch Härtefallmaßnahmen, zum Beispiel für Krankenhäuser, wo allein Strompreisbremse und Gaspreisbremse nicht reichen. Auch die haben wir heute miteinander besprochen.

Das ganze Entlastungspaket, über das ich hier geredet habe, wird 200 Milliarden Euro umfassen, die der Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds bereitstellt. Das versetzt uns jetzt in die Lage, das zu tun, worauf wir uns verständigt haben. Die Grundlage ist auch gelegt: Mit Zustimmung von Bundestag und Bundesrat ist der Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds bereits Gesetz. Wir können jetzt also zur Tat schreiten, und tun das auch mit dem notwendigen Tempo. Das ist jetzt wichtig, damit die Bürgerinnen und Bürger keine Angst vor ihren Rechnungen haben müssen, und genau das ist unser gemeinsames Ziel.

MP Weil: Vielen Dank. - Vielleicht erinnern sich manche von Ihnen noch an den 4. Oktober: Das war das letzte Mal, dass wir hier zusammengekommen sind. Damals hatten wir sehr, sehr lange beraten und sind mit keinen richtig klaren, konkreten Ergebnissen aus unserer Runde herausgekommen. Das hat eine eher kritische Aufnahme gefunden. Heute haben wir sehr viel kürzer getagt und kommen doch mit etlichen, im wahrsten Sinne des Wortes richtig schwerwiegenden Entscheidungen wieder heraus. Ich hoffe sehr, dass wir uns künftig ein Beispiel am Verlauf des heutigen Tages nehmen, und nicht so sehr am 4. Oktober.

Ich bin sehr froh darüber, dass wir in weiten Bereichen Einigkeit erzielen konnten. Ich bin sehr sicher, dass es für Bürgerinnen und Bürger wichtig ist, das Gefühl zu haben, dass die unterschiedlichen staatlichen Ebenen gut zusammenarbeiten, dass sie sich nicht in erster Linie streiten und auseinandersetzen, sondern zusammenarbeiten und insbesondere auch die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger in den Blick nehmen. In vielen Fällen - damit haben wir in Niedersachsen in der jüngeren Vergangenheit reichlich Erfahrungen machen können - dominiert tatsächlich ein ausgeprägtes Gefühl von Unsicherheit das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger. Dagegen hilft nur Vertrauen, das man schaffen muss. Das ist nicht leicht, aber es ist möglich, wenn dort der Eindruck entsteht: Die ziehen am selben Strang in dieselbe Richtung.

Dass wir heute so weit gekommen sind, lag, wie der Bundeskanzler mit Recht gesagt hat, an einer guten Vorbereitung. Das hat dazu geführt, dass wir heute Themen, die wir monatelang im Streit zwischen Bund und Ländern hatten, abräumen konnten.

Das gilt zunächst einmal insbesondere auch für den ÖPNV. Vielleicht ist die zentrale Nachricht für viele Menschen in Deutschland: Das 49-Euro-Ticket wird kommen, nach Möglichkeit zum 1. Januar, ansonsten möglichst schnell im Jahr 2023. Die finanziellen Grundlagen dafür sind heute gelegt worden. Das ist eine wichtige praktische Verbesserung für das Leben vieler Menschen. Ich will darüber hinaus sagen, dass es in manchen Ländern für bestimmte Gruppen auch noch bestimmte weitere Angebote geben wird. In Niedersachsen werden wir beispielsweise ein Angebot eines 29-Euro-Tickets für junge Leute machen, also für Schülerinnen, Schüler, Auszubildende. Aber das ist von Land zu Land verschieden. Wichtig ist: Es gibt das Deutschlandticket.

Zweitens: Wir sind uns auch darüber einig geworden, dass es durch den Bund eine dauerhafte Unterstützung bei der Unterbringung von Flüchtlingen gibt. Das ist ein ganz wichtiges, zentrales Element. Das hilft uns jetzt auch sehr in der akuten Krise, in der wir uns befinden. Wir wissen, dass in diesem Jahr eine wirklich hohe Zahl von Menschen bei uns Zuflucht gesucht hat. Wir müssen befürchten, dass es im Winter noch deutlich mehr werden. Wir erleben derzeit sehr eindrücklich, dass es eine - so muss man sagen - terroristische Form der Kriegsführung gegenüber der Zivilbevölkerung durch Russland gegenüber den Menschen in der Ukraine gibt. Insbesondere die Zerstörung der Energieinfrastruktur, der Wasserversorgung, all das hat natürlich das Ziel, gerade in der kalten Jahreszeit die Menschen dort nicht nur zu verunsichern, sondern es auch herbeizuführen, dass viele von ihnen woanders Zuflucht suchen müssen. In einem gewissen Sinne werden wir, so fürchte ich, deswegen noch lange nicht das Ende der Zahlen derer, die zu uns kommen, erlebt haben. Das macht in den Kommunen enorme Anstrengungen bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Aber umso wichtiger ist es, dass sich die Kommunen in dieser Arbeit auch unterstützt fühlen. Was an finanziellen Fortschritten wir heute aus Sicht der Länder haben erzielen können, ist vor allen Dingen auch dazu gedacht, dass die Arbeit in den Kommunen unterstützt werden kann. Dabei ist Geld derzeit nicht alles, aber mindestens die materielle Ausstattung für die Kommunen muss so gewährleistet sein, dass man sich nicht im Stich gelassen fühlt. Das betrachte ich als ein weiteres ganz wichtiges Ergebnis.

Ich will ein drittes Thema nennen. Diese Kompromisse sind uns insgesamt schwer gefallen. Ich bin nicht sicher, ob der Bundesfinanzminister glücklich ist. Die Länder sind es nicht. Wir hätten uns immer und überall auch noch mehr vorstellen können und hatten dafür gute Gründe. Unter dem Strich haben wir aber gemeint, dass die Gesamteinigung vertretbar ist, und deswegen insbesondere auch beispielsweise weitergehende Forderungen im Bereich des Wohngelds nicht mehr weiter vertreten. Allerdings will ich auf eines aufmerksam machen: Es ist wirklich im gemeinsamen Interesse, dass wir zu einem Verfahren kommen, das sehr schnell, sehr praktikabel und möglichst unbürokratisch ist. Denn die Zahl der Wohngeldanträge dürfte ganz erheblich steigen. Wir müssen miteinander vermeiden, dass sich in den kommunalen Wohngeldstellen große Staus bilden, die einfach durch ein kompliziertes Verfahren dafür sorgen, dass viele Anträge ewig lange brauchen, bis sie ankommen. Dieses Thema ist heute nicht im Einzelnen diskutiert worden. Es hat aber eine hohe praktische Bedeutung. Daran müssen wir noch feilen.

Zum Stichwort der Energiepreise, des Energiepreisdeckels: Ich will hervorheben, dass das, was Olaf Scholz eben als die Elemente des Energiepreisdeckels dargestellt hat, ein großes und ein extrem schwieriges Projekt ist, ein Thema, das es in der Geschichte der Bundesrepublik so noch nicht gegeben hat und hoffentlich auch nicht wieder geben wird. Deswegen habe ich größten Respekt vor der Arbeit, die derzeit überall innerhalb der Bundesregierung zu diesem Thema geleistet wird. Die Länder sind davon nicht unmittelbar betroffen. Wir sehen uns mehr in der Rolle wohlmeinender Beratung. Diese haben wir uns allerdings erlaubt.

Insbesondere empfehlen wir der Bundesregierung sehr, zu einem durchgängigen Entlastungspfad zu kommen, also nach Möglichkeit Sprünge zwischen einzelnen Monaten, wie es geplant war und wie es teilweise immer noch Stand der Diskussion ist, zu vermeiden. Warum empfehlen wir das? - Erstens, weil wir glauben, dass es gerade am Jahresanfang, wenn viele alte Vertragsbedingungen ausgelaufen sind und neue Verträge beginnen, ganz schwer zu vermitteln sein wird, dass man dann tatsächlich nicht nur höhere Preise zu verkraften hat, sondern auch einen Wegfall von Entlastungen aus dem Dezember. Zweitens wollen wir eindringlich darauf aufmerksam machen, dass das vor allen Dingen für viele kleine und mittlere Unternehmen ein wichtiges Thema ist, das unter anderem darüber entscheiden wird, ob sie sich selbst mit Recht als Härtefall fühlen müssen oder ob es möglich ist, im Rahmen des Systems dafür zu sorgen, dass diese Unternehmen trotz allen Belastungen für sich eine Zukunft sehen können. Deswegen aus allen 16 Ländern ganz unabhängig von den Parteibüchern der sehr gut gemeinte Rat an die Bundesregierung, in dieser Hinsicht noch einmal in die Prüfung einzutreten und nachzudenken. Ich habe den Bundeskanzler so verstanden, dass das gehört worden ist. Wir sind sehr gespannt.

Ein zweites Thema hat uns heute längere Zeit beschäftigt, nämlich die konkrete Durchführung des Härtefallfonds. Es ist gut, dass die Bundesregierung eine entsprechende Härtefallregelung vorsieht. Es ist gut, dass der Betrag mit zwei Milliarden auch groß ausfällt. Ich finde es wirklich wert, hervorzuheben, dass damit insbesondere auch der soziale Sektor abgedeckt wird. Acht Milliarden für Krankenhäuser, für Pflegeheime und andere Einrichtung, deren Refinanzierung auf Pflegesätzen basiert, das ist wirklich wichtig, was an Informationen uns in dieser Hinsicht heute gegeben worden ist. Das wird einfach auch für mehr Sicherheit bei den Betroffenen sorgen. Dass wir es uns gerade jetzt im Winter - Stichwort Pandemie - nicht leisten können, dass das Gesundheitswesen verunsichert ist, liegt auf der Hand. Deswegen kommt diese Nachricht zum richtigen Zeitpunkt.

Ein besonderes Thema sind natürlich auch Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen. Wir hatten heute zwischenzeitlich auch - so will ich einmal sagen - Irritationen durch die Eckpunkte, die uns bekannt geworden sind. Die Diskussion mit der Bundesregierung über dieses Thema hat für eine Menge Klarheit gesorgt. Wir wissen, dass wir miteinander darüber reden werden, wie die Härtefallregelung, die wir alle wollen, tatsächlich sein wird. Welcher organisatorische Beitrag und eventuell auch welcher finanzielle Beitrag - das müssen wir allerdings erst sehr in Ruhe miteinander besprechen - wird von den Ländern an dieser Stelle eintreten? In jedem Fall - das war uns wichtig - geht es dabei im Kern mehr um eine Interessenquote und darum, als Grundlage dafür auch zu einem möglichst einfachen Verfahren zu kommen. Deswegen war das heute insoweit auch ein Fortschritt. Wir haben uns darauf verständigt, sehr schnell, nämlich bis zum Ende des Monats, auch in dieser Hinsicht zu weiteren praktischen Vereinbarungen zu kommen, damit die Härtefallregelungen am Jahresende oder am Jahresanfang tatsächlich in Kraft treten können.

Ich kann also unter dem Strich wirklich sagen: Heute war es ein gutes Treffen. Ich freue mich. Die Anstrengungen im Vorfeld haben sich gelohnt. Aber ich freue mich nicht nur für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Runde, sondern ich freue mich vor allen Dingen für viele Menschen in Deutschland, für viele Unternehmen, die auf genau diese guten Nachrichten gewartet haben.

Herzlichen Dank.

MP Wüst: Seit mehr als acht Monaten herrscht Krieg in der Ukraine. Die Angriffe Putins richten sich gegen den ganzen Westen, gegen Freiheit, Frieden und unsere Demokratie. Deshalb ist es wichtig, dass Bund und Länder gemeinsam die Stärke unserer Demokratie und auch die Stärke des Föderalismus in einer solchen Situation beweisen. Die konstruktive Zusammenarbeit von Bund und Ländern ist seit Jahrzehnten ein Problemlöser für unser Land. Genau das erwarten die Menschen gerade in einer solchen Situation, und, wie ich finde, auch zu Recht. Denn Krise braucht Klarheit. Die Menschen in Unternehmen und Kommunen brauchen verlässliche Zusagen für die kommenden Monate. Sie brauchen einen zuverlässigen Schutz vor den Belastungen durch die hohen Energiepreise. Deswegen war es wichtig, dass die Verhandlungen jetzt endlich zu einem Ergebnis gekommen sind. Die Länder hätten sich früher mehr Klarheit gewünscht. Herr Kollege Weil hat auf den 4. Oktober verwiesen. Das Entlastungpaket ist vor inzwischen fast zwei Monaten vorgestellt worden.

Man muss allerdings fairerweise auch konstatieren, dass wichtige Vorarbeiten zu machen waren, insbesondere durch die entsprechende Expertenkommission. Es waren durchaus schwierige, auch intensive Verhandlungen, gerade auch in den letzten Tagen. Ich will ganz herzlich Dankeschön für die Zusammenarbeit aller Beteiligten sagen, insbesondere auch noch einmal an die Expertinnen und Experten, die der Bundesregierung zugearbeitet haben. Heute gibt es deutlich mehr Klarheit bei der konkreten Ausgestaltung der Energiepreisbremse, bei der fairen Lastenverteilung für das Entlastungspaket.

Das Ergebnis ist, wie es auch nicht anders zu erwarten war, natürlich ein Kompromiss. Aus Sicht der Länder hätte es natürlich in mehreren Punkten auch noch bessere Lösungen gegeben - das verwundert nicht -, nicht nur in Sachen Finanzverteilung, sondern auch inhaltlich. Aber es gibt jetzt eine Gesamtverteilung in Bezug auf das Entlastungspaket und eben auch die Lastenverteilung, und dadurch gibt es Planbarkeit für die nächsten Monate. Das heißt, die Gaspreisbremse und das Entlastungspaket 3 werden kommen.

Einig sind sich Bund und Länder, dass das Thema Bürgergeld von dieser Gesamteinigung nicht umfasst ist. Das Thema ist im üblichen Gesetzgebungsverfahren zu beraten, im Bundesrat und gegebenenfalls auch im Vermittlungsausschuss, wie wir im Beschluss auch ausdrücklich festgehalten haben.

Die Länder haben noch einmal einstimmig dafür plädiert, dass die Gaspreisbremse früher kommt. Nach den bisherigen Plänen bleibt einem Lücke mindestens im Januar bestehen, ausgerechnet in einem der kältesten Monate im Jahr. Das halten wir nicht für sinnvoll. Es gab mehrere Vorschläge dazu, und ich bin dem Kanzler dankbar, dass er versprochen hat, unsere Vorschläge insbesondere mit Blick auf die Entscheidung des Bundeskabinetts noch in diesem Monat auch zumindest zu prüfen. Wir sind der Überzeugung, es wäre ein gutes Signal, wenn der Bund die Winterlücke schließen würde. Es geht um die klare Botschaft, dass der Staat in diesen schwierigen Zeiten, in diesem schwierigen Winter lückenlos an der Seite der Menschen und der Wirtschaft steht.

Die Länder haben auch erneut deutlich gemacht, dass es keine Gerechtigkeitslücke geben darf. Beispielsweise heizt ein Viertel der Menschen in meinem Heimatland mit einer Ölheizung oder mit Holzpellets. Auch diese Menschen leiden unter den enorm gestiegenen Energiepreisen. Die Bundesregierung möchte das mit einer Härtefallregelung abfangen. Ich bin der Überzeugung, es wäre besser gewesen, man hätte wenigstens vorübergehend die Mehrwertsteuer auf Öl und Holzpellets auf das erlaubte Mindestmaß gesenkt. Dann hätten wir eine substanzielle Entlastung nicht nur für die Haushalte, sondern auch für die Unternehmen, die wir ja gerade erst angehalten haben, von Gas auf Öl umzustellen.

Das Thema der Härtefallregelung ist dann heute noch einmal akut geworden. Ja, es hat Irritationen gegeben. Fakt ist: Wir sind uns einig, dass es eine Härtefallregelung für kleine und mittelständische Unternehmen geben muss, die in ganz besonderer Weise von diesen hohen Energiepreisen betroffen sind. Es ist gut, dass sich die Wirtschaftsministerinnen und Wirtschaftsminister jetzt darum kümmern, eine entsprechende Regelung zu erarbeiten.

Wir haben uns beim Thema des ÖPNV beziehungsweise der ÖPNV-Finanzierung aufeinander zubewegt, auch jenseits einer Nachfolgeregelung in Sachen Ticket. Ich will es ganz klar sagen: Wir haben die Erhöhung der Regionalisierungsmittel, also der Mittel für den ÖPNV, beschlossen, die ich für das absolute Minimum halte, das notwendig ist, um die Bestandsverkehre weiterfahren zu lassen. Es gibt auch Kollegen, die das noch kritischer sehen. Die Regionalisierungsmittel sind keine freiwillige Leistung des Bundes, sondern eine Pflicht aus dem Grundgesetz, und das beste Ticket hilft am Ende nicht, wenn der Bus nicht mehr kommt.

Eine Lösung bei den Flüchtlingskosten ist gelungen, und sie ist wichtig für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Man kann, glaube ich, nicht mehr daran vorbeischauen, dass Putin ein sehr, sehr menschenverachtendes, zynisches Spiel mit Menschen in schlimmer Not spielt, dass er hohe Flüchtlingszahlen sehen möchte, auch, um unsere Gesellschaften zu destabilisieren. Dem müssen wir trotzen, indem wir zusammenhalten. Diesen Zusammenhalt organisieren gerade in erster Linie die Kommunen, die die Arbeit vor Ort machen, die eine tolle Arbeit machen und die auch nicht murren, dass sie die Arbeit machen, aber die sich natürlich nicht auch noch Sorgen um die Finanzierung machen wollen. Deswegen ist es gut, dass es jetzt ein klares Bekenntnis des Bundes gibt, auch strukturell in der Flüchtlingsfinanzierung verlässlich eine Rolle zu spielen. Das ist ein wichtiger Punkt, eine dauerhaft verlässliche Zusage des Bundes.

Wichtig war den Ländern auch die Unterstützung für die Krankenhäuser, Universitätsklinika und Pflegeeinrichtungen. Ich glaube, es ist jedem erklärlich: Man kann vielleicht in Bürogebäuden auf 19 Grad herunterkühlen, aber das kann man in diesen Einrichtungen natürlich nicht tun. Hinzu kommt, dass die auch alle nicht von gestern oder von vorgestern, sondern ein bisschen älter und energetisch nicht im allerbesten Zustand sind. Deswegen ist es da ganz schön schwierig, Energie beim Heizen einzusparen, und deswegen ist die Unterstützung dort besonders wichtig. Unterstützungen in Höhe von bis zu 8 Milliarden Euro sind zugesagt. Ich glaube, das ist aller Ehren wert, hier noch einmal unterstrichen zu werden. Das ist auch wichtig.

Sicherheit brauchen auch die kommunalen Stadtwerke, die jetzt sehr unter Druck gekommen sind. Deswegen haben wir uns dafür eingesetzt, da Hilfe zu organisieren. Es gibt jetzt eine Kombination von Hilfszusagen der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Förderbank der Länder, im Notfall Hilfe zu leisten.

Bund und Länder sind sich einig, dass die Menschen, dass Betriebe, dass Kommunen in einer solch schwierigen Zeit Unterstützung brauchen, wirksam, schnell und nachhaltig. Dafür sind wir heute entscheidende Schritte vorangekommen. Das ist gut, und das wird dazu beitragen, dass unser Land gut durch die nächsten Monate kommen kann.

Frage: Meine Frage geht an alle drei, an den Bundeskanzler und die zwei Ministerpräsidenten. Sie haben ja erwähnt, dass die Gaspreisbremse und die Strompreisbremse am Ende beide teurer sind, als die Preise vorher waren. Haben Sie Sorgen, dass es am Ende ein großes, böses Erwachen für die Kunden gibt, die am Ende denken, der Staat habe sich gekümmert, aber die Preise sind doch gestiegen, und man kann das dann nicht zahlen?

BK Scholz: Es ist ganz wichtig, dass wir die Bürgerinnen und Bürger angesichts der enormen Preissteigerung unterstützen. Wir tun das mit 200 Milliarden Euro, die wir allein zur Heruntersubventionierung von Strompreisen, Gaspreisen, Fernwärmepreisen verwenden. Allen ist klar: Das wird nicht ganz auf das Niveau heruntergehen, das wir vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hatten, aber es wird eine Steigerung sein, die eben nicht so enorm wie das ist, was mancher als Rechnung erhalten hat und bei dem er befürchtet „Das kann ich ja niemals bezahlen!“. Ich glaube, dass die Bürgerinnen und Bürger genau verstehen, dass es auch klug ist, sich dann an etwas zu orientieren, was uns längerfristig begleiten wird. Aber es ist zu verhindern, dass die Bürgerinnen und Bürger mit den Rechnungen nicht klarkommen. Ich bin da ganz zuversichtlich. Das ist schon eine enorme Summe. Das kann jeder gut verstehen. 200 Milliarden Euro neue Schulden zur Subventionierung dieser Preise sind ein Wort!

MP Weil: Das ist ja in erster Linie eine Frage an den Bund. Aber richtig ist natürlich, dass es eine enorme finanzielle Anstrengung ist, die mit diesem Preisdeckel verbunden ist. Deswegen wird man die Leistungen aus dem 200-Milliarden-Paket jetzt auch nicht beliebig erweitern können. Das ist ein Grund - ich habe das anhand des Beispiels der durchgängigen Förderung gesagt -, warum wir uns gleichzeitig auch Gedanken darüber gemacht haben, wo man denn vielleicht an anderer Stelle auch mit weniger auskommen könnte und vielleicht hinten heraus den Förderzeitraum reduzieren könnte. Aber ich habe keinerlei Hinweise darauf, dass wir jetzt sagen könnten: Das, was da an Geld für den Preisdeckel zur Verfügung steht, ist ja unterdimensioniert. Im Gegenteil: Ich glaube, wir können auch Hoffnung haben, dass wir wieder immer stärker in eine Situation kommen, in der Energiepreise zwar nicht so niedrig wie vor dem russischen Einmarsch in der Ukraine sein werden, aber doch wieder deutlich bezahlbarer, als sie es schon gewesen sind.

MP Wüst: Ich glaube, es ist richtig, es werden Belastungen bleiben, und da muss man auch ehrlich mit den Menschen sein. Umso wichtiger ist ja, dass es dabei gerecht zugeht. Deswegen haben wir ja auch nicht nur solche Themen wie die Winterlücke, sondern auch die Gerechtigkeitslücke besprochen, dass eben nicht der eine eine Entlastung bekommt und der andere nicht. Dafür haben die Menschen ein sehr feines Gespür. Wenn es schon schwieriger wird, dann muss es dabei gerecht zugehen, und darauf werden wir auch im weiteren Verfahren alle gemeinsam achten.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben es jetzt eben noch einmal in der Pressekonferenz gehört: Die Bundesländer fordern unisono, dass es kein Rein und Raus bei der Entlastung gibt, sprich, dass die Gaspreisbremse auch schon am 1. Januar kommt. Was sagen Sie zu dem Argument? Hat Sie das nicht überzeugt? Warum kann man nicht mit den Mitteln diesen Januar und den Februar überbücken?

Eine Frage an die Ministerpräsidenten: Der Finanzminister hat vorgeschlagen, die Grundfreibeträge zu erhöhen und die kalte Progression abzufedern. Das kostet in zwei Jahren 45 Milliarden Euro. Sie finanzieren das mit. Ist das die richtige Prioritätensetzung? Zumindest bei den Grünen gibt es da Zweifel.

BK Scholz: Wie Sie wissen, haben wir erst einmal vorgesehen, die Vorschläge der Gaspreiskommission umzusetzen. Ich will hier noch einmal sagen: Da haben sehr kluge Frauen und Männer zusammengesessen - nicht nur aus der Wissenschaft, sondern auch Praktiker und Praktikerinnen, Mieterverbände, Gewerkschaftsvertreter, Frauen und Männer, die aus der Energiewirtschaft, aus der Wohnungswirtschaft, aus allen Sektoren kommen. Sie haben uns ein ganz konkretes Modell vorgeschlagen, und das werden wir in jedem Fall umsetzen.

Natürlich haben wir überlegt, was man noch verbessern kann. Deshalb wissen Sie ja, dass wir ein Vorziehen vornehmen, was die Gaspreisbremse betrifft, die abrechnungstechnisch am 1. März umgesetzt werden soll. Das ist etwas, was Sie bereits kennen. Das ist eine Technik, die dazu führt, dass man das dann bei den späteren Abrechnungen merkt. Das ist aber auch das, was der Vorschlag der Länder beinhaltet, dass man bei den späteren Abrechnungen merkt, dass diese Monate auch dabei sind. Das werden wir natürlich genau prüfen. Wir gucken uns das genau an, bis wir unsere abschließende Entscheidung getroffen haben. Das Modell, das jetzt erst einmal kalkuliert und berechnet ist, beruht auf dem Vorschlag der Gaskommission und ist auch schon so modifiziert, dass wir gesagt haben: Früher losgehen soll es auf alle Fälle.

MP Weil: Die Diskussion über eine Reduzierung, Abschaffung der kalten Progression ist erst noch zu führen. Ich will nur darauf hinweisen, dass es heute schon Kollegen aus Ländern gibt, die sagen: Das, was wir jetzt zu bewältigen haben werden, werden wir ohne Kreditaufnahme nicht schaffen. Wir müssen sehen, dass wir es nicht nur mit den Folgen der Energiepreiskrise zu tun haben, die ja zusätzlich beispielsweise noch in den Ländern zu leisten sein werden. Ich glaube, keiner von uns glaubt, dass er ohne eigene Initiativen vor Ort davonkommen könnte. In Niedersachsen stellen wir jetzt beispielsweise ein Sofortprogramm mit einem Volumen von etwa einer Milliarde Euro auf, um gewappnet zu sein.

Zweitens. Wir sehen, dass die Flüchtlingsentwicklung weiter anhaltend steigend ist. So gut es ist, dass wir uns heute über höhere Zahlungen haben verständigen können: Sie sind ja nicht insgesamt ausreichend. Deswegen hatten wir als Länder ja mehr verlangt und werden auch entsprechend eigene Beiträge leisten müssen. Das geht gar nicht anders.

So kommt noch eine Reihe von weiteren Themen dazu, sodass ich eigentlich nur davor warnen kann, solche Diskussionen gewissermaßen eindimensional zu führen. Gerade im Moment ist es von extremer Bedeutung, dass unser Staat seine Aufgaben gut erledigen kann. Dafür muss er auch die notwendigen Mittel haben. Wenn es dann immer noch die Möglichkeit gibt, Bürgerinnen und Bürger zu entlasten, würde mich das herzlich freuen.

MP Wüst: Wir haben heute miteinander ein großes Paket verabredet. Das ist uns allen nicht leichtgefallen, weil erstens wirklich Dinge wie die Energiepreisbremse zu machen waren, die außergewöhnlich sind. Dafür gibt es keine Blaupausen, auch weil die Dimension der Finanzmittel, die gewälzt werden, enorm ist, die Belastungen enorm sind. Ich glaube, man muss erst einmal festhalten: Das ist heute ein Ergebnis, das den Menschen Klarheit gibt. Alle weiteren Debatten sollte man im weiteren Verlauf führen. Heute steht im Vordergrund: Jetzt ist die Klarheit da, die die Menschen brauchen, um für diesen Winter planen zu können, um gut durch diese Zeit zu kommen.

Frage: Meine erste Frage geht an den Bundeskanzler und die Ministerpräsidenten. Sie haben weitere Unterstützung auf den Weg gebracht, auch für die Flüchtlingsfinanzierung. Glauben Sie, dass die Länder und die Kommunen dafür gewappnet sind, um auf diese Flüchtlingszahlen reagieren zu können, dass es nicht zu Zuständen wie 2015/2016 kommt, dass wieder Massenunterkünfte eingerichtet werden müssen?

Eine zweite Frage zum Bürgergeld. Die Debatte darüber wurde vertagt. Herr Bundeskanzler, halten Sie die Umsetzung um 1. Januar doch noch für möglich, wenn ein Vermittlungsausschuss eingesetzt wird?

BK Scholz: Die Ergebnisse von heute kann man doch wie folgt zusammenfassen: Erstens: Die Gaspreisbremse kommt. Zweitens: Die Fernwärmebremse kommt. Drittens: Die Strompreisbremse kommt. Außerdem kommt viertens das große Entlastungspaket, das wir auf den Weg gebracht haben. Darüber haben wir uns mit den Ländern auch verständigt.

Darüber hinaus haben wir vorgesehen, dass es - wie auch in den letzten Jahren - eine Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen gibt, zwischen all denen, die Verantwortung bei der Unterbringung von Flüchtlingen haben, die in Deutschland Schutz suchen. Das ist jetzt schon eine sehr große Zahl, insbesondere im Hinblick auf die Frauen, Männer und Kinder aus der Ukraine. Es kommen aber auch welche aus anderen Ländern. Deshalb ist es richtig, dass wir jetzt die finanziellen Rahmenbedingungen sichergestellt haben. Organisatorisch bemühen sich alle, das zu leisten, was sie können.

Ich will noch einmal auf das zurückgreifen, was ich eingangs gesagt habe: Es ist schon eine große Solidarität in Deutschland spürbar, wenn man sieht, wie viele unverändert angesichts des langen Kriegs in der Ukraine Privatunterkünfte bereitstellen und alles tun, um diejenigen zu unterstützen, die Unterstützung brauchen.

Was die Frage des Bürgergeldes betrifft, geht es ja in dieser Frage nicht um Finanzen zwischen Bund und Ländern - das haben wir auch noch einmal ausdrücklich formuliert -, sondern es geht um Fragen, wie man das am besten machen kann. Da gibt es einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, der jetzt im Bundestag ist. Dieser wird vermutlich etwas verändert rauskommen, und dann erreicht er den Bundesrat. Alle werden die ganze Zeit nutzen, um miteinander zu sprechen. Es gibt geordnete Verfahren, die uns in die Lage versetzen, uns schnell zu einigen. Ich selbst war ja zweimal Vorsitzender des Vermittlungsausschusses und finde das jetzt nicht so besonders ungewöhnlich, falls es überhaupt dazu kommt, was jetzt keiner vorhersagen kann. Das wird zum Jahreswechsel in Kraft treten. Das ist schon meine Zuversicht.

MP Weil: Ihre Frage war, ob wir große Sammelunterkünfte wie 2015 ausschließen können. Ich wollte, ich könnte Ihnen jetzt ein überzeugtes „Ja“ als Antwort geben. Das kann ich aber nicht. Im Gegenteil. Wir wissen, dass derzeit zum Beispiel große Messehallen vorbereitet werden, dass beispielsweise leider auch schon wieder eine Reihe von Turnhallen benötigt werden, um Menschen aus anderen Ländern unterzubringen. Das ist einfach das Ergebnis der großen Zahl, die es gibt. Sie müssen sehen, dass wir in Niedersachsen – ich nehme an, das ist in anderen Ländern auch so – heute eine größere Zahl von Zuflucht suchenden Menschen in erster Linie aus der Ukraine, in zweiter Linie aber auch aus vielen Ländern unterzubringen haben. Das ist eine weit größere Zahl als im November 2015. Wir haben den Winter jetzt noch vor uns.

Ehrlich gesagt: Die Kommunen haben allergrößte Mühe, überhaupt einigermaßen menschenwürdige Unterkünfte bereitzustellen. Wir können auf Erfahrungen zurückgreifen, die wir 2015/2016 gemacht haben. Das macht die Dinge ein wenig leichter. Es gibt, wie mit Recht vom Bundeskanzler gesagt wurde, gerade in Bezug auf Menschen aus der Ukraine eine deutlich spürbare Bereitschaft, was private Unterbringungen angeht. Das ändert aber nichts daran, dass die Kommunen sich wirklich gezwungen sehen, an alle Möglichkeiten zu denken. Ein Gutteil dessen, was heute beispielsweise an zusätzlichen Geldern vereinbart worden ist, wird sicherlich auch dazu beitragen, dass wir immer noch zusätzliche Dinge anmieten oder Containerverträge abschließen können etc. etc. Nichts davon macht Freude. Aber in erster Linie muss unser Ziel sein, dass wir im Winter allen Menschen ein gutes Dach über dem Kopf und einigermaßen vertretbare Bedingungen anbieten können. Dass das schwer ist, will ich abschließend noch einmal hervorheben und damit auch ein herzliches Dankeschön an die Kommunen verbinden. Die leisten nämlich derzeit wirklich großartige Arbeit.

MP Wüst: Den Menschen, die zu uns kommen, gerecht zu werden, ist eine große Aufgabe. Wenn man sich anschaut, wer da aus der Ukraine kommt, ist das eben etwas anderes, als wir 2015 ff. an der Struktur gesehen haben. Es sind viele Frauen mit kleinen Kindern, wo es auch um Kitaplätze und Schulen geht. Dann ist es mit einem Dach über dem Kopf eben nicht getan. Das muss man so klar beschreiben. Wichtig ist, dass man dann nicht auch noch in der Kommune in Sachen Geld Sorge hat. Deswegen ist es so wichtig, dass wir heute eine Lösung haben, auch strukturell nach vorne hin.

Ich habe eben den Dank unterstrichen. Es geht nicht nur darum, über Geld zu sprechen, sondern dass man Verlässlichkeit hat, um klug im Rahmen dessen umgehen zu können, was man vor Ort verantwortet. Die Kommunen haben keinen Einfluss auf die Zahl der Menschen, die Kommunen, und die Länder auch nicht. Der Bund hat auch beschrieben, dass er da, wo er mit seiner Verantwortung agieren kann, das wiederum auch verantwortlich tut. Aber für uns stand heute im Vordergrund, einmal die finanzielle Frage ordentlich zu klären. Das ist auf dem Kompromisswege gelungen. Mehr geht immer. Die Wünsche kennen keine Grenzen. Aber da haben wir heute, glaube ich, was geschafft.

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